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Landtag, 2. Sitzung vom 26.06.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 56

 

Präsident Prof. Mag. Dr. Gerhard Schmid: Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Als Nächster ist Herr Abg. Ellensohn zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. - Bitte.

 

13.44.29

Abg. David Ellensohn (GRÜNE)|: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz am Anfang sollten wir vielleicht einfach einmal feiern, dass die Amtsverschwiegenheit nach 105 Jahren endlich zu Ende ist. Wir sind fertig mit der Amtsverschwiegenheit. Ab 1. September herrschen neue Informationspflichten in Österreich. (Beifall bei GRÜNEN und NEOS.) - Kein Applaus bei der Sozialdemokratie. (Heiterkeit beim Redner.) Das hätte ich mir so gewünscht, denn jetzt hätte ich noch gesagt: Jetzt müssen Sie nicht mitapplaudieren.

 

Vielen, vielen Dank, Alma Zadić, für die hervorragende Arbeit auf Bundesebene, damit das endlich kommen konnte. Alma Zadić und viele andere Abgeordnete bei uns - Michel Reimon und viele andere - haben daran gearbeitet. Das war eine großartige Arbeit und hat ewig gedauert. Vor 105 Jahren war noch niemand von uns da. So lange gilt die Amtsverschwiegenheit. Endlich aus die Maus am 1. September. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie kommt jetzt, weil es die notwendigen Mehrheiten gegeben hat. Es wurde kurz ausgeführt: Die NEOS haben dagegen gestimmt, weil etwas nicht gepasst hat - nur damit wir wissen, was dieses Cherry Picking … Denn sie regen sich ja jedes Mal auf, wenn wir nicht zu allem sagen: Hervorragend, exzellent! Sie machen immerhin - was war das? - vier School Nurses, bezahlt von der EU. Da müssen wir applaudieren, und wenn Julia Malle und Felix Stadler das nicht machen, sind wir total unfair. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Das habe ich …! - Abg. Mag. Josef Taucher: Whataboutism!)

 

Sie haben aber mit folgendem Grund gegen das IFG und gegen das Ende der Amtsverschwiegenheit gestimmt: Kleine Gemeinden - 5 000 Leute - müssen nicht das Gleiche tun wie große Gemeinden - zwei Millionen EinwohnerInnen. Was müssen sie nicht tun? - Sie müssen selbstverständlich alle Infos hergeben. Wenn ich in dem Dorf, wo ich herkomme, eine Anfrage stelle - ein kleines Dorf mit 2 000 Leuten -, müssen die alle Fragen beantworten wie in Wien auch. Der Unterschied ist nur: Sie müssen nicht alles proaktiv selbst herausstellen. Das sind kleine Gemeinden. Das war der ganze Unterschied.

 

Das hat genügt, dass die NEOS gesagt haben: Nein, das ist auf keinen Fall gut genug. Es ist quasi zu 99,99 Prozent fertig gewesen, aber nein. - Das ist die Art und Weise, wie Sie Oppositionspolitik auf Bundesebene machen. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Der Klubobmann der ÖVP, Abg. Zierfuß, hat in allem recht gehabt, was er gesagt hat. Ich werde ein paar Dinge vielleicht sogar wiederholen müssen. Stetige Wiederholung sichert den Unterrichtsertrag. Das habe ich einmal in der Schule gelernt. Das hat übrigens Frau Laska sehr oft hier gesagt. Ich bin ja schon lange genug da. Ich habe es mir gemerkt. (Heiterkeit bei Abg. Anton Mahdalik.)

 

Ich gehe jetzt einfach einmal 105 Jahre zurück. Die paar Minuten gönne ich mir. Ob ich sie Ihnen gönne, weiß ich nicht. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Josef Taucher.)

 

105 Jahre Amtsverschwiegenheit. Wie hat das angefangen? Warum haben wir das? Sie war gleich in der ersten Verfassung, also 1920, aber warum? - Nach dem Zusammenbruch der Monarchie war das quasi als ein Instrument der Stabilisierung hinsichtlich Sicherheit, Stabilität, Staatlichkeit, Ordnung, Kontrolle und Misstrauen gegenüber zu viel Transparenz und so weiter gedacht. Ob man damals schon wollte, dass das 100 Jahre überlebt, weiß ich nicht, aber das war einmal der Anfang von allem.

 

Das hat natürlich zu Intransparenz geführt und dazu, dass die meisten Länder irgendwann draufgekommen sind: Das wollen wir nicht ewig haben. Wir sind jetzt in der Welt der liberalen Demokratien eines der allerletzten Länder überhaupt, die das abschaffen. Bei uns hat das halt wirklich ewig gedauert. Lange waren wir quasi das intransparenteste Land in Europa, wenn man so möchte.

 

Warum? - Weil die ÖVP und die SPÖ das nicht wollten. Das war natürlich leicht. Das war alles eine Zweidrittelmaterie. Da hat immer einer, wenn er in der Opposition war, zum anderen gesagt: Ihr müsst das machen. Die anderen haben es nicht gemacht. Zwei Drittel sind niemals zustande gekommen. Die Gründe: Machtkontrolle durch Informationsmonopol. Das haben wir alle schon gehört. Informationen bedeuten Macht. Wer weiß, wie es geht, hat natürlich öffentlich Einfluss und kann die politischen Debatten nutzen. Man kann die Verwaltung abschotten. Es hilft natürlich den Parteiennetzwerken.

 

Es hat immer schon Widerstand aus Ländern und Gemeinden gegeben, die das nicht wollten. Die Kontrolle über die internen Abläufe war ganz schlecht. Das hat, glaube ich, bei der ÖVP mehr Schwierigkeiten gemacht, weil die 1 500 Bürgermeister und ein paar Bürgermeisterinnen stellt. SPÖ und ÖVP haben über Jahrzehnte keinen politischen Nutzen gesehen und immer Angst vor dem gläsernen Staat gehabt. Denn dann gibt es Missbrauchsskandalisierung durch die Medien, und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist am Boden. Das könnte man alles nachlesen.

 

Das war sehr, sehr lange so. Gekommen ist das ja nicht, weil die Parteien alle selbst daraufgekommen sind, dass man es haben will, sondern es hat sehr, sehr viel zivilgesellschaftlichen Druck - von Transparency International, epicenter.works, Open Knowledge Austria, AK Vorrat und so weiter und so fort - gegeben.

 

Weil Österreich so spät dran war, haben wir am Schluss auch schon - man kann es nicht anders sagen - einen sauberen Anschiss vom Europarat und vom UN-Menschenrechtsausschuss bekommen: Das geht so nicht, was ihr da macht, diese Intransparenz und den Bürgerinnen und Bürgern das alles nicht zu geben. Auf den internationalen Transparenzlisten sind wir natürlich ganz, ganz hinten gelandet.

 

Dann hat man vor zehn Jahren angefangen, ein paar erste Schritte zu setzen. Da ist nichts weitergegangen. 2020: Eintritt der GRÜNEN in die Bundesregierung. Die

 

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