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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 119 von 129

 

Geschichte des Kabelwerks, wie wir das Areal heute kennen, beginnt im Dezember 1997. Mit dem Bürgerbeteiligungsverfahren 1998 ist auch die Idee der kulturellen Zwischennutzung entstanden, die der Verein IG Kabelwerk organisiert. Letztmalig wurde das Kabelwerk im Sommer 2005 nach sechsjähriger Spielzeit kulturell zwischengenutzt.

 

Nach dem Bauträgerwettbewerb, bei dem sich sieben Unternehmer zu einer Gesellschaft Kabelwerk Bauträger GmbH zusammengeschlossen haben, wurden mit dem Gesamtprojekt auch die Pläne zur Fertigstellung der Bauabschnitte erstellt. Der letzte Bauabschnitt sollte Ende 2006 fertiggestellt werden, was anscheinend wirklich in weite Ferne gerückt ist.

 

Ursprünglich ging man von einer weiteren kulturellen Nutzung von Flächen und Objekten im Kabelwerk aus. Bedauerlicherweise konnte man sich aber nicht einigen, ob 2 000 oder 6 000 m² kulturelle Nutzungsfläche zur Verfügung gestellt werden. Die Folge war oftmaliges Umplanen und Unzufriedenheit mit dem Auftraggeber Stadt Wien. Dieses Hin und Her wird sich sicherlich in den Baukosten für die zukünftigen Mieter oder zumindest in den Gesamtbaukosten der Kultureinrichtung niederschlagen.

 

Im Sommer 2006 gab es Überlegungen, die kulturelle Nutzung stark zu reduzieren, wenn nicht gar einzustellen. Massive Interventionspolitik von SP-Funktionären auf Grund von Nachfragen der Opposition im Bezirk Meidling führte schließlich dazu, dass ganz überraschend 5 Millionen EUR auf Grund eines Briefes des „dietheater“ bereitgestellt werden. Dieser Brief enthält außer der angeblichen Übereinkunft der Dienststellen Bezirksvorstehung, MA 7 und MA 5 den Wunsch nach Änderung der temporären kulturellen Nutzung in eine dauerhafte Nutzung und vor allem die Forderung nach 5 Millionen EUR für bauliche und technische Adaptierung, darüber hinaus den Hinweis, dass die Zeit drängt.

 

Dazu kommt noch, dass vor Kurzem die beiden neuen Direktoren des „dietheater“ vorgestellt wurden und man ihnen sozusagen als Einstandsgeschenk eine weitere Spielstätte nach ihren Wünschen mitlieferte. In dem Briefkopf des „dietheater“ – vielleicht nur ein kleines Detail – findet sich übrigens kein Wort vom Subventionsempfänger Theaterverein. Dieser schließlich ist Empfänger der 5 Millionen. Gerechterweise muss man sagen, dass man in der Homepage als Untertitel Theaterverein lesen kann, aber diese Ungenauigkeit will ich wirklich beiseite lassen. Dieser Brief und das beiliegende Subventionsansuchen beinhalten keinerlei Projektbeschreibung, was mit der Investition beabsichtigt wird, sondern nur eine lapidare Äußerung, man wolle eine permanente Kulturinstitution auf dem Areal des Kabelwerks errichten. Es liegen uns weder Konzepte vor, was mit dieser Spielstätte geschehen soll, noch gibt es Aussagen darüber, welche Funktion oder Position diese im Konzert mit anderen Kultureinrichtungen einnehmen soll. Es gibt auch keine Kostenschätzung, wofür das bereitgestellte Geld wirklich verwendet werden soll und welche zukünftigen Kosten für einen allfälligen kommenden Betrieb für die Stadt zu erwarten sind.

 

Auf Nachfragen von Journalisten konnte man erfahren, dass es sich um eine niederschwellige Kultureinrichtung handeln soll, die auch für angrenzende Bezirke genutzt werden soll. Was immer auch mit niederschwellig bezeichnet wird, ein Konzept stellt diese Bezeichnung sicher nicht dar. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vor Kurzem hat Barbara Petsch in der „Presse" davon geschrieben, dass Wien zu viele Bühnen hat. Ohne schlüssiges Konzept und sinnvolle, nach Möglichkeit mit allen Betroffenen abgestimmte, Planung wird die Ausweitung der Spielstätten zum Chaos und zum Waterloo von StR Mailath-Pokorny führen. Ohne ein allzu großer Prophet zu sein, traue ich mich heute hier zu sagen, dass die Theaterreform noch viele Opfer unter den Theatermachern fordern wird.

 

Übrigens war einer der Theatermacher im Kabelwerk Hubsi Kramar. Heuer hat er sein 3raum-Anatomietheater im 3. Bezirk in der ehemaligen Veterinäruniversität mit einem dreijährigen Vertrag und einer angekündigten Nutzung von mindestens sieben Jahren gestartet. Ein Zufall, dass sich alles so gut für den Herrn Stadtrat und den Theatermacher getroffen hat.

 

Jetzt zu der spannenden Geschichte, wie die Bürokratie des Rathauses eine Ausgabe von 5 Millionen EUR durchführt. Ein Akt der MA 7 wird am 17.11. angelegt. Das muss ein sehr vorausschauender Beamter und Mitarbeiter der MA 7 sein. Ein Brief wird von „dietheater“ am 20.11. geschrieben. Auf wessen Wunsch, stellt sich die Frage. Das steht allerdings drinnen. Der Brief wird mit dem Eingangsstempel 20.11. abgestempelt. Man müsste bei diesem Aktenstück eigentlich fragen, um welche Uhrzeit der Akt eingelangt ist. Am 21.11. unterschreiben die Buchhaltung und der Herr Stadtrat. Am 21.11. hält der Herr Stadtrat die Pressekonferenz um 10.30 Uhr über die neu bestellten Direktoren ab und erklärt auch, dass 5 Millionen EUR für das Kabelwerk bereitgestellt werden. Am 22.11. zeichnet die MA 5 den Akt ab, und am 23.11. unterzeichnet der Finanzstadtrat Dr Rieder den Akt.

 

Wahrlich ein Meisterstück der Bürokratie und der Geschwindigkeit im Rathaus! Ich wünschte mir, dass Dinge immer so schnell gingen wie bei diesem Akt. Wien würde in der Bürokratie weltmeisterlich sein. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: So schnell arbeiten wir eben!) Na wunderbar.

 

Uns stört nicht die kulturelle Aktivität Kabelwerk, wir begrüßen sie ausdrücklich an diesem Standort, uns stört aber die Vorgangsweise, wie ein Projekt in dieser Größenordnung zustande kommt. Zuruf genügt – wir spielen. Ein Brief reicht anscheinend in dieser Stadt aus, um 5 Millionen EUR zu erhalten, ohne detaillierte Konzepte im Brief zu erklären.

 

Abschließend weise ich auf eine Werbebroschüre des Kabelwerks hin. Dort findet man nämlich kein Wort über eine kulturelle Nutzung dieses Bauprojekts, es sei denn, man subsumiert das unter Freizeiteinrichtungen wie zum Beispiel ein Panoramaschwimmbad. Also hier steht kein Wort davon, und das ist ja doch die Basis des

 

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