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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 108

 

anderen in eine AHS. Oder so wie in dem Beispiel des Herrn GR Gudenus aus Deutschland, wo die Schülerinnen und Schüler in eine Realschule, in ein Gymnasium und in eine so genannte Gesamtschule gehen: Das ist keine Gesamtschule! Gesamtschule heißt: Alle Gleichaltrigen gehen dorthin, Punkt. - So viel einmal zum Einstieg in dieses Thema.

 

Wie Sie alle wissen, sind die GRÜNEN immer schon dafür gewesen und sind sie nach wie vor (GR Mag Wolfgang Jung: Für die Nivellierung nach unten!) für die Einführung einer Gesamtschule. (Beifall bei den GRÜNEN.) Warum? Eine der wesentlichen Aufgaben jedes Schulsystems ist es, Chancengerechtigkeit herzustellen. (GR Dr Wolfgang Aigner: Wenn keiner was kann, das ist gerecht? - GR Mag Wolfgang Jung: Analphabeten kann man nicht ...!)

 

Sehen Sie, ich kann gar nichts dafür: Sie wollen Ihre Inkompetenz richtig hinausschreien in die Welt! (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.) Was soll ich tun? Nichts und niemand kann Sie offensichtlich davon abhalten, sich lächerlich zu machen. Gut, dann machen Sie weiter: Machen Sie sich weiter lächerlich! Aber hindern Sie die anderen nicht daran, eine ernsthafte Gesamtschuldebatte zu führen. (GR Mag Wolfgang Jung: Probieren dürfen Sie es, aber nicht zwangsweise verordnen!) Diese ernsthafte Debatte ist notwendig. Denn es geht nicht nur darum: Wird eine Gesamtschule tatsächlich eingeführt?, sondern es geht auch darum zu sagen: Wie soll sie aussehen, damit sie zu einem Erfolg wird? Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns.

 

Die GRÜNEN wollen Chancengerechtigkeit herstellen. Wir sind der Meinung, dass die Gesamtschule dazu ein gutes Mittel und vom System her das einzige Mittel ist, das sich anbietet. Wieso geht es gerade in Österreich so besonders um diese Chancengerechtigkeit? Nun, nicht erst PISA, aber PISA ganz prominent hat festgestellt, dass die Leistungen der Schüler und Schülerinnen in Österreich ganz stark abhängen von der familiären Herkunft der Schülerinnen und Schüler. Es hat sich herausgestellt, dass - wie kaum in einem anderen europäischen Land - bei uns ganz speziell Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien von der Schule noch weiter benachteiligt werden. Das heißt, die Benachteiligung wird faktisch durch die Schule noch weiter ausgebaut.

 

Wenn wir in diesem Zusammenhang schauen, wie das in anderen Ländern aussieht, dann müssen wir zu unserer Schande eingestehen, dass es Länder gibt - darunter auch Finnland -, in denen dieser Zusammenhang nicht besteht, dass es Länder gibt, in denen die Leistungen von Kindern aus sozioökonomisch schwachen Haushalten durchaus genauso gut sind wie jene der Kinder aus Familien, in denen eine hohe Bildung und viel Geld vorzufinden sind. Das heißt, wir haben den Auftrag, dies auszugleichen und ein Schulsystem zu installieren, das diese Unterschiede ausgleicht und diesen Kindern Chancengerechtigkeit verschafft. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir uns jetzt anschauen: Welche Argumente kommen denn zuallererst immer gegen die Gesamtschule?, ist da ein Argument, das ich gar nicht akzeptiere und aus ganzem Herzen ablehne, und ein anderes, über das ich sage: Da bedarf es der Aufklärungsarbeit, des Gesprächs und des Dialogs unter Einladung der Eltern, der LehrerInnen und so weiter und so fort.

 

Zunächst einmal zu dem Argument, das ich ablehne. Es lautet: Wir, die Bildungselite oder auch die Reichen und Schönen dieses Landes, wollen unter uns bleiben. Es soll schön kulturell homogen sein. Wir wollen nicht, dass uns die Kinder der Hilfshackler und weiß der Teufel, was, in unseren Kreisen stören. - Das ist überheblich, menschenfeindlich, ungerecht, unappetitlich und gemein. Ich könnte jetzt noch einige Worte dazu finden. Ich finde, dieses Argument muss in seine Schranken gewiesen werden, und das darf man so nicht gelten lassen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das zweite Argument ist eines, das ich nur ablehne, wenn es jemand aus Überheblichkeit und Dünkel heraus formuliert, das ich aber nicht ablehne, wenn es ernst gemeint ist und einer echten Sorge Ausdruck verleiht. Das ist das Argument, dass die Kinder, die angeblich über weniger Intelligenz, Bildungshintergrund in den Familien verfügen, unsere Kinder hinunterziehen werden. Das heißt, das Bildungsniveau wird angeblich durch die Einführung einer Gesamtschule insgesamt gesenkt.

 

Es stimmt nicht, es ist ein Vorurteil! Aber trotzdem muss man dieses Argument zumindest insoweit aufnehmen, als man meiner Meinung nach eine große Diskussion führt und eine Aufklärungskampagne in Bewegung setzt, um zu zeigen, dass dem so nicht ist. Ich kann Ihnen auch eine Studie empfehlen, von einer Frau Mag Schneeweis von der Universität Linz, die anhand der PISA-Ergebnisse ganz genau nachweist, dass die schwachen Schülerinnen und Schüler die starken Schülerinnen und Schüler in keinster Weise bildungsniveaumäßig nach unten ziehen. Dieses Argument ist falsch und wissenschaftlich nicht haltbar. (GR Mag Wolfgang Jung: Sagen Sie! Weil Sie nichts anderes anerkennen!)

 

Diesbezüglich muss man tatsächlich mit den Eltern, mit den Schülerinnen und Schülern, mit den Lehrerinnen und Lehrern einen Dialog führen und Dinge klarmachen, die derzeit womöglich falsch in den Köpfen der Menschen verankert sind. Dazu stehe ich. (GR Dr Wolfgang Aigner: Wenn Sie meinen, dass das falsch ist ... nicht das, was Sie wollen!)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gestehe auch ein, dass mich derzeit die SPÖ maximal verwirrt und dass ich hoffe, das Ganze findet ein gutes Ende. Wir haben einmal ein Regierungsübereinkommen, in dem das Wort Gesamtschule nicht drinsteht. Das ist irgendwie ein verschwommenes Wischiwaschi, wo man nur das Beste hoffen kann, wenn man eine Gesamtschule will, aber herauslesen kann man es eigentlich nicht. Gut, das ist von Ihnen wahrscheinlich nicht so gewollt gewesen, ich kenne natürlich Ihren Regierungspartner. Aber da ist es jedenfalls ganz verschwommen.

 

Auf dieser verschwommenen Basis blieb es bis zu dem Tag, an dem StRin Laska erklärt hat: Wir machen in

 

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