«  1  »

 

Landtag, 38. Sitzung vom 22.01.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 49

 

Koalitionsparteien, die das Regierungsprogramm erstellt haben - für abgearbeitet erachten. Nicht dabei ist - obwohl wir uns das wünschen würden -, dass auch alle Wünsche aller Oppositionsparteien erfüllt sind. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das wäre doch ein bisschen viel verlangt, dass wir diese Sachen erst dann auf Grün stellen dürfen. Dann hätten wir wirklich weniges Grün, denn das würde die Bedürfnisse natürlich immer weiter hinauftreiben, wenn man auch alles, was eine Oppositionspartei verlangt, einbauen muss.

 

Wir bemühen uns natürlich sehr, dass wir die Opposition immer im Boot haben. Je mehr einem Gesetz oder Vorhaben zustimmen, desto besser. Ich glaube, das gehört auch seit langer Zeit zur gelebten Demokratie in diesem Haus. Wenn man dann zum Schluss der Periode vielleicht wieder eine Statistik darüber macht, wie vieles einstimmig und wie vieles mit mehr als zwei Parteien beschlossen worden ist, dann wird man feststellen, dass doch die große Mehrheit der Gesetze oder Vorhaben zumindest von mehr als zwei Parteien beschlossen worden ist. Das ist gut so.

 

Tatsache ist aber, dass es beim Regierungsmonitor schon so ist, dass wir ihn dann auf Grün stellen, wenn wir als Koalition der Meinung sind, das ist erledigt. Wer letztendlich darüber entscheidet, ob das gut ist, sind natürlich die Wählerinnen und Wähler. Die sind dann die, die das endgültige Urteil fällen. Auch da sind wir aber sehr optimistisch, dass das auf Grün gestellt sein wird.

 

Vielleicht auch zum Mehrheitswahlrecht, weil das ja wirklich eine lustige Geschichte ist: Der von mir außerordentlich geschätzte Prof. Neisser, früherer Nationalratspräsident der ÖVP, hat das damals - es war, glaube ich, vor 15 Jahren - noch sehr mit dem Argument betrieben, dass sonst auf Bundesebene automatisch immer nur SPÖ und ÖVP als Regierungspartner infrage kommen. Also diese Initiative hat sich überlebt, weil sie einfach falsifiziert worden ist.

 

Die letzten sieben oder acht Jahre gab es Koalitionen auf Bundesebene, in denen nicht ÖVP und SPÖ waren. Ich fürchte, es wird vielleicht auch in nächster Zeit so sein. Es ist noch nicht ganz fix, aber es ist zu befürchten. Tatsache ist, dass das Mehrheitswahlrecht eigentlich nicht mehr diskutiert wird. Ich habe es auch wirklich nie für gut befunden. Ich finde, ein Proportionalwahlrecht, wie wir es in Österreich haben, ist einfach demokratischer und besser und bildet den Wählerwillen besser ab.

 

Wir sehen es ja in Amerika: Das ist nicht unbedingt förderlich. Die haben das absolut extreme Mehrheitswahlrecht. In Großbritannien, wo die das ja schon seit Jahrhunderten haben, ist es besser entwickelt. Dort hat es keine so negativen Auswirkungen wie in den USA, aber das muss auch nicht sein. So gesehen sind wir uns, glaube ich, in dem Hause einig, dass wir beim Proportionalwahlrecht bleiben und dass das ein gutes System ist.

 

 Darüber hinaus gäbe es noch zu vielen Themen vieles zu sagen. Ich möchte aber damit schließen, dass ich mich freue, dass wir diese Gesetzesnovelle einstimmig beschließen. Ich möchte aber schon hinzufügen, dass Demokratie immer etwas Dynamisches ist und wir auch in Zukunft noch für weitere Verbesserungen arbeiten und kämpfen werden. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächste ist Frau Abg. Kickert zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. - Bitte.

 

13.18.27

Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Landesrat! Der Tagesordnungspunkt betrifft zwar die Änderung der Gemeindewahlordnung. Meine Vorrednerinnen und Vorredner - es waren nur Vorredner, glaube ich, nein, doch nicht - haben aber die Debatte sozusagen weiter gesponnen.

 

Sagen wir so: Das mit dem hohen Gut Wahlrecht und dem hohen Gut Staatsbürgerschaftsrecht, diesen beiden hohen Gütern, kann ich bestätigen. Auch ich halte sie für ein hohes Gut. Kollege Wölbitsch hat dann ein Bild gemalt, nämlich von den Menschen, die aus anderen Ländern zu uns und als Gäste in sein Haus gekommen sind. (Heiterkeit bei Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Ich denke, diesen Ansatz und dieses Bild könnte man ja verfolgen, indem man fragt: Ab wann sind bei Ihnen Gäste - falls Sie das Land als Haus bezeichnen - nicht mehr Gäste, sondern gleichberechtigte Mitbewohnerinnen und Mitbewohner? Ab wann bestimmen Sie nicht, was in Ihrem Haus passiert, sondern ab wann bestimmen Sie, was in unserem gemeinsamen Haus passiert? (Beifall bei den GRÜNEN sowie von Abg. Dipl.-Ing. Selma Arapović.)

 

Ich glaube, genau das ist der Unterschied im Zugang: dass Menschen, die aus anderen Ländern gekommen sind, nicht ewig Ausländer sind. Ich habe den Vorteil, dass man es mir nicht ansieht, dass ich eigentlich aus einem anderen Land gekommen bin.

 

Glück gehabt, echt viel Glück gehabt und noch einmal Glück gehabt, dass ich in einer Zeit nach Österreich gekommen bin, in der die Hürden nicht so hoch waren, wie sie es jetzt sind. Meine Eltern hätten sich das, was sie jetzt für eine Staatsbürgerschaft blechen müssen, für mich und meine drei jüngeren Brüder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht leisten können, obwohl beide gearbeitet haben.

 

Ich denke, genau darüber müssen wir reden. Ist es tatsächlich so, dass die Staatsbürgerschaft am Ende einer Integration stattfindet? Wer misst woran, dass jemand gut integriert ist? Ja, es ist gar nicht so einfach. Ist es die Staatsbürgerschaft? Kann man darüber nachdenken, dass die Möglichkeit, über das mitzureden, was in unserem Haus passiert, diese Integration möglicherweise erleichtert, beschleunigt oder unterstützt? Es muss ja vielleicht nicht für das große Haus Österreich oder das etwas kleinere Haus Wien sein, aber es könnte schon - sagen wir - für den Vorgarten, den Bezirk oder das Grätzl, sein. Da kann man ja auch schon mitreden, vielleicht sogar mitbestimmen.

 

Ich würde gern darüber reden, ab wann was wie nützt. Das würde ich tatsächlich - ohne Vorurteile und ohne Schlenker, dass das Asylberechtigte sind oder Menschen, die sich nicht um unsere Werte kümmern. Wenn sie hier leben wollen, werden sie sich um die Werte und Regeln kümmern müssen. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Im besten Fall!) - Dann werden sie das müssen. Das ist so. (Zwischenruf von Abg. Mag. Laura Sachslehner, BA. - Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Mit Zwang!) - Nein, gar

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular