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Landtag, 3. Sitzung vom 23.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 88

 

Zunächst einmal gilt der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft großer Dank. Dr. Jelinek und sein Team leisten sehr zuverlässige und hervorragende Arbeit und erbringen großen Einsatz für alle Patientinnen und Patienten in Wien. Sie zeigen jährlich die Spitze des Eisberges auf, wobei man leider dazusagen muss, dass die Spitze dieses Eisberges mittlerweile jetzt schon fast zum Alltag wird.

 

Besonders gravierend ist das Bashing gegen Gastpatienten, die aus anderen Bundesländern kommen. Der Hintergrund ist Folgender: Wien wächst zunehmend, mittlerweile auf über zwei Millionen Einwohner, jeden Tag pendeln aber zusätzlich über 200 000 Menschen nach Wien zur Arbeit ein, um wertvoller Tätigkeit nachzukommen. Auch sie verbringen somit die meiste Zeit ihres Lebens hier in Wien. Allein 23 Prozent aller Beschäftigten in Wien kommen aus Niederösterreich. Im Hinblick darauf ist es nur allzu natürlich, dass man auch seinen Erledigungen und seinen Arztbesuchen, seiner medizinischen Versorgung ebenfalls hier nachkommt, wenn schon der Lebensmittelpunkt hier in Wien ist.

 

Dieses Bashing gegen Gastpatienten durch den Herrn Landesrat geht jetzt ja schon fast täglich los. Sie können mir aber nicht glaubhaft machen, dass ein Busfahrer der Wiener Linien, der halt zufällig in Gerasdorf wohnt, eine Krankenschwester, die im AKH arbeitet, aber eine Wohnung in Stockerau hat, oder ein IT-Techniker, der in Purkersdorf lebt, aber in Wien arbeitet, von der Wiener medizinischen Versorgung ausgeschlossen werden soll. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Außerdem verfügt Wien Gott sei Dank, wie es halt zu einer Großstadt dazugehört, über zahlreiche hervorragende Spezialabteilungen, die sinnvollerweise in Ballungszentren verortet sind, um hier die Erfahrung der Kolleginnen und Kollegen zu nützen und auch ausreichende Fallzahlen zu haben. Es ist wohl unbestritten, dass das Wiener Gesundheitsversorgungssystem enorm unter Druck steht. Die Probleme sind seit vielen Jahren bekannt: Pflegemangel, gesperrte Betten, lange Wartezeiten - wie sie auch im Bericht immer wieder genannt werden -, verschobene OPs, fehlende Fachärzte, drohende Pensionierungswelle. Es gibt keine nachhaltigen Ausbildungsmaßnahmen, und eine Digitalisierungsoffensive fehlt.

 

Wie aber reagiert die Stadt auf diese Umstände? - Landesrat Peter Hacker schiebt nur allzu gerne den Schwarzen Peter den Gastpatienten und den bösen Wahlärzten zu. - Meines Erachtens ist das ein reines Ablenkungsmanöver beziehungsweise eine Nebelgranate, um nicht auf die eigenen Probleme eingehen zu müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich empfehle Ihnen, den Bericht der Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft 2024 genau zu lesen. So steht zum Beispiel auf Seite 26 zum Thema "GastpatientInnen": "Gegen Jahresende begann dann eine stetig zunehmende Welle von Beschwerden über OP-Absagen aus dem Bereich der Orthopädie [...] Als Begründung wurde regelmäßig auf die Anweisung der Stadt Wien verwiesen, keine GastpatientInnen mehr zu behandeln." - Damit sei es zu "extremen Härtefällen" gekommen. Gott sei Dank habe die Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft in solchen Fällen auch "Kulanzlösungen" finden können.

 

Weiter geht es gleich auf Seite 27. Da steht: "Auf größtes Unverständnis stoßende Ablehnung der Behandlung von GastpatientInnen wäre wohl vermeidbar, wenn endlich die drei betroffenen Bundesländer der Ostregion eine Vereinbarung über eine gemeinsame Planungsfinanzierung schließen würden."

 

Es steht fest, dass der Anteil der GastpatientInnen seit 2015 relativ stabil ist, dieser schwankt immer zwischen 17 und knapp 20 Prozent. Auch steht fest, dass das Land Niederösterreich 500 Millionen EUR für die medizinische Versorgung der niederösterreichischen Patientinnen und Patienten an Wien zahlt. Außerdem kommen ja noch andere Gelder wie Kommunalsteuer, Abgaben, Gebühren dazu, welche die Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen in Wien in die Stadtkassa einzahlen. Trotzdem fordert Herr Landesrat Hacker ... (Zwischenruf von Abg. Dr. Sascha Obrecht.) - Sie lachen darüber, das ist aber im Hinblick auf die Patientinnen und Patienten ein Fauxpas, wie ich meine.

 

Trotzdem fordern Sie unterschiedliche Wartelisten. Wie soll denn das funktionieren? Sollen wir jetzt jeden Patienten in der Ambulanz nach der Postleitzahl fragen? Machen wir jetzt ein Ratespiel, Herr Landesrat: Wissen Sie, welche Postleitzahl 2340 ist? - Das ist die Postleitzahl für Mödling. 2380? (Abg. Dr. Sascha Obrecht: Perchtoldsdorf!) - Ja, das ist Perchtoldsdorf. Es kommen aber auch andere Menschen in die Ambulanzen, zum Beispiel mit der Postleitzahl 10115. - Das ist Berlin-Mitte. Oder kennen Sie die Postleitzahl 1007? - Das ist die Postleitzahl von Kabul. Weiters gibt es eine Postleitzahl 0100. - Das ist die Postleitzahl von Damaskus. Auch diese Menschen brauchen medizinische Versorgung, und diese haben nicht unbedingt eine Wiener Postleitzahl auf dem Meldezettel. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Wiener Medizinrechtler Karl Stöger weist darauf hin, dass kein Bundesland eine einseitige Sonderregelung für PatientInnen erlassen dürfe. Und auch Niederösterreich und auch Ihr Freund Doskozil aus dem Burgenland überlegt mittlerweile rechtliche Schritte gegen diese unsinnige Maßnahme.

 

Auf Seite 47 des Berichtes steht: "Offenbar vertreten die Bundesländer je nach Sichtweise die Meinung, dass die in den Finanzausgleichsverhandlungen vorgesehenen Ausgleichszahlungen den dann tatsächlich entstehenden Mehraufwand für die Betreuung von GastpatientInnen nicht oder ohnehin abdecken. Es müsste daher eine Vereinbarung durch ein allseits akzeptiertes Kostenabrechnungssystem ergänzt werden," - Sehr gescheit, muss ich sagen! - "das eine nachträgliche Korrektur der vereinbarten Ausgleichszahlungen ermöglicht."

 

Weiters steht hier: "Ein solches System zu entwickeln kann kein ernsthaftes Problem sein und würde die aktuelle, für die PatientInnen völlig unverständliche Diskussion, die an das Kartenspiel 'Schwarzer Peter' erinnert, versachlichen."

 

Meine Damen und Herren, viele ExpertInnen und Kenner des medizinischen Teams erkennen, dass diese

 

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