Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 99
der SPÖ stimmen sie der wachsenden Betonwüste auch noch zu.
Ob das Weltkulturerbe bedroht ist wie durch das Schicker-Prestigeobjekt Wien
Mitte - egal, die GRÜNEN spielen bei allerhand Hochhausprojekten mit.
Herr Stadtrat, mit Wien-Mitte bauen Sie sich kein
Denkmal. Sie bauen ein Mausoleum, wo das Weltkulturerbe begraben sein wird! Was
ist denn das für ein Hochhauskonzept, wenn so ein Projekt mitten in der Stadt
überhaupt möglich sein kann? - Wir Freiheitliche haben dieses Konzept immer
aufs Schärfste kritisiert, weil die festgelegten Ausschluss- und Eignungszonen
keine Schutzfunktionen bieten, um einen Hochhauswildwuchs zu verhindern.
Unzählige Hochhauseinzelstandorte, die so genannten Towers in the Park, wären
möglich. Doch spätestens seit dem 11. September ist ein Knick im Mythos
Hochhaus entstanden. Das wissen Sie. Das Hochhaus als Symbol von Kraft,
Selbstbewusstsein, Giganterie und Vertrauen in die Zukunft und Zivilisation,
ist zu hinterfragen. Ohne Zweifel, fortschreitende Technik lässt
Architektenträume unter der Prämisse schneller, höher, weiter, mehr Büros,
Infrastruktur und Funktionen, oftmals unter Missachtung der Sicherheit für die
Menschen, in den Himmel wachsen.
Geldgeber, Großfirmen, Banken, Versicherungen sind
es, die im Hochhausbau das Big Business sehen und so sind Grundstücksspekulationen
nicht auszuschließen. Obwohl man weiß, dass es für heimische Hochhäuser nicht
genügend Mieter gibt, die Platte nur bis zu 60 Prozent ausgelastet ist,
die unteren Stockwerke schwer zu vermieten sind, da kein Hochhausfeeling entsteht,
die Wiedereinbringung der Baukosten auf die oberen Stockwerke entfällt, was
wiederum zu erheblichen Mietpreisen führt, was die Mieter abschreckt - ein
Teufelskreis also -, soll jetzt mit diesem Hochhauskonzept Tür und Tor geöffnet
werden, um in Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern um die Anzahl der
Hochhäuser zu treten. So wird der Stolz der verantwortlichen Politiker,
Architekten und Bauherrn teuer zu bezahlen sein.
Bei der Ausstellungseröffnung im Tech Gate Vienna
überbrachte StR Schicker Grüße vom Pariser Bürgermeister, der die Stadtplaner
lobte, nach 25 Jahren aus Wien endlich eine europäische Großstadt zu
machen. Halten Sie das nicht auch für ungeheuer anmaßend? - Ich hatte immer das
Gefühl, in einer einzigartigen, besonders liebenswerten Großstadt zu leben. Und
ich bin der Meinung, moderne Architektur und die Veränderung einer Stadt und
die Hochhausentwicklungen sind nur dann wünschenswert, wenn das
charakteristische Stadtbild erhalten bleibt. Das Wetteifern mit anderen
europäischen Städten um die Anzahl der Hochhäuser auf Kosten des Stadtbildes,
ist strikt abzulehnen.
Das Beispiel Donaustadt zeigt deutlich, wie in
Salamitaktik die charakteristischen Gärtnerein verschwinden und Wohnsilos
errichtet werden, damit man dann sagen kann, das städtebauliche Leitbild
erlaubt nun auch einen Hochhausstandort.
Schauen Sie Punkt 3 Ihrer Hochhauscheckliste an.
Sie planen sozusagen von hinten durch die Brust ins Auge.
Wird die U 2 bis zum Flugfeld Aspern verlängert,
droht dann auch dort ein Hochhausstandort? Die städtebaulichen Leitlinien für
eine Megaverbauung in diesem Gebiet gibt es ja bereits. Wo sind da die GRÜNEN?
Die besetzen doch auch sonst jeden Grashalm, um ihn vor der Vernichtung zu
schützen! Wo bleibt das Verständnis für Ökologie und den Umgang mit der Natur?
Wir Freiheitliche haben ein Nutzungskonzept für das Flugfeld Aspern schon vor
einiger Zeit präsentiert. Dort sind die Wohnwünsche der Bevölkerung
berücksichtigt und es trägt der Gartenstadtbewegung nach Adolf Loos Rechnung,
nämlich so, wie es für den Gartenstadtbezirk Donaustadt charakteristisch ist.
Welche Art von Hochhäusern sollen welche Funktionen
erfüllen? - Davon steht nichts in Ihrem Konzept, Herr Schicker! Nachdem Kollege
Reindl heute in der Fragestunde ja auch über Errichtungskriterien gefragt hat,
dürften diese in dem Hochhauskonzept nicht wirklich herausgearbeitet worden
sein.
Wollen Sie vielleicht weiterhin die Einfamilienhäuser
verbieten? - 80 bis 85 Prozent der Wohnungssuchenden wünschen sich nämlich
ein kleines Einfamilienhaus, Reihenhaus oder eine Wohnung mit Garten. Mit
diesem Hochhauskonzept vernachlässigen Sie die Wohnwünsche der Bevölkerung auf
undemokratische Art und Weise, denn so entsteht ein krasses Missverhältnis
zwischen den Wünschen der Steuerzahler und dem, was mit ihren Steuermitteln
gemacht wird.
Daher fordern wir zur Schaffung einer
Rechtssicherheit für die betroffenen Bürger bei Hochhausprojekten ein in der
Bauordnung für Wien verankertes Bürgerbeteiligungsverfahren, nämlich vor
Beschluss der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne.
Wir fordern die Einführung einer neuen Bauklasse mit
einer zulässigen Gesamthöhe von 36 Metern, um eine nachträgliche
Höhenentwicklung über den § 69, wie es ja schon so oft passiert ist, zu
unterbinden. Ebenso ist der Begriff Gestaltungsspielraum bei der Planung von
Hochhausprojekten in der Bauordnung für Wien genau zu definieren.
All dies, Herr Stadtrat, habe ich in den
Arbeitskreisen immer wieder gefordert. Ihre lapidare Antwort war: "Wir
sind hier nicht die Bauordnungskommission."
So lange dieses Hochhauskonzept noch so viele offene
Fragen aufwirft, wie wir auch heute Morgen erfahren durften, und so lange Sie
diese wichtigen Punkte in der Bauordnung nicht verankern, finde ich, ist dieses
gesamte Hochhauskonzept zum Krenreiben und bleibt eine schwammige
Angelegenheit. (Beifall bei der
FPÖ.)
Schade. Für mich bleibt übrig: Schicker hat aus den vielen
Diskussionen um die Hochhausstandorte, Höhenentwicklung und Widmungsmodalitäten
nichts gelernt. Daher ist die Standortfrage für uns Freiheitliche von
besonderer Bedeutung, um eine langfristige, kontinuierliche und sinnvolle
Hochhausentwicklung zu ermöglichen. Deswegen kommen für uns nur diese folgenden
Standorte in Frage: Das WED-Gelände in Kaisermühlen, Station U 3-Erdberg,
Überbauung Südosttangente Absbergtunnel,
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