«  1  »

 

Gemeinderat, 29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 104 von 117

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Hufnagl. Ich erteile es ihm.

 

GR Heinz Hufnagl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Auch wenn zwei Oppositionsparteien offensichtlich zum Klimaprogramm jetzt nicht massive Kritik anbringen wollen und sich verschweigen, möchte ich im Ansinnen des weltweiten Klimagipfels in Bali doch einige wenige grundsätzliche Gedanken anfügen.

 

Die unleugbare Tatsache des durch Menschen verursachten Klimawandels, sprich, der beträchtlichen Erderwärmung verbunden mit Katastrophenwetter und Wetterkatastrophen, wurde vielerorts bis dato nicht wirklich und nur sehr zögerlich aufgenommen. Unbegreiflicherweise haben etliche Regierungen und beileibe nicht nur die Kyoto-Protokoll-Verweigerer die alarmierenden Fakten nicht wirklich realisiert, geschweige denn überfällige Gegenmaßnahmen gesteuert.

 

Wien war und ist auch hier bei diesem wichtigen und bedeutenden Thema gleichermaßen anders. Nach einem intensiven Diskussionsprozess mit internen und externen Experten haben wir schon am 5.11.1999 mit breiter Mehrheit, nur gegen die Stimmen der FPÖ, ein umfassendes interdisziplinäres, alle Geschäftsgruppen übergreifendes Klimaschutzprogramm beschlossen und damit das KliP Wien als besonderes Markenzeichen in die Welt gesetzt. (GR Mag Wolfgang Gerstl: Heute machen wir eine Vorlesung!) In den Handlungsfeldern Energieerzeugung und Vertrieb, Mobilität, Wohnen, Stadterneuerung und Abfallwirtschaft und schlussendlich bestmöglicher Ökologisierung der Wiener Betriebe wurden 36 Maßnahmenprogramme definiert, die mit 200 konkreten Einzelmaßnahmen helfen, dass wir hier die Treibhausgase, insbesondere das CO2, massiv senken können.

 

Zur weisungsfreien kritischen Begleitung des KliP Wien wurde schon, wie im Programm selbst festgeschrieben, die unabhängige Klimaschutzkoordinationsstelle geschaffen. Diese beauftragte mit den beiden ersten Evaluierungsberichten ihre eigenen Mitarbeiter und hat nunmehr die österreichische Energieagentur gebeten, für 1999 bis 2006 einen umfassenden Klimaschutzbericht zu erstellen, der, nochmals aktualisiert, nunmehr dem Gemeinderat zur Bewertung und schlussendlich Kenntnisnahme vorliegt.

 

Was sind nun die wichtigsten Erkenntnisse dieser international anerkannten Expertenorganisation? Zuvorderst, und das ist ganz entscheidend, alle 36 Maßnahmenprogramme sind konkret auf Schiene gegangen und haben einen äußerst hohen Umsetzungsgrad erreicht. Fünf Programme wurden schon 2005 mit dem angestrebten Ziel verwirklicht, obwohl das KliP bekanntlich bis 2010 dimensioniert ist.

 

Die Wiener Stadtpolitik hat im engen Schulterschluss mit der Bevölkerung eine jährliche CO2-Vermeidung von 2,6 Millionen Tonnen gegenüber 1990 und damit dem Ausgangsjahr aller Berechnungen erzielt.

 

Seit dem Beschluss des Klimaschutzprogramms wurden klimawirksame Investitionsmaßnahmen von rund 8 Milliarden EUR ausgelöst und damit verbundene Wertschöpfungseffekte mit einem doppelten Höhenvolumen erzielt.

 

Schlussendlich wird der beschäftigungspolitische Effekt des KliP von der Energieagentur mit 42 000 Vollzeitarbeitsplätzen beziffert.

 

Meine Damen und Herren, wenn man sich das Schicksal vieler politischer Programme mancherorts vor Augen hält, kann man ohne Zweifel sagen, das KliP Wien ist kein Programm für Sonntagsreden oder gar für die Schublade. Mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der es vorbereitet und entwickelt wurde, wird es Schritt für Schritt, Maßnahme für Maßnahme, Jahr für Jahr verwirklicht. Daher liegt Wien beim Einsparungspotenzial und Vermeidungspotenzial von Kohlendioxid zusammen mit Vorarlberg an der Spitze der österreichischen Klimastatistik, weit vor sämtlichen Flächenbundesländern. Wir haben uns einfach mehr angestrengt. Das ermutigende Ergebnis als erfolgreichstes Bundesland liegt jetzt vor uns und ermutigt uns zu weiteren Aktivitäten. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ohne uns zurückzulehnen oder gar selbstgefällig zu werden, können wir getreu dem Motto „global denken, lokal handeln" feststellen, Wien ist am besten Weg, von der Umweltmusterstadt zu einem national wie international anerkannten Klimavorbild zu werden, eine Tatsache, die uns mit Genugtuung erfüllt und noch mehr Ansporn für die nächsten Aufgaben schafft. Die sind in der Tat umfangreich und harren einer raschen Verwirklichung. So sehr das KliP in der generellen Umsetzung durchaus zufriedenstellend unterwegs ist, gibt es in den Großbereichen Verkehr und Energieversorgung Nachbesserungsbedarf, haben doch die ungebrochen rasant steigenden Mobilitäts- und Energiebedürfnisse der Menschen, aber auch neue internationale Entwicklungen wie die Liberalisierung sämtlicher Energiemärkte und die ständig wachsenden Transitströme, die ursprünglichen Einschätzungen und Prognosen konterkariert und Reduktionserfolge in anderen Bereichen im Gesamtergebnis geschmälert, teilweise unwirksam werden lassen.

 

Daher war es richtig, dass wir im vergangenen Jahr neben dem Energiekonzept ein Energieeffizienzprogramm beschlossen haben, das nunmehr für Vorgangssicherheit in einem Masterplan sorgen wird. Dieser wird schon verwirklicht und mit in Verwirklichung befindlichen alternativen Energien wie dem Biomassewaldkraftwerk und der Biogasanlage in Simmering, neuen Wasserkraftwerken von Wien Energie, neuen Windparkanlagen in Unterlaa, in Mürzzuschlag, in Niederösterreich, aber selbst in Ungarn und erst recht der thermischen Wohnhaussanierung THEWOSAN, dem weiteren Fernwärmeausbau, der Fotovoltaik und Passivhaus-Technologie, noch mehr Gewicht verleihen. Begleitet werden diese zahlreichen Aktivitäten von ständig steigender Brennstoffausnützung und damit eines verbesserten Wirkungsgrades in allen diesen Wiener Kraftwerken.

 

Aber auch beim Kapitel „Verkehr in Wien" gibt es Erfreuliches, gepaart mit zusätzlichen Herausforderungen, zu berichten. Während viele andere Metropolen den

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular