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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 106

 

auszutragen - mag das bei Männern auch etwas Sportliches sein und etwas, woran man Spaß hat -, hat auch noch nie Probleme gelöst. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich finde es wirklich als ein Vorbild von Klubobfrau Vassilakou, dass sie sich dieses Themas sehr verantwortungsvoll und sehr lösungsorientiert angenommen hat.

 

Ich würde gerne - ich werde mich sehr bemühen - ein bisschen mehr Sachlichkeit hereinbringen und möchte auch zum Geschäftsstück zurückkommen. Ich bin der Meinung, weder das Verhetzen und das Schlechtreden noch das Bejubeln und das Toll-Machen hilft den Menschen, die draußen im Miteinander wirklich tagtäglich auf Probleme stoßen, die sie teilweise überfordern und an ihre Grenzen bringen. Einerseits sind das besorgte oder manchmal auch verunsicherte Inländer, aber genauso sind es Migrantinnen und Migranten, die Hilfe und Unterstützung brauchen.

 

An dieser Stelle möchte ich Frau Yilmaz - sie ist jetzt, glaube ich, nicht da (GRin Nurten Yilmaz, hinter den Sitzreihen stehend: Ich bin da!) - Folgendes sagen: Ich finde es schade, dass Sie das Thema Hausordnung einfach ein bisschen lächerlich gemacht haben.

 

Genauso schade finde ich es, dass Frau Matiasek meint, Migration ist eine Einbahnstraße nur für die Migranten. Denn die ÖVP ist der Meinung, dass Integration eine Zweibahnstraße ist. Es braucht jedenfalls die Anstrengungen jener Menschen, die hier in unserer Stadt ein neues Zuhause finden wollen, und genauso muss diese Stadt Rahmenbedingungen schaffen, die diese Integration und ihren Platz auch wirklich ermöglichen. (GR Dr Herbert Madejski: Genau das hat sie ja gesagt: die Stadt, aber nicht die Wiener! Die Stadt, aber nicht die Bevölkerung! Genau das hat sie gesagt, unmissverständlich!) Hier ist Kanada - auch das hat Frau Vassilakou gesagt - wirklich ein gutes Beispiel.

 

Die ÖVP ist ganz sicher nicht generell gegen ein vernünftiges Budget für Inte-grationsmaßnahmen und schon gar nicht gegen Sprachkurse. Was uns aber fehlt, ist der gesamtheitliche Ansatz, die Bereitschaft, diese Materie einfach auch über Ressortgrenzen hinweg zu behandeln und umfassende Lösungsansätze zu finden. Man kann es nicht oft genug betonen: Integration ist eine Querschnittsmaterie! Wichtig ist dabei zum Beispiel die Bildung, es geht aber auch über sehr praktische Fragen, alltägliche Fragen, über die Erwerbssituation bis hin zur Wohnungspolitik in dieser Stadt. Ich möchte der Stadt nicht den guten Willen absprechen, aber diesen konkret gesamtheitlichen Ansatz, der ja alle oder viele Ressorts betrifft, sehen wir einfach nicht, und der fehlt uns noch. (Beifall von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten der ÖVP. – GR Prof Harry Kopietz: Ein dürftiger Applaus!)

 

Wir sehen sehr wohl, dass in dem Paket „Start Wien" einige Zielsetzungen durchaus positiv sind. Es gibt einige begrüßenswerte Punkte wie zum Beispiel die im Paket enthaltene Feststellung - und die dürfte Ihnen entgangen sein -, dass das Erlernen der deutschen Sprache eine der Hauptvoraussetzungen einer gelungenen Integration ist.

 

Es gibt auch positive Entwicklungen im Bereich der Sprachangebote. Zum Beispiel die Kurse „Mama lernt Deutsch" waren ursprünglich eine Initiative der ÖVP und hatten ihren Beginn in der Hauptschule in der Brüßlgasse. Diese Kurse haben grundsätzlich ein sehr sinnvolles Ziel, nämlich niederschwellig Eltern, Migrantinnen und Migranten, vorrangig die Mütter, zu erreichen, die die deutsche Sprache lernen wollen und dies im Kindergarten oder in der Schule tun können. Aber auch gute Kurse wirken nicht oder nur begrenzt, wenn ein Gutteil jener Menschen, für die dieses Programm gedacht ist, gar nicht erreicht wird, wenn nachweislich ein beachtlicher Teil der Kinder mit Migrationshintergrund gar nicht in vorschulischen Einrichtungen untergebracht ist und auf die Schullaufbahn vorbereitet wird.

 

Kollegin Yilmaz hat auch die Sprachförderung für die Fünfjährigen angesprochen - durchaus ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber was hilft das, wenn jene fünfjährigen Kinder, bei denen ein spezieller Sprachförderbedarf festgestellt wurde, dann gar keinen Platz in einem Kindergarten bekommen, sondern erst recht nur dreimal in der Woche in Fördergruppen zusammengefasst werden, wo sie wieder nur Kinder mit schlechten Sprachkenntnissen um sich haben, die sich gegenseitig keine Sprachvorbilder sein können? Da ist einfach nicht weit genug vorausgedacht worden.

 

Solange es noch immer Kinder und Jugendliche in dieser Stadt gibt, die in Wien geboren sind und am Ende ihrer Schullaufbahn bei ihrer Berufswahl Probleme haben, weil ihre Sprachkenntnisse mangelhaft sind, können wir nicht von gelungener Integrationspolitik reden. (Beifall bei der ÖVP.) Und solange es in den Schulen noch immer eine so hohe Drop-out-Quote gibt - und das ist Realität -, es noch immer eine hohe Quote von Jugendlichen mit Migrationshintergrund gibt, die die Schule nicht abschließen, können wir nicht von gelungener Integrationspolitik reden.

 

Damit ich hier nicht missverstanden werde: Das ist sicherlich nicht die Schuld der Jugendlichen. In diesen Fällen hat die Integrationspolitik und auch die Bildungspolitik in dieser Stadt versagt!

 

Warum ist das so? Wieso fallen noch immer Schüler und Schülerinnen aus dem Regelschulwesen? Was läuft da schief? Was muss an begleitenden, erweiternden Maßnahmen da noch getan werden? All diese Fragen hängen mit Integration zusammen. Hier Zusatzinstrumente zu kreieren, damit die Jugendlichen gar nicht erst aus dem Regelschulwesen herausfallen, würde sehr viel mehr bringen und wäre im Übrigen auch eine Investition in die Zukunft.

 

Ganz sicher sind die heute beschlossenen Sprachangebote ein Schritt in die richtige Richtung. Aber woher wissen wir, ob die Migrantinnen und Migranten auch erreicht werden? 50 Prozent - das ist angeblich die Quote, die erreicht werden kann - sind da einfach zu wenig. Es muss das Ziel sein, alle Migrantinnen und Migranten zu erreichen.

 

Ein letzter Punkt, der heute relativ wenig - außer in der Rede von Frau Vassilakou - angesprochen wurde und über den ich noch sprechen möchte, sind die

 

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