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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 72 von 129

 

ermächtigt wird, an ausschließlich zwei Stellen zuzufahren. Für alle, die es nicht wissen, denn es ist kaum zu glauben: Man möchte eine Probebohrung ermöglichen, das Gebiet ist einige Quadratkilometer groß, doch die Gestattung ausschließlich auf zwei Zufahrtswegen dorthin zu gelangen, ermöglicht es den Aktivisten als ein Leichtes, mit jeweils einem Demonstranten dort nun seit sechs oder sieben Wochen die Weiterfahrt zu verhindern. Ein einzelner Demonstrant verhindert täglich die Zufahrt der Bohrmaschinen zum Bohrturm, um zu testen, wie die Wasserqualität, die Bodenbeschaffenheit unterhalb der Lobau ist, um einen Lobautunnel zu bauen. Ein Einziger bei der Einfahrt! Damit lassen wir uns in Geiselhaft nehmen? Die gesamte Stadt Wien? Meine Damen und Herren, das kann aus unserer Sicht nicht akzeptiert werden! (Beifall bei der ÖVP.)

 

48 Zelte sind aufgebaut, im Durchschnitt finden wir dort insgesamt zwischen 12 und 20 Demonstranten, die sich dafür einsetzen, dass die Lobau geschützt wird. Und das, obwohl gerade die grüne Partei bei der Strategischen Umweltprüfung NOW dabei war und gesagt hat: Ja, die Varianten und die Prüfungen, die herausgekommen sind, das sind die umweltschonendsten Varianten der Durchquerung der Lobau. (GR Mag Rüdiger Maresch: Das stimmt nicht. Das stimmt einfach nicht! Nein, Kollege Gerstl, das stimmt nicht!) Herr Kollege Maresch, ich kann mich sehr gut erinnern, dass Sie, sehr zum Ärger des Verkehrsstadtrates, immer ganz intensiv mitgearbeitet haben und Ihre Mithilfe auch bei der Strategischen Umweltprüfung angeboten haben. Erst als die Strategische Umweltprüfung fertig war, ist in der Stadtentwicklungskommission der GR Chorherr aufgestanden und hat gesagt: Leider, ich kann aus grundsätzlichen Gründen nicht mitstimmen. So war die Situation, dass Sie zwei Jahre lang der Regierungspartei vorgegaukelt haben, Sie können sich auch einen Umfahrungsring vorstellen, doch danach haben Sie gesagt: Leider, aus grundsätzlichen Gründen können wir nicht dabei sein. Ich bin sicher, dass viele auch in der Sozialdemokratischen Partei sich über diese besondere Art des Zuganges zu gemeinsamen Arbeiten für die notwendige Infrastruktur für Wien nicht gerade gefreut haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nun zu den Kollegen der Freiheitlichen. Wir freuen uns, dass Sie sich auch für die Nordostumfahrung und für deren rasche Realisierung einsetzen (GR Dr Herbert Madejski: Das ist perfid! Das ist perfid, was du da sagst!), keine Frage, aber, Herr Pressesprecher, es war wieder einmal so typisch, wie Sie es geschafft haben, sofort über das Ziel zu schießen. Das Erste, was Ihnen zur Verwirklichung der Lobauautobahn eingefallen ist, ist die Schaffung einer Bürgerwehr und damit die Infragestellung des Gewaltmonopols des Staates. Damit stellen Sie sich wieder außerhalb des Rechtsstaates. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Für die Lobauuntertunnelung brauchen wir einen guten Realismus, damit wir sie auch zusammenbringen, und die Zahlen sprechen ja eindeutig für sich. Denn lassen Sie sich auf der Zunge zergehen, was wir, wenn Sie mit Ihrem abwartenden Verhalten weiter so vorgehen, zu erwarten haben.

 

Sie müssen sich vorstellen, dass wir bei der A23, Höhe Wien Praterbrücke, derzeit bereits einen DTV, das heißt, einen durchschnittlichen täglichen Verkehr, über das ganze Jahr durchschnittlich gerechnet, von 160 000 Kfz haben, wobei Spitzenwerte von 200 000 zu verzeichnen sind. Wenn Sie mit Steigerungen von weiteren 20 Prozent wie in den vergangenen Jahren rechnen müssen – und das müssen Sie –, dann wissen Sie, dass die A23 vor dem Zusammenbruch steht. Sie wissen, dass der Knoten St Marx die Kapazität nicht mehr hat, das auszuhalten, Sie wissen, dass die A23 die Entlastung, die sie durch die S1 im Süden bekommen hat, innerhalb kürzester Zeit wieder verliert, Sie wissen, dass mit der Anbindung der A5 an die Wiener Stadtgrenze rund 40 000 zusätzliche Kfz kanalisiert nach Floridsdorf und in die Donaustadt geleitet werden. Mit jedem Jahr der weiteren Verzögerung schaffen Sie eine enorme Lebensqualitätsverschlechterung für die Donaustadt und für Floridsdorf. Das werden Sie auch zu verantworten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Die Verkehrszuwächse – ich möchte Ihnen diese Zahlen, was passiert, wenn Sie den Lobautunnel nicht bauen, einfach nicht ersparen –: Westlich der Quadenstraße werden 57 000 Fahrzeuge erwartet, die Erzherzog-Johann-Straße wird statt bisher mit 31 600 mit 47 900 Kfz belastet werden (GR Mag Rüdiger Maresch: Erzherzog-Karl-Straße!) – Pardon! Erzherzog-Karl-Straße; danke –, die Breitenleer Straße wird von 17 500 auf 29 800 steigen, der Biberhaufenweg wird von 16 400 auf 29 800 steigen, die Wagramer Straße von 25 500 auf 30 000. Insgesamt wird es ohne Lobautunnel rund 50 Prozent mehr Belastung für die Bezirke 21 und 22 geben. Mit jedem Jahr der weiteren Verzögerung sind Sie schuld an der schlechten Lebensqualität jenseits der Donau.

 

Meine Damen und Herren! Sie sind in dieser Stadt dazu aufgefordert, eine Verkehrspolitik zu machen, die dem Wirtschaftsstandort Wien auch Rechnung trägt, denn Sie wissen es, glaube ich, jedenfalls wissen es Ihre Experten, dass eine Verkehrsinfrastruktur die notwendige Grundlage für eine florierende Wirtschaftsstruktur ist. Sie wissen, dass ohne Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und ohne Ausbau des hochrangigen Straßennetzes rund um Wien dieser Wirtschaftsstandort gefährdet ist. Und das dürfen Sie in Zukunft nicht zustande bringen: Dass Sie nämlich dem Wirtschaftsstandort und den Arbeitsplätzen von Wien in Zukunft Schaden zufügen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Staukosten von jährlich 1,8 Millionen EUR für Wien haben Sie zu verantworten für jedes Jahr der Verzögerung. Sie sind dafür verantwortlich, dass wenige Menschen viele in dieser Stadt in Geiselhaft nehmen. Sie sind dafür verantwortlich, dass Sie eine Politik für die Minderheit machen und nicht für die Mehrheit dieser Stadt. Sie sind dafür verantwortlich, dass in Ihren Regierungsstil ein Laisser-faire-Stil eingezogen ist und kein Verantwortungsstil. (Beifall bei der

 

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