Trauerakt
vom 8.11.2008 - Seite 2 von 5
Verdienst für die Stadt, für Österreich und für Europa, den er hier geleistet hat im Hinblick auf diese Grenzüberschreitung im wahrsten Sinne des Wortes.
Wien hat eine
großartige Persönlichkeit verloren. Die Vielfalt seiner Tätigkeit vom Lehrer,
dem Volksbildner, dem ORF-Mann, dem „Kronen Zeitungs“-Ombudsmann, dem Politiker
in der vielfältigen Hinsicht spiegelt sich auch in seiner Persönlichkeit wider.
Er war und ist in unserem Gedächtnis eine vielfältige Persönlichkeit. Der
Umgang mit ihm war immer ein großes Erlebnis in all der Diversität. Er konnte
hinreißend liebenswürdig, charmant, er konnte polternd und jähzornig sein; er
konnte geduldig zuhören, aber auch Leute, die absolut anderer Meinung waren,
ungeduldig abdiskutieren. Und gelegentlich konnte er alles gleichzeitig.
Helmut Zilk
war in all seiner Tätigkeit auch hier in der Stadt ein guter Vater mit all dem,
was einen guten Vater auch ausmacht. Selbst wenn er zornig war, hat man seine
Liebe gespürt, hat man gespürt, dass dahinter Sorge steht, Angst steht, wie
immer man es dann auch sonst bezeichnen will. Er hatte vielfältige Talente und
er hat sie immer auch eingesetzt, wiewohl ich persönlich auch immer den
Eindruck hatte, dass er sie nicht wirklich trennt. Ich habe ihn erlebt als
Bürgermeister, aber da war er gleichzeitig auch Lehrer. Und ich habe ihn erlebt
als Medienmann, und hier war er auch gleichzeitig Volksbildner. Es war eben
eine Persönlichkeit mit sehr vielen Facetten seines Lebens.
Liebe Dagmar,
du hast deinen Mann verloren, Thomas seinen Vater, die Enkel ihren Großvater.
Wir haben unseren Stadtvater verloren. Und ich persönlich fühle es fast so, als
hätte ich meinen zweiten Vater verloren, denn ich habe ihm persönlich auch im
Leben und im Erleben sehr sehr viel zu verdanken. Ich werde ihn zweifelsohne in
seiner Vielfältigkeit vermissen und ich werde im besonderen Ausmaß die vielen
Gespräche vermissen, die ich mit ihm führen durfte, lange nachdem er aus seinem
Amt ausgeschieden ist. Wenn wir bei einem Glas Wein oder auch zwei beisammen
gesessen sind und er aus reinem Herzen Rat gegeben hat, Meinung vermittelt hat,
auch plötzlich ganz weich und duldsam gewesen ist. Da war Widerspruch kein
Risiko. Diese sehr persönlichen Gespräche werde ich besonders vermissen.
Und wenn wir,
seine Freunde, durch die Stadt gehen, dann werden wir weinen, weil er nicht
mehr da ist. Wir werden lachen, weil wir uns seine Anekdoten, und sein Leben
war reichhaltig davon, erzählen werden. Und wir werden uns dankbar an ihn
erinnern, denn an jedem Ort in dieser Stadt lebt seine Erinnerung und wir
werden sie dankbar in uns bewahren.
Generalintendant
des ORF i R Gerd Bacher: Liebe Familie Zilk! Liebe Freunde!
„Ich lebe auf
Abruf." – Dieser Satz in der letzten Begegnung und die Haltung dahinter sind
unvergesslich. Sie erwarten von mir keine Heiligsprechung, solches Ritual hat
einer vom Kaliber des Helmut Zilk nicht nötig. Auf einmal sind alle Zilks, die
den ganzen Zilk ausmachen, verschwunden. Niemand mehr wird mit der
Leuchtpistole in den Nebel der Innenpolitik hineinschießen und am nächsten Tag
besorgt fragen, ob jemand erblindet sei. Keiner wird seiner eigenen Partei den
Marsch so blasen. Keiner wird wie er das Gegenteil von gestern sagen und noch
immer der Zilk bleiben. Und keiner wird ein Autowerk eröffnen, dabei eine
andere Marke nennen und als man ihn darauf aufmerksam macht, ungerührt sagen:
„Na ja, ihr wisst’s ja eh, was ich meine.“
Da ist nicht
irgendein Prominenter gestorben. Helmut Zilk geht nicht mehr durch die Stadt.
Er war einer der letzten im Klub der geselligen Egomanen. Wenn man jetzt
schreibt, er sei ein ganz Ambivalenter gewesen, so mag das so sein. Trotzdem
liegt ein Missverständnis vor. Die Widersprüche sind keine Widersprüche, sie
sind der ganze Zilk, der auf der Drehbühne steht und seine Facetten anbietet.
Er ließ nicht jeden Standpunkt, auch den eigenen nicht, zu Prinzipien gerinnen,
er stand sich selbst nie im Weg.
Von wem noch
könnte man so viele Geschichten erzählen, solche Karikaturen zeichnen. In
heutigen Redaktionen und Politikerbüros mögen toll Ausgebildete sitzen,
vielsprachige EDV-Artisten, Originale sehe ich kaum. Das liegt nicht am
Altersunterschied. Denn als der Helmut so alt war wie sie jetzt, war er schon
immer, wer er war.
Ich habe das
„Gutruf" nie gemocht. Wo aber treffen sich heute die Käuze?
Er war ein
Selbstverwirklicher, vom Schicksal mit reicher Ausstattung versehen, ein junger
Fescher, ein eleganter Alter, mit einem Namen wie ein Signal und einer Stimme,
die man schon hörte, ehe man ihn sah. Immer absichtsvoll, gebildet,
machtbewusst, aber nach dem Wutausbruch tolerant. Eifersüchtig und angerührt
war er auch. Die Tränen saßen locker. Auch Männer müssen weinen können, sagte
er. Wir beide konnten es, auch als Rührung über die eigene Rührung.
Am meisten
imponierten mir sein Netzwerk und seine Zivilcourage. Er kannte überall alles
und alle. Der Auftritt in den „Seitenblicken" erschien mir als eine Art
von Sadomasochismus. Zur Zivilcourage musste er sich nicht überwinden, denn
bürgerliche Angst kannte Helmut Zilk nicht.
Der Helmut war
ein Unvergleichlicher. Das ist jetzt kein Rang, sondern ein Syndrom von
Eigenschaften, Zilk im Bild. Ich kenne keinen, der ihm ähnelt.
Am
bedrohlichsten war er im Vorwurf zu Freunden. Ganz leise gurgelte er los: „Ich
weiß eh, dass du nichts von mir halt’st." Dabei wusste er ganz genau, dass
das nicht stimmt, aber das war ihm zuwenig. Er wollte nicht nur respektiert
werden, er wollte geliebt sein von allen. Ob er die Menschen geliebt hat? Ich
glaube schon. Er tat gern Gutes und sie redeten darüber. Ob er ein guter Mensch
war? Bei mir beginnen die guten Menschen ab der Mutter Teresa. Ein Gutmensch im
Sinne der political correctness war er Gott sei Dank nicht, denn das sind die
wirklichen Hasser.
Der
Wiener Helmut Zilk war der öffentlichste Österreicher. Wer außer Zilk liegt
schwer verwundet im Spital und freut sich auf die nächste Pressekonferenz? Er
war
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