Landtag, 38. Sitzung vom 22.01.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 49
Punkte, dass, wenn wir eine hohe Gesundheitsversorgung haben wollen, das auch in Zukunft etwas kosten wird. Und entweder man zahlt es privat oder es zahlt die Allgemeinheit über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Eines von den zwei Sachen wird es sein, und wenn weiter die Diskussion geführt wird, alles, was Steuern ist, ist pfui, alles, was Sozialversicherung ist, ist pfui, dann werden sich am Ende des Tages so wie in den USA die Reichen zu sündteuren Preisen alles leisten können und es wird auch in Österreich zum System USA kommen, wo Ärmere sich nicht einmal mehr leisten können, schwanger zu werden. Oder schauen wir, wie die Situation in England aussieht, wie das National Health Care System eigentlich zusammengebrochen ist.
Das heißt, wir müssen gemeinsam wieder daran arbeiten, sicherzustellen, dass Steuern, Sozialversicherungsbeiträge als etwas gesehen werden, dass uns allen nützt. Nicht, der Staat nimmt weg, sondern die öffentliche Hand gibt, damit wir länger gesund sind, damit wir dann, wenn wir wirklich Probleme haben, die Hilfe bekommen, die jeder von uns benötigt, und im Zweifelsfall, wenn man eine Hüfte braucht, man nicht ein Jahr lang warten muss, sondern man sie bekommt, wenn man sie braucht. So stelle ich mir Gesundheitsversorgung vor und an dem sollten wir gemeinsam arbeiten. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als Nächster ist Herr Abg. Gorlitzer zum Wort gemeldet. - Bitte sehr.
Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!
Eine optimale und stabile und leistungsfähige Gesundheitsversorgung in Wien ist von einer zentralen Bedeutung für alle Wienerinnen und Wiener. Wir haben, Gott sei Dank, noch eine sehr gute Gesundheitsversorgung, aber diese Versorgung, vor allem in den Wiener Spitälern, und dafür ist das Land Wien zuständig, zeigt einen besorgniserregenden Trend, und das finden Sie auch bei allen Berichten Ihrer Berater, die viele Millionen Euro kosten, wieder. Die Ergebnisse der Berater, die jetzt immer wieder vorliegen, zeigen einen Trend nach unten. Da ist der Daumen nach unten und dieser Trend zeigt sich beim Verlust der Kapazitäten und beim Sinken der Qualität.
Wir haben aktuell fast 1 500 gesperrte Betten. Da hätten Sie sich sparen können, Ihre Tagung im Krankenhaus Floridsdorf zu machen, denn das Krankenhaus von Floridsdorf hat 800 Betten. Das Spital hätte man sich sparen können, wenn dauernd über 1 000 Betten sowieso in Wien gesperrt sind. Diese gesperrten Betten sind natürlich auf eine erdrückende Personalnot zurückzuführen und wenn man sich die Zahlen anschaut, verließen 192 Fachärzte und fast 600 diplomierte Pflegekräfte allein im letzten Jahr die Wiener Spitäler. Das zeigt einen dramatischen Abwärtstrend. Auf der anderen Seite, wenn so viel Personal fehlt, ist das verbleibende Personal extrem überbelastet durch unterbesetzte Teams, durch Zusatzdienste, durch Einspringdienste et cetera. Was ist die Folge? Das verbleibende Personal hat einen deutlichen Anstieg von Krankenstandstagen, in der Pflege sind es durchschnittlich 26 Tage, fast einen Monat ist jede Pflegekraft krank im Jahr. Das ist schon sehr erstaunlich.
Was wir auch sehen, und das wurde heute schon angesprochen, es vergeht eigentlich keine Woche, wo nicht über die Wartezeiten für medizinische Leistungen in den Wiener Spitälern berichtet wird. Im November 2024 gab es einen besonders dramatischen Fall in der HNO, wo jemand neun Monate fürs Erstgespräch warten musste und weitere Monate bis überhaupt eine Behandlung stattfand. Die Ursache dafür ist der mangelnde Betrieb in OP-Sälen, die nur teilweise und in Einzelfällen gar nicht genutzt werden, und ein seit Jahren gravierender Mangel an OP-Pflegekräften und an Anästhesisten.
Es wurde auch schon gestern und heute über die Gefährdungsanzeigen gesprochen. Die Gefährdungsanzeigen sind die Spitze des Eisberges, ein Hilfeschrei des medizinischen Personals und der Pflegekräfte. Leider verschwinden ja diese Gefährdungsanzeigen gerne in der Schublade oder werden gar nicht ernstgenommen.
Ein anderes Beispiel sind die urologischen Abteilungen, die in Wien zusammengelegt wurden. Es wurden über die Grenzen hinaus bekannte Abteilungen zerschlagen und auf wenige oder einen Standort zusammengelegt. Was war die Folge? Dass viele Menschen, die dort gearbeitet haben, das nicht ausgehalten haben und weggegangen sind. Der Qualitätsverlust und die Wartezeiten, auch im Rechnungshofbericht bestätigt, sind damit extrem hoch.
Ja, wir wissen, OP-Verschiebungen, Absagen, Wartezeiten für Operationen sind an der Tagesordnung und kein punktuelles Problem, sondern ziehen sich durch die gesamte Spitalslandschaft durch. Und das ist einfach ein klassisches Managementversagen, das wir hier seit Jahren beobachten können und das seit Jahren schlechter wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Kollegin Bakos hat berichtet, dass wir für Kinder- und Jugendgesundheit besonders viel machen. Da wurden 2022 die School Nurses als Pilotprojekt eingeführt, und das bis jetzt an nur sechs Standorten, seitdem ist nichts passiert. Die Schulärzte haben eine Reduktion von 56 auf 49, ein Schularzt ist für 1 526 Pflichtschüler verantwortlich. Für 1 526! Und das ist ein Alarmzeichen, weil gerade Kinder- und Jugendgesundheit besonders wichtig ist. Wir haben einen Anstieg der übergewichtigen Kinder und damit auch der Nachfolgeerkrankungen. Und das liegt schon in der Verantwortung der Stadtregierung, das ist auch möglichst bald zu lösen, denn wir haben die Folgeerkrankungen dann erst in den nächsten 10, 20 Jahren zu behandeln und das trifft vor allem auch das Budget.
Was auch fehlt, ist eine digitale Transformation. Wir arbeiten in den Spitälern mit Krankenhausinformationssystemen, die teilweise nicht miteinander verbunden sind. Das Hanusch-Krankenhaus kommuniziert zum Beispiel sehr schwer oder gar nicht mit den WIGEV-Krankenhäusern. Dieses Krankenhausinformationssystem ist mittlerweile 27 Jahre alt, es liegen neue in Vorbereitung, allerdings werden die seit Jahren nicht implementiert.
Präsident Ing. Christian Meidlinger (unterbrechend): Herr Abg. Gorlitzer, ich darf auch hier um das Schlusswort bitten.
Abg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (fortsetzend): Was wir immer wieder sehen oder hören, ist, das sind Lippenbekenntnisse vom Herrn Stadtrat und Landesrat Hacker,
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