Landtag, 41. Sitzung vom 24.04.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 68
90 Prozent. Der Wiener Stadtsenat setzt die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Landtages und Gemeinderates mit 100 fest, was sich bis heute erhalten hat. Am 13. Dezember 1945 findet die konstituierende Sitzung des Wiener Landtages statt. Vorsitzender ist Leopold Kunschak, ÖVP, als ältester Abgeordneter des Hauses. Er begrüßt unter anderen auch die zur Sitzung erschienenen Vertreter der alliierten Mächte. Zum ersten Präsidenten des Wiener Landtages wird der Sozialdemokrat Dr. Johann Neubauer gewählt.
Not und Entbehrung sollten noch lange anhalten. Die Politik war zunächst um die Lösung elementarster Probleme wie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und die Wiederherstellung der grundlegenden Infrastruktur bemüht. Die politisch Verantwortlichen und vor allem die Menschen in unserer Stadt haben Wien nach 1945 wieder aufgebaut, und zwar in großartiger Art und Weise. Wien ist zu einer toleranten, weltoffenen Stadt, zur lebenswertesten Stadt der Welt geworden. Die wesentlichen Entscheidungen, die zu dieser positiven Entwicklung unserer Stadt geführt haben, wurden und werden hier im Sitzungssaal des Wiener Landtages und Gemeinderates getroffen.
Mit der Gründung der Zweiten Republik im April 1945 war ein politischer Neuanfang und die Neubelebung unserer Demokratie nach der Zeit des Nationalsozialismus geschaffen. Wir alle wissen, Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat sind keine Selbstverständlichkeiten. Sie sind Errungenschaften, die wir täglich verteidigen, bewahren und weiterentwickeln müssen, für uns und für alle kommenden Generationen. Heute wollen wir uns aber nicht nur erinnern, sondern uns, wie bei jeder unserer Sitzungen, mit wichtigen Fragen der Gegenwart und Zukunft unserer Stadt auseinandersetzen.
Ich komme nun damit zur Tagesordnung der 41. Sitzung des Wiener Landtages.
Die 1. Anfrage (FSP-387142-2025-KSP/LM) wurde von Frau Abg. Weninger gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport gerichtet. (Sehr geehrter Herr Landesrat! Im August 2024 hat die vergangene Bundesregierung eine Richtlinie zur Persönlichen Assistenz erlassen. Können Sie uns darstellen, warum die Wiener Landesregierung dieser Richtlinie nicht zugestimmt hat?)
Ich ersuche um Beantwortung.
Amtsf. StR Peter Hacker: Schönen guten Morgen, Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete!
Ich sage herzlichen Dank für diese Frage, um auch hier im Haus kurz darstellen zu können, warum wir eine Richtlinie des Gesundheits- und Sozialministeriums nicht unterzeichnen können, sondern darauf hoffen, dass es zu einer Weiterentwicklung kommt, nämlich einer Richtlinie zur Förderung der Persönlichen Assistenz.
Die Richtlinie ist, unserer Kenntnis nach zumindest, ab 2023 entwickelt und vergangenes Jahr veröffentlicht worden. Trotz mehrfacher Urgenzen mehrerer Bundesländer hat es niemals eine Akkordierung dazu gegeben, weil wir, die Bundesländer, die schon eine große Anzahl von Menschen mit Persönlicher Assistenz haben, schon sicherstellen wollten, dass die Bedürfnisse und die Erfahrungen, die wir haben, dann auch in diese Richtlinie einfließen. Das hat leider nicht stattgefunden. Das ist grundsätzlich auch zulässig, aber es zeigen sich dann eben Mängel, die den Grund dafür darstellen, warum wir dieser Richtlinie nicht beitreten können.
Der erste Grund ist der finanzielle Grund, die finanzielle Ausstattung dieser Richtlinie, und ein zweiter sind inhaltliche Gründe, die ich gerne ein bisschen im Detail darstellen kann.
Zunächst einmal zur finanziellen Begründung: Die Zusage des Bundes für diese Förderrichtlinie ist befristet, befristet mit 2026, danach läuft die Bundesförderung einfach aus - ohne weitere Beschlussfassung durch irgendein Gremium, sei es das Parlament als Ausschuss, sei es durch eine Entscheidung des Ministers. Es ist klar, sie ist begrenzt. Diese Vorgangsweise halte ich grundsätzlich für nicht sehr sympathisch, weil es dazu führt, dass man in das System einsteigt, das System ändert und dann der Finanzierungspartner schon programmiert von vornherein abspringt.
Um klarzumachen, um welche Dimensionen es geht: Wir haben in Wien zurzeit rund 380 Personen in dieser Leistung Persönlicher Assistenz, und für diese 380 Personen haben wir zurzeit einen Aufwand von rund 26 Millionen EUR. Würden wir in diese Richtlinie einsteigen und die Spielregeln dieser Richtlinie erfüllen, würde sich bis 2027 der Aufwand fast verdoppeln, und 2027 hätten wir dann den doppelten Aufwand von heute, aber keine Unterstützung mehr durch einen Zuschuss des Bundes. Das ist einmal von der grundsätzlichen Vorgangsweise her gar nicht zu begrüßen.
Aber viel wichtiger sind fast noch die inhaltlichen Punkte: Die Persönliche Assistenz diskutieren wir in Österreich seit über 15 Jahren auf der Grundlage der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung. Wir diskutieren sie und haben in vielen Diskussionen und in vielen Gemeinsamkeiten, auch zwischen Bund und den Bundesländern, festgelegt, dass das Laienprinzip der Grundpfeiler der Persönlichen Assistenz ist. Das ist auch das, worauf Menschen mit Behinderung besonderen Wert legen. Sie legen nämlich Wert darauf, dass die Menschen mit Behinderung als AssistenznehmerInnen selbst die Experten dafür sind, welche Leistung, welche Tätigkeit der Laie Persönlicher Assistent ausüben soll. Es geht darum, dass Menschen mit Behinderung zu Recht die alleinige Kompetenz für die Anleitung haben wollen und keine Betreuungsleistung missverstanden werden soll, sondern eine reine Hilfsleistung verstanden werden soll. So haben wir es auch in unserer Richtlinie in Wien festgelegt, auf deren Grundlage wir diese vorhin genannten 380 Personen im Augenblick finanziell unterstützen, nämlich dass ausschließlich die behinderte Person selbst entscheiden kann, welche Leistung der Persönliche Assistent erbringt, und sonst niemand.
Wir haben dazu auch eine gesetzliche Grundlage im GuKG, in § 3 Abs. 3, wo die Laientätigkeit als Hilfstätigkeit nicht unter den Vorbehaltsbereich des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes fällt. Das heißt, wenn es zu
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