Landtag, 2. Sitzung vom 26.06.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 56
Auch das hat Kollege Ellensohn schon vorgelesen. Ich mache es aber trotzdem noch einmal, weil ich finde, das ist sehr spannend. Das haben sich die NEOS im Vorfeld vielleicht nicht so durchgelesen - oder es war ihnen nicht bewusst. Sonst hätten sie dieser Einschränkung nicht zustimmen können.
Nämlich, "die Amtsverschwiegenheit" - die gibt es jetzt nimmer, ich sage also die Geheimhaltung - "besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper," - die Funktionäre sind wir, die Gemeinderäte, der Vertretungskörper ist der Gemeinderat - "wenn er" - nämlich der Funktionär - "derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt." Das ist ganz klar im B-VG geregelt.
Es war überhaupt keine Notwendigkeit, diese Einschränkung der Oppositionsrechte im Informationsfreiheitsgesetz vorzunehmen. (Zwischenruf bei den NEOS.) - Natürlich habt ihr es gemacht. Ihr habt es nämlich so gemacht, dass der Gemeinderat die Auskunft nur dann bekommt, wenn nicht der einzelne Gemeinderat diese Auskunft verlangt, sondern wenn der Gemeinderat als Kollegialorgan diese Auskunft verlangt.
Wie beschließt denn der Gemeinderat? - Mit Mehrheit. (Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapović: Blödsinn!) - Blödsinn? - Na gut, Frau Kollegin Arapović. Ich weiß, Sie sind keine Juristin. Ich lese es Ihnen gerne vor. (Beifall bei der FPÖ.)
Was ist der § 79a Abs. 2, den Sie heute beschließen wollen? - Die Geheimhaltungspflicht besteht nicht gegenüber dem Gemeinderat, wenn dieser - gemeint ist der Gemeinderat und nicht der einzelne Funktionär - mit Beschluss "derartige Informationen ausdrücklich verlangt". Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ich als Gemeinderat - ich, Frau Ulli Nittmann - das verlangen kann, oder ob ich die Mehrheit der Regierungsparteien brauche, die mir als Gemeinderat die Auskunft geben wollen, die ich will.
Was wird passieren? Das haben meine Vorredner auch schon ganz klar gesagt. - Na, dann werden wir halt nicht als Gemeinderäte Anfragen stellen. Dann werden eure Abteilungen noch stärker überfordert sein, weil ihr die acht Wochen schon jetzt nicht schafft. Dann müsst ihr es binnen vier Wochen machen. Was werden wir als Privatpersonen machen? - Wir können einen Bescheid verlangen. Den werden wir bekämpfen. Denn auch diese Rechtsmittel haben wir als Gemeinderäte nicht. (Heiterkeit bei Abg. Mag. Mag. Julia Malle. - Abg. Mag. Josef Taucher: Den Staat lahmlegen, darum geht es euch! Das ist das Ziel der FPÖ!)
Ich meine, es ist ja so etwas von absurd. Ihr legt euch in Wirklichkeit ja selber ein Ei. Das habt ihr irgendwie auch nicht wirklich mitbekommen. (Beifall bei FPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)
Zum Thema, es ist eine vertane Chance und ein Meilenstein in der Kultur der Verwaltung, Frau Kollegin Arapović. Also, es ist wirklich eine vertane Chance, dass ihr dieses Gesetz nicht vernünftiger und gescheiter geregelt habt. Hört halt manchmal auch auf die Opposition! Dann wird es auch besser. Das kann ich euch sagen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Was wir kritisieren oder wo die vertane Chance liegt: Der Gemeinderat - nämlich der einzelne Gemeinderat und nicht das Kollektivorgan - wird dem einzelnen Bürger gleichgestellt, aber in Sachen Beantwortungsfrist und auch in Sachen Rechtsmittel und Rechtsschutz wesentlich schlechter gestellt. Da frage ich mich schon: Warum wollt Ihr das? Vielleicht wird mir Kollege Reindl dann erklären, warum er möchte, dass der einzelne Gemeinderat schlechter gestellt wird als jedermann. Jedermann ist der Bürger, so wie er im Gesetz steht. Da bin ich schon sehr gespannt.
Zusammenfassend kritisieren wir: kein Begutachtungsverfahren, keine Einbindung der Opposition. Das sind alles leere Worte. Von wegen wir arbeiten gemeinsam für die Stadt. - Ihr versucht uns zu beschneiden, wo es nur geht.
Der eigentliche Skandal ist eben, dass Beantwortungen an den einzelnen Gemeinderat nur mehr möglich sind, wenn die Mehrheit des Gemeinderates dem zustimmt. Wir finden es echt skandalös, dass ihr NEOS es als Transparenzpartei zulasst, dass Oppositionsrechte derartig beschnitten werden. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob ihr euch da über den Tisch habt ziehen lassen (Abg. Mag. Josef Taucher: Blödsinn!) oder ob ihr es wirklich nicht verstanden habt, obwohl ihr vier Juristen habt. (Beifall bei FPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)
Präsident Prof. Mag. Dr. Gerhard Schmid: Ich danke der Frau Stadträtin für ihre Wortmeldung. - Als Nächster ist Herr Abg. Mag. Thomas Reindl zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn darum.
Abg. Mag. Thomas Reindl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Landesrätin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr viele Krokodilstränen sind hier in den letzten Minuten über dieses Pult geflossen. Ich werde nicht auf alles eingehen, weil ich die Beflegelungen und Beschimpfungen gar nicht kommentieren will. (Abg. Armin Blind: Sehr überheblich! - Abg. Anton Mahdalik: Es hat überhaupt niemand beflegelt!) Man sollte sich eigentlich überlegen, ob da nicht einiges auch ordnungsrufwürdig war, aber so ist das eben. (Zwischenruf bei FPÖ und ÖVP.) - Nicht nervös werden. Zuhören, zuhören!
Worüber diskutieren wir? - Wir diskutieren, dass die österreichische Bundesregierung im Jahr 2024 das sogenannte Informationsfreiheitsgesetz … Wir haben heute ja schon eine Geschichtsvorlesung bekommen, die die ganze Welt umfasst hat, was sehr viel mit unserem Landtag zu tun hat.
Worum geht es in diesem Gesetz? - Es geht auf der einen Seite um die Pflicht, proaktiv Informationen über das Tun und Handeln zu veröffentlichen, das in einer Kommune, in einem Land, aber auch im Bund stattfindet. Es schafft ein Grundrecht am Zugang zu staatlichen Informationen.
Was das Gesetz aber auch sagt - das hat nun einmal die ÖVP gemeinsam mit den GRÜNEN vorgelegt -, dass statt der Amtsverschwiegenheit, die abgeschafft wird,
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