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Landtag, 2. Sitzung vom 26.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 56

 

Abg. Mag. Dietbert Kowarik und Abg. Dr. Maria In der Maur-Koenne.)

 

Es sind in diesem Jahr auch mehr Verfahren erledigt worden, als eingegangen sind. Das ist die höchste Erledigungsquote seit dem Bestehen des Verwaltungsgerichtes.

 

In diesem Zusammenhang sind einige Punkte aus dem Bericht für uns als Landtag schon deutlich anzuschauen, nämlich erstens die hohe Arbeitsbelastung, auf die nicht erst in diesem Bericht zum ersten Mal verwiesen wird. Es wird in diesem Bericht jedenfalls gesagt: Es bräuchte statt der derzeit besetzten 85 Dienstposten 108 Dienstposten. Ähnliches gilt bei den RichterInnen, ähnliches gilt für die LandesrechtspflegerInnen, für die juristischen MitarbeiterInnen und für das Verwaltungs- und Kanzleipersonal.

 

Ich finde, sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen diesen dringenden Appell des Verwaltungsgerichtes schon ernst nehmen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit dem Informationsfreiheitsgesetz, das wir alle sehr begrüßen, Auswirkungen auf den Workload des Verwaltungsgerichtes zu erwarten sind. Das heißt, wir haben spätestens 2026 auch in diesem Bereich mit einem deutlichen Anstieg der Verfahren zu rechnen. Diesen Anstieg der Verfahren muss man auch in einer angemessenen personellen Ausstattung berücksichtigen. Das ist unsere Aufgabe als Landtag.

 

Gleichzeitig steigen in der Hochrechnung - ich werde später noch genauer darauf eingehen - die Fälle im Konnex mit der MA 35. Auch unser politisches Handeln hier, zum Beispiel das politische Handeln der zuständigen Stadträtin im Zusammenhang mit den Klein- und Minirollern, verursacht einen Mehraufwand. Es wird also unsere Aufgabe sein, diesen Appell, der in diesem Bericht schon sehr deutlich ist, ernst zu nehmen. Darauf werde ich Sie auch hinweisen.

 

Der zweite wichtige Punkt, den ich mitnehmen würde, ist die Klimatisierung. Sie ist vom Kollegen schon angesprochen worden. Da hat man überprüft, wie viele Grenzwertüberschreitungen es im Sommer gibt. Im Gegensatz zu uns, die wir hier eine Sommerpause haben, hat das Verwaltungsgericht keine Sommerpause.

 

Die Hitze beeinträchtigt einerseits die Gesundheit der MitarbeiterInnen. Was ich aber auch besonders bemerkenswert finde und weswegen ich dringenden Handlungsbedarf gegeben sehe, ist, dass die Hitze offensichtlich dem Gesprächsklima in den mündlichen Verhandlungen abträglich ist. Wenn wir über Sicherheit sprechen, dann ist das in Wirklichkeit auch ein Sicherheitsaspekt. Denn wir alle wissen, wie sich Hitze in solchen ohnehin schon angespannten Situationen auf ein Gesprächsklima auswirken kann.

 

Der dritte Punkt, den es, glaube ich, schon immer wieder anzusprechen gilt: Es wird in dem Bericht weiterhin darauf verwiesen, dass es Kritik daran gibt, ob die richterliche Unabhängigkeit ausreichend umgesetzt ist. Da gibt es den EU-Bericht zur Rechtsstaatlichkeit, den wir ernst nehmen sollten. Wir sollten endlich die notwendigen Reformen einleiten.

 

Der Greco-Bericht, der nichts mit Kollegin Greco zu tun hat (Heiterkeit bei Abg. Thomas Weber.), verweist ebenfalls auf diese Notwendigkeit, dass man die europäischen Standards zur Ernennung von RichterInnen und zur Auswahl von GerichtspräsidentInnen auch in unserem gesetzlichen Rahmen umsetzen sollte.

 

Ein wesentlicher Punkt, der auch allen, die diesen Bericht vielleicht nicht gelesen haben ist, bekannt sein sollte, ist, dass das Verwaltungsgericht kritisiert, dass es einen erheblichen Mangel an Amtssachverständigen gibt. Ein Beispiel: Es steht kein einziger Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie aus diesem Fachbereich zur Verfügung. Der fehlt dann zum Beispiel, um ordentlich beurteilen zu können, ob eine Arbeitsfähigkeit im Rahmen von Mindestsicherungsgesetz-Entscheidungen gegeben ist oder nicht. Er fehlt dann - ein anderes Beispiel - auch bei Fragen wie: Ist eine Zurechnungsfähigkeit im Verwaltungsstrafverfahren gegeben oder nicht?

 

Wenn man diese Amtssachverständigen nicht zur Verfügung hat, dann ist das am Ende ein Problem für die Qualität der Entscheidungen. Da müssen wir dem Verwaltungsgericht aus meiner Sicht, sehr geehrte Damen und Herren, die ausreichenden Ressourcen - in dem Fall personelle Ressourcen - zur Verfügung stellen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt komme ich aber zu dem Punkt, der mich wirklich noch einmal schockiert hat, nämlich dazu, dass der Teil der Rechtssachen, die mit der MA 35 zu tun haben, massiv angestiegen ist. Das alleine wäre noch nicht das Problem. Das Hauptproblem, das aufgezeigt wird, ist, dass es eine massiv hohe Zahl an eingelangten Säumnisbeschwerden gibt, die die MA 35 betreffen. 756 Säumnisbeschwerden gab es insgesamt. Davon betrafen 681, also 90 Prozent der Säumnisbeschwerden, die Tätigkeit der MA 35.

 

Ich möchte Ihnen einfach kurz aus dem Bericht zitieren, weil das schon ungeschönt aufzeigt, was das Problem ist: "In vielen dieser Fälle der MA 35 war der verfahrenseinleitende Antrag bereits vor mehreren Jahren bei der Behörde eingebracht worden", und die Behörde hat teils über Monate jegliche Ermittlungen unterlassen. "Nach einlangender Säumnisbeschwerde wird die statuierte dreimonatige Frist zur Nachholung des Bescheides […] seitens der MA 35 regelmäßig nicht genutzt, sondern die Rechtssache sofort nach Eingang der Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien vorgelegt", wodurch die Entscheidungspflicht auf das Verwaltungsgericht übergeht.

 

Das heißt nichts anderes, sehr geehrte Damen und Herren, als dass die Verwaltungsbehörde ihre Arbeit auf das Verwaltungsgericht auslagert. Das kann nicht sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das ist einerseits ökonomisch nicht sinnvoll, weil dadurch die Arbeit natürlich auf in der Regel besser bezahltes Personal übergewälzt wird - das heißt, es ist quasi ökonomisch ein Problem -, es ist aber vor allem auch rechtsstaatlich ein Problem.

 

Dazu möchte ich noch einmal den Bericht zitieren: "In Säumnisbeschwerdeverfahren, die von der Bundesver

 

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