Landtag, 38. Sitzung vom 22.01.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 49
Hosentaschengeschäft. Insofern ist es total sinnvoll, das anrechnungsfrei zu stellen.
Ähnliches gilt für das Anrechnungsfreistellen von Ferialjobs von SchülerInnen. Es ist völlig absurd, wenn SchülerInnen in den Ferien etwas dazu verdienen und das dann auf das Haushaltseinkommen des Mindestsicherungshaushalts angerechnet wird.
Insofern ist das also ein sehr, sehr sinnvoller Vorschlag. Ich meine, es muss uns doch extrem freuen, wenn Jugendliche aus Mindestsicherungshaushalten in den Schulferien sozusagen erste Erwerbserfahrungen machen. Wenn wir das damit bestrafen, dass ihren Eltern um das Geld, das sie da verdienen, die Mindestsicherung gekürzt wird, dann ist das reichlich absurd. Diese beiden Dinge, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, als Vorwand zu nutzen, um gegen dieses Gesetz zu stimmen, halte ich für reichlich absurd. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich möchte aber auch noch - Kollege Konrad hat es schon angesprochen - auf eine angekündigte gegenteilige Entwicklung Bezug nehmen. Das ist die Totalabschaffung der Bildungskarenz. Ich möchte schon darauf hinweisen: Es wird jetzt auch in der Öffentlichkeit immer wieder mit einer WIFO-Studie argumentiert, die Verbesserungspotenziale aufzeigt. Ich weiß nicht, wer diese WIFO-Studie gelesen hat, aber die Wifo-Studie beschäftigt sich in großen Teilen mit den positiven Effekten der Bildungskarenz als wichtigem arbeitsmarktpolitischem Instrument und zeigt dann einiges an Verbesserungspotenzial auf.
Zugegebenermaßen muss man sich anschauen, ob man bei dem Wildwuchs der Anschlusskarenzen an Elternkarenzen etwas tun muss. Man muss sich anschauen, ob jede inhaltliche Maßnahme, die da gefördert wurde, sinnvoll war und ob man nicht stärker fokussieren muss, was da inhaltlich genehmigt wird. Man kann darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass alle vier Jahre ein Anspruch entsteht. Man kann also über all diese Dinge diskutieren. Man kann diese Verbesserungspotenziale erheben. Das sollte man auch tun. Genau dafür gibt es diese Studien. Dafür gibt es den Rechnungshofbericht. Eine Totalabschaffung bedeutet aber, das Kind mit dem Bade auszuschütten, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir haben im Sozial- und Gesundheitsbereich Ausbildungen, die durch so eine Totalabschaffung für einen großen Teil der Bevölkerung verunmöglicht werden. Da gibt es viele Ausbildungen, die zum Beispiel so etwas wie lange unbezahlte Praktika haben. Wie die noch irgendjemand absolvieren soll, die oder der nicht über das ausreichende Vermögen verfügt, bleibt für mich völlig unklar. Wenn man das tatsächlich durchzieht, dann kommt man nur zu einer Verlagerung der Bildungskarenz in die Arbeitslosigkeit und zu einer Verlagerung des Weiterbildungsgeldes ins Arbeitslosengeld. Man raubt Qualifizierungs- und Weiterbildungschancen, insbesondere - das zeigt die WIFI-Studie auch - für Frauen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Stattdessen diskutieren wir dann auch noch über eine Herdprämie. Frauen, die sich weiterbilden und mehr verdienen wollen, passen also nicht ins Weltbild. Denen schmeißen wir dann Hindernisse in den Weg und streichen die Bildungskarenz. Fördern tun wir hingegen, wenn die Frauen zu Hause bleiben und ihre Kinder nicht in die Kinderbetreuungseinrichtungen geben. Das sagt irgendwie alles über Ihr Weltbild.
Ich meine, die FPÖ ist in der Debatte mittlerweile eh komplett abwesend. Es geht nicht um die Erwerbsintegration, sondern es geht um eine Zurück-an-den-Herd-Politik. Das ist nicht unser Zugang zur Politik, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Deswegen bringen wir auch einen Antrag ein, der sich für den Erhalt der Bildungskarenz ausspricht. Ich würde bitte, das noch einmal zu überlegen. Ich habe jetzt sehr klar formuliert - das steht auch in der Begründung drinnen -, dass wir durchaus Verbesserungspotenziale sehen. Warum man dem seitens der NEOS nicht zustimmen kann, ist mir nicht ganz unklar. Ich weiß ja nicht, wie sich die SPÖ dazu verhalten wird, aber normalerweise stimmen sie immer gleichmäßig ab.
Insofern würde ich noch einmal an Sie appellieren, darüber nachzudenken. Grundsätzlich muss die Bildungskarenz als wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument erhalten werden, das insbesondere Frauen zugutekommt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Ernst Woller: Danke. - Als Nächste ist Frau Abg. Korosec zum Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. - Bitte.
Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben heute wieder eine Novelle zum Mindestsicherungsgesetz. Ich glaube, mit der heutigen sind es 15. Wir beschäftigen uns also seit Jahren damit.
Ich gebe meinen Vorrednern recht, die alle sagen: Man sollte sich das jetzt einmal wirklich genau anschauen und das bereinigen. Ich hoffe, dass das relativ bald einmal passieren wird. Heute sind es aber nur einige Teile davon.
Ich möchte einmal zu den allgemeinen Fakten kommen, denn die sollte man sich schon ansehen. Wenn ich höre, da müssen wir noch dazugeben und das sollte man noch tun: In den Einzelfragen ist es richtig. Da bin ich ja ganz bei Ihnen, Herr Kollege Prack, dass man sagt: Na ja, das kostet nicht, das sollte man tun. Insgesamt wissen wir aber: Es ist gestern über die 3,5 Milliarden EUR Schulden debattiert worden, die es in Wien gibt. Wir wissen, dass es im Bund auch große Außenstände gibt, weil eben das Budget in den letzten Jahren durch Corona und die hohen Zuschüsse, die zu Recht an die Bürgerinnen und Bürger gegeben werden mussten, natürlich dementsprechend belastet wurde.
Das heißt also, auch da müssen wir wieder einmal überlegen: Was ist notwendig? Was muss gemacht werden? Wo kann man eventuell einsparen? Damit komme ich natürlich schon zu der Mindestsicherung, die uns vor allem in Wien unglaublich viel kostet.
Die Wiener Mindestsicherung schaut so aus, dass fast zwei Drittel der Mindestsicherungsbezieher in Wien leben und keine Österreicher sind. Das muss man sich schon vorstellen. Ich glaube, darüber denkt niemand mehr nach. Rund 44 Prozent der Mindestsicherungsbezieher in Wien sind Asylberechtigte, und fast drei Viertel aller Mindestsicherungsbezieher Österreichs leben in Wien. Fast 80 Prozent aller Asylberechtigten, die in Österreich Mindestsicherung beziehen, leben in Wien.
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