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Landtag, 3. Sitzung vom 23.09.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 88

 

Sie wissen ganz genau, Armut macht krank. Hier wurde Sachlichkeit eingefordert, das ist genau die Sachlichkeit: Armut macht krank. Wenn Sie bei der Mindestsicherung Kürzungen bei den Kindern vornehmen, dann bedeutet das nicht nur, dass sie vielleicht weniger gutes Essen haben, sondern auch, dass sie weniger Chancen auf Beteiligung, auf Teilhabe haben. Sie wissen ganz genau, dass armutsbetroffene Kinder seltener zu Kindergeburtstagen gehen oder gehen dürfen oder wollen. Sie wissen genau, dass sie oft keine Kinder einladen, einfach deshalb, weil es hier die Scham der Armut gibt. Sie wissen auch, dass armutsbetroffene Kinder ganz oft in schlechten Wohnsituationen, in beengten Wohnsituationen wohnen, wo es laut ist, wo schlechte Luft ist, weil sie an lauten Verkehrsstraßen wohnen, wo Hitzeinseln sind. All das bedeutet Armut. Da noch etwas wegzunehmen bedeutet eine Verschärfung der Situation der Kinder, der Lebensrealität ihrer ohnehin schon geminderten Lebensqualität. Es ist Scham, es ist Stress, es ist Ausgrenzung, was armutsbetroffene Kinder erleben. Das sind Auswirkungen auf ihre körperliche Gesundheit, auf ihre seelische Gesundheit.

 

Ich weiß nicht, ob wirklich jemand von Ihnen sagt und glaubt, diese Maßnahme ist eine Gegenmaßnahme gegen Scham, ist eine Gegenmaßnahme gegen den Stress, der Armut auslöst. Glauben Sie das wirklich?

 

Die Forschung hat jedenfalls ganz andere Erkenntnisse, und die zeigen, dass Kinder, die in Armut leben, eben kränker sind, dass sie häufiger übergewichtig sind, dass sie unter Mangelernährung leiden, dass sie häufiger chronisch krank sind, dass sie schlechtere Zähne haben. Das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema. Sie wissen alle, die Gesundheitsversorgung ist bei der Zahngesundheit schlecht. Wer kann sich eine Zahnregulierung leisten? Wer? (Abg. Jing Hu, BA MPharm: Die ist gratis!) - Also ich weiß nicht, wo Sie leben! Ich weiß nicht, wo Sie leben. Sie wissen ganz genau, dass Armut die Anzahl an psychischen Erkrankungen und Depressionen und Angststörungen erhöht. Sie wissen ganz genau, dass jemand mit schlechter Gesundheit, mit schlechtem Einkommen eine deutlich geringere Lebenserwartung hat. All das bewirken Sie, indem Sie in der Kindermindestsicherung etwas wegnehmen, Sie machen Kinder arm und ärmer, Sie machen sie krank, und Sie zerstören damit ihre Chancen. (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Das ist unterste Schublade!) - Ja, Sie hören das nicht gerne, Sie hören das nicht gerne, aber es ist so. Es ist so, lesen Sie die Studien dazu, beschäftigen Sie sich damit! (Abg. Markus Ornig, MBA: Es gibt keine Krankenversicherungseinbußen! Null!) Ich frage Sie wirklich - ja, offenbar wollen Sie das so machen: Ist das die soziale Treffsicherheit, von der Sie da immer reden? - Ich glaube, Sie hauen da ordentlich daneben, wenn Sie genau auf die Kinder hinhauen. Wirklich, mir tut das weh und meinen Vorrednern tut es genauso weh.

 

Insofern ist es einfach ganz klar, dass Sie mit dieser Maßnahme das Krankheitsrisiko erhöhen werden (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Das ist ein Blödsinn!) - Nein, das ist kein Blödsinn, da können Sie noch tausendmal sagen, dass es falsch ist! Setzen Sie sich mit der Realität von Armut auseinander. Setzen Sie sich mit den gesundheitlichen Risiken von Armut auseinander. Setzen Sie sich wirklich einmal damit auseinander. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenruf von Abg. Mag. Lukas Burian.)

 

Sie haben gesagt, Sie wollen die Kinderarmut bekämpfen, aber das genau tun Sie nicht. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Sie bekämpfen nicht die Kinderarmut, das tun Sie definitiv nicht, bestenfalls verwalten Sie sie. Mit der Verwaltung von Armut werden wir Armut nicht bekämpfen. Ich glaube, das sollte Ihnen zumindest klar sein. Es sollte Ihnen zumindest klar sein, was Sie tun, und Sie sollten es nicht ablehnen. Allein an Ihrer Emotion erkenne ich, dass Sie irgendwie genau wissen, was Sie tun, dass Sie wissen, was Sie tun. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Thomas Weber: Das ist ganz tiefenpsychologisch! - Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)

 

Sehr geehrte ZuseherInnen, Sie können leider nicht sehen, was die NEOS da gerade aufführen, es ist höchst interessant (Abg. Mag. Dolores Bakos, BA: Weil wir fassungslos sind!), es ist höchst interessant. (Abg. Markus Ornig, MBA: Ihre eigenen GRÜNEN hören nicht zu!) Jedenfalls geht es wirklich darum, dass wir die gesundheitliche Chancengerechtigkeit von Kindern von Beginn an gewährleisten und auf den Lebensweg mitgeben. Das heißt, dass die materielle Versorgung auch in Geld und nicht nur in Sachleistungen, die definitiv auch wichtig sind, aber davon lässt sich eben kein Kindergeburtstag feiern, wichtig ist. (Abg. Mag. Stefanie Vasold: Nicht nur Sachleistungen, das ist nicht wahr!) - Ja, es ist wahr, aber Kollegin Vasold, Sie haben doch selbst gerade gesagt, ein Tausender im Jahr ist es, ein Tausender im Jahr bei einem Kind! Ein Tausender bei einem Kind und wer sagt, das ist nichts, der ist wirklich schon total abgehoben. Das ist sehr, sehr viel. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es geht also auch darum, dass wir hier die Kinderrechte ernst nehmen, dass wir das Recht der Kinder auf Gesundheit ernst nehmen. Das Kinderrecht ist unteilbar, die Kindergesundheit ist unteilbar. Darum brauchen wir eine Politik, die nicht nur in Sonntagsreden die Kinderarmut bekämpft, sondern sie dann bekämpft, wenn es darum geht. Das heißt, sicher nicht die Kindermindestsicherung kürzen, sondern sie eigentlich auf ein solides, besseres Fundament stellen, das brauchen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn Sie glauben, dass Sie mit den Kindern Budgetlöcher stopfen können, für die die Kinder überhaupt nichts können (Abg. Markus Ornig, MBA: Sie aber!), sondern Sie alleine verantwortlich sind, dann verkehren Sie wirklich die Realität. Ich gebe Ihnen noch einmal mit: Bedenken Sie, was Sie damit anrichten, dass Sie die Gesundheit von Kindern massiv gefährden, dass Sie damit die Armut und Krankheit der Zukunft produzieren und dass uns allen das letztendlich viel mehr kosten wird. Also bleiben Sie dabei, lassen Sie die Kinderarmut hinten und führen Sie eine ordentliche Kindermindestsicherung ein. Erkennen Sie Kinder als wirkliche Subjekte

 

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