Landtag, 39. Sitzung vom 27.03.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 59
kein Nein von Ihnen vernommen, sondern nur, dass das mit Aufwand und Arbeit verbunden wäre. Vielleicht lässt sich das dann zumindest in der nächsten Legislaturperiode auch bewältigen.
Meine Zusatzfrage fokussiert sich auf einen wichtigen Tag, an dem die Beteiligung in Wien gefragt ist, nämlich die Wien-Wahl im April, bei der hoffentlich sehr viele Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Wir haben ja immer wieder gesagt, das Wahlrecht ist für uns ein sehr hohes Gut. Es sollte immer am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen. Das heißt, mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist dann auch das Wahlrecht entsprechend zu verleihen. Wir waren da immer recht klar. Die SPÖ war in dieser Frage immer ein bisschen unklar.
Jetzt habe ich vom Herrn Bürgermeister ein ganz klares Bekenntnis vernommen, dass es in Wien kein sogenanntes Ausländerwahlrecht geben wird. Jetzt wollte ich Sie als Demokratie-Stadtrat natürlich fragen, ob auch Sie dahinterstehen und hier auch noch einmal bestätigen können, dass es in Wien kein Ausländerwahlrecht geben wird.
Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung.
Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Sie haben die Problemstellung umschifft, aber sie steht natürlich im Raum. Ich möchte an dieser Stelle schon noch einmal erwähnen, was das eigentliche Problem für eine Demokratie ist: Es ist die fehlende Beteiligung.
Beteiligung ist die Antwort auf Benachteiligung. Es sind nicht Privilegien, das heißt, wir müssen uns immer auch die Frage stellen: Inwiefern beteiligen sich die Wienerinnen und Wiener an den Entscheidungsprozessen?
Wenn man sich die gesatzten Entscheidungsprozesse, also das Wahlrecht, anschaut, dann ist es natürlich so, dass durch die Tatsache, dass es sehr viele Wienerinnen und Wiener ohne Staatsbürgerschaftsrecht gibt, der Prozentsatz derer, die sich an einer Wahl beteiligen können, immer kleiner wird. Wir reden in der Zwischenzeit von mehr als einem Drittel der Wienerinnen und Wiener im wahlfähigen Alter.
Das ist für sich genommen vielleicht nicht einmal ganz so dramatisch, wie wenn man sich beispielsweise anschaut, wie viel Prozent der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer das sind - 60 Prozent -, wie viel Prozent der Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter - 80 Prozent - und wie viel Prozent der vielen Jugendlichen, die in Wien geboren sind, um dann ohne Staatsbürgerschaftsrecht 18 oder 16 Jahre zu werden. Wir haben eine Situation, in der Geburtskliniken in Wien Ausländer erzeugen oder die Erzeugung von Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen. (Heiterkeit beim Redner sowie bei Abg. Mag. Josef Taucher und Abg. Markus Ornig, MBA.)
Das ist jedenfalls eine unhaltbare Situation für die Demokratie. Gerade die Sozialdemokratie - Sie haben mich ja konkret darauf angesprochen, was die Position der Sozialdemokratie ist - hat in ihrer Geschichte immer dafür gesorgt, dass Demokratie ein Recht ist, das allen, die eine Gemeinschaft ausmachen, zur Verfügung steht und auch genutzt wird.
Das ändert nichts daran - dazu gibt es auch eine klare Positionierung unseres Bürgermeisters und im Übrigen auch eine klare Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes -, dass es in Österreich so ist, dass das Wahlrecht am Staatsbürgschaftsrecht hängt. Um also Ihre Frage zu beantworten: Daran hat sich nichts geändert. Unser Bürgermeister hat das erst in den letzten Wochen auch immer wieder bekannt gegeben.
Das bedeutet aber im Umkehrschluss nur, dass wir gemeinsam die Frage stellen und beantworten müssen, wie es sein kann und verändert werden kann, dass das Staatsbürgerschaftsrecht in Österreich eine Materie voller Hürden ist - viele würden es vielleicht sogar eher als Unrecht statt als Recht bezeichnen -, und wie wir diese Hürden abbauen können. Es gibt viel zu hohe - um nicht zu sagen: für ganz große Bevölkerungsgruppen prohibitive wirtschaftliche - Hürden. Es gibt darüber hinaus Hürden, die man eigentlich nur als Gängelei bezeichnen kann.
Wir treten dafür ein, diese Hürden abzuschaffen, um sicherzustellen, dass alle, die einen aktiven Teil in der Stadt haben, Steuern zahlen und sich an der Entwicklung dieser Stadt beteiligen, auch den Zugang zur Staatsbürgerschaft haben.
Wenn wir das Thema der Staatsbürgerschaft in diesem Land mit ein bisschen weniger Ideologie und ein bisschen mehr Pragmatismus diskutieren würden, würden wir vielleicht auch erkennen, dass es eine Rechtsmaterie ist, die in vielen, vielen Staaten deutlich moderner geregelt worden ist und auch in Österreich deutlich moderner geregelt werden könnte. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von Abg. Mag. Berivan Aslan.)
Präsident Ernst Woller: Danke. - Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Kowarik gestellt. Ich erteile ihm das Wort. - Bitte.
Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Landesrat! Vielleicht noch ein Zusatz zu Ihren Ausführungen: Um Staatsbürger zu werden, hat man diverse Hürden. Das ist korrekt. Vor allem hat man auch eine administrative Hürde in Wien. Das ist hausgemacht. Da wäre es vielleicht gut, wenn die Wiener Verwaltung auch in die Gänge kommt. Wir haben heute schon davon gehört.
Ich möchte wieder ein bisschen zur eigentlichen Frage zurückkommen, nämlich zur Bezirksbeteiligung, also zur direktdemokratischen Bezirksbeteiligung. Sie haben alle möglichen Möglichkeiten ausgeführt, wie man freiwillig mitmachen kann oder was es seitens der Stadt Wien alles für Organisationen oder Einheiten gibt, die eine Beteiligung ermöglichen. Das ist in Ordnung.
Wenn man Demokratie, also die Herrschaft des Volkes, wie es so schön heißt, ernst nimmt, dann muss - wenn man ernsthaft darüber redet - die Herrschaft des Volkes natürlich auch verbindlich sein. Dann muss die direktdemokratische Beteiligung also auch verbindlich sein. Ich glaube, darauf hat auch die ursprüngliche Anfrage des Kollegen abgezielt. Wir diskutieren das ja nicht seit gestern, sondern seitdem ich in diesem Haus bin. Es ist also schon seit 2006 immer wieder ein Thema gewesen: Wie können wir auf Bezirksebene die Einbindung besser machen?
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