Gemeinderat,
38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 106
man einfach Wertediskussion mit Spielregeln verwechselt, das ist nämlich die Gefahr. Spielregeln gelten für alle, und ich bin schon des Öfteren Zeugin geworden, dass auf einmal Spielregeln zu Werten hinauf lizitiert werden, und das macht auch wenig Sinn.
Sehr geehrte Damen und Herren, in der Fragestunde gab
es unter anderem auch die Diskussion, kann die Stadt Wien von anderen Städten
etwas lernen, unter anderem von Graz. Ja, die Stadt Wien kann natürlich auch in
Sachen Integration noch einiges von anderen Städten lernen, zum Beispiel von
Duisburg, wo vergangenen Sonntag die größte Moschee Deutschlands feierlich
eröffnet wurde, ohne Krawalle, ohne Proteste. So weit sind wir leider in Wien
noch nicht, (GR DDr Eduard Schock: Gott sei Dank sind wir noch nicht so
weit!) weil es bei uns noch immer Gruppen gibt, die zum Kampf gegen den
Islam aufgerufen haben.
Bringen Sie sich ein in unsere Gesellschaft, hat der
Ministerpräsident von Nordrein-Westfalen Jürgen Rüttgers bei der Eröffnung
gesagt. Und er hat noch weiter gesagt: Angesichts der Anzahl von Muslimen in
Nordrein-Westfalen müssen noch viele Moscheen gebaut werden.
Sehen Sie, Herr Klubobmann, es geht auch anders. Und
vielleicht zu Ihrer Information, Herr Rüttgers kommt von der CDU. Das ist die
Partei mit dem Wort christlich im Namen.
Aber bleiben wir in Wien. Die Stadt Wien sagt Ja zur
Zuwanderung. Dass unsere Stadt im Jahr 2030 über 2 Millionen Einwohner haben
wird, das ist zu einem Großteil auf die Zuwanderung zurückzuführen, und
40 Prozent jener Menschen, die nach Österreich zuwandern werden, werden
sich in Wien ansiedeln. Und, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, wer das
nicht will, kann sich auf den Kopf stellen, kann den Austritt aus der EU
fordern oder den Anschluss an Nordkorea, dort gibt es nämlich null Zuwanderung,
allerdings weil niemand dort hin will.
Ein Zustand, den wir wahrscheinlich in Wien hätten,
hätten Sie etwas zu sagen. Wir in Wien wollen, dass ZuwanderInnen so rasch wie
möglich ihre Fähigkeiten für unsere Stadt einsetzen können. 20 Prozent der
ZuwanderInnen verfügen über einen Hochschulabschluss, 30 Prozent haben
Matura. Je eher sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren, desto besser ist es
für die Stadt und für die Betroffenen selbst, je eher sie sich in Wien heimisch
fühlen, desto besser für alle. Und je eher ZuwanderInnen wissen, wie das Leben
in Wien funktioniert, desto besser für alle.
Deshalb hat Integrationsstadträtin Sandra
Frauenberger die Niederlassungs-Begleitungsstadt Wien erarbeiten lassen. Die
Stadt Wien bietet ZuwanderInnen eine Erstberatung und ein Sondierungsgespräch,
und zwar in einer Sprache, die sie auch verstehen. Bei diesem Gespräch werden
die nächsten Schritte gemeinsam festgelegt, und hier wird auch Vertrauen zu den
Behörden aufgebaut. Und, Herr Kollege, es ist falsch, dass Türkisch-Dolmetscher
dort herum sitzen und warten, dass jemand kommt. So ist es auch nicht berichtet
worden. Es gibt, Gott sei Dank, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der MA 17,
die zweisprachig sind, die sowohl Deutsch und Türkisch oder Serbisch oder
Kroatisch sprechen. Den Zuwanderern mit diesen Sprachen als Muttersprache kann
man sofort dieses Angebot zur Verfügung stellen. Für alle anderen Sprachen muss
ein neuer Termin gefunden werden, weil wir nicht alle Sprachen immer sofort zur
Verfügung haben.
Aber das ist nicht so, dass da in irgendwelchen
Zimmern irgendwelche Leute, Dolmetscher, herumlungern und warten, ob jemand ein
Beratungsgespräch in türkischer Sprache braucht, (GR Dr Herbert Madejski: Ja, lungern!) das ist nicht der Fall. Es
gibt weiters bei der Stadt Wien Informationsmodule, von Rechtsinformation bis
zum Wohnungswesen. Sie legen es aus als „Wie kriege ich eine Gemeindewohnung".
Das stimmt so nicht.
Wohnungswesen ist etwas ganz anderes. Das ist eine
Beratung, wie ich in Wien eine Wohnung finden kann beziehungsweise was sind
meine Möglichkeiten, was ist das Angebot dieser Stadt. Und ich glaube, darauf
haben alle Menschen ein Recht. (GR Dr
Herbert Madejski: Glaube ich nicht!)
Und all jene, die in der Stadt, wie Klubobfrau
Vassilakou gemeint hat, neu sind und besonders unsicher sind, die bekommen
diese Beratung auch in der Muttersprache. Und ich glaube, das steht ihnen zu. (GR Dr Herbert Madejski: Nein!) Und es
steht ihnen zu, weil sie sich auch durch ihre Zuwanderung in unsere Stadt
integrieren wollen, am Arbeitsmarkt integrieren wollen. Und da muss man sie
dazu ... (GR Dr Herbert Madejski: Das steht ihnen überhaupt nicht zu!)
Und das sind auch jene Menschen, die sich früher oder später für dieses Land
und die Staatsbürgerschaft entscheiden. Ja, das sind unsere - zum Großteil,
nicht alle - zukünftigen Mitbürgerinnen und Mitbürger. (Beifall bei der SPÖ.
– GR Dr Herbert Madejski: Schauen Sie in einen Gemeindebau!)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe eingangs das
hohe Bildungsniveau der ZuwanderInnen betont. Diesen gut ausgebildeten
ZuwanderInnen stehen aber 30 Prozent schlecht ausgebildete gegenüber. Oft
handelt es sich um Frauen aus ländlichen Gebieten, die ins urbane Wien kommen.
Diese Personen brauchen spezielle und auf sie ausgerichtete, ausgeweitete
Integrationsangebote, damit sie sich schneller ins Arbeitsleben integrieren
können, (GR Dr Herbert Madejski: Die
bleiben ja zu Hause!) damit sie sich eine Existenz unabhängig vom
Ehepartner aufbauen können, damit sie eben das, was Sie immer schon so fordern,
ihre Unabhängigkeit nämlich, erlangen können. Dazu brauchen diese Menschen eben
ausgeweitete Integrationsangebote.
Und was alle Zuwanderinnen und Zuwanderer gemeinsam
haben, ist, dass sie eine gute Ausbildung für ihre Kinder wollen. Daher ist die
Einführung des verpflichtenden letzten Kindergartenjahres oder Vorschuljahres
ein sehr wichtiger Schritt zu mehr Bildung, und damit zu Karrierechancen der
nach Österreich zugewanderten MitbürgerInnen.
In der Präambel der
Start-in-Wien-Broschüre steht ein Satz, der immer wieder betont werden muss. Da
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular