Gemeinderat, 3. Sitzung vom 15.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 56
auch andere Zahlen – ist einfach die Art und Weise, die ökologisch wirklich am nachteiligsten ist. Das sehen auch alle Ökobilanzen so, in welche der gesamte Lebenszyklus eines solchen Produkts mit einfließt.
Ein Beispiel möchte ich noch erläutern, weil ich diese Zahlen besonders beeindruckend gefunden habe: In Wien wurden im Jahr 2006 80 Millionen 1,5 l PET-Einwegflaschen Mineralwasser verkauft. Für deren Herstellung benötigt man 5 100 t Erdöl. Würden wir darauf verzichten und die gleiche Menge Mineralwasser in Mehrwegflaschen abgeben, dann könnten wir 4 200 t Erdöl einsparen! – Wenn wir andererseits in ganz Wien nur mehr Einwegmineralwasserflaschen verkaufen würden, dann ergäbe das zusätzliche 68 t Abfall.
Das ist wirklich ein ganz wesentlicher Faktor! Ich bin ja schon seit einer sehr langen Zeit im Bereich der Umweltpolitik tätig, und seitdem beschäftigt mich auch dieses Thema Einweg oder Mehrweg auf Bundesebene. Dort gibt es diese so genannte freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft, die meiner Meinung nach das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht. Seit es nämlich diese Vereinbarung gibt, sind die Zahlen im Mehrwegbereich wirklich absolut in den Keller gesunken. Hätten wir nicht die Gastronomie, wo es sozusagen aus kulturtechnischen Gründen in Österreich nicht akzeptiert wird, dass man Plastikflaschen auf den Tisch stellt, sondern die Leute, wenn sie essen gehen, ihre Getränke immer noch aus Mehrweggebinden konsumieren wollen, dann wären wir, wie ich glaube, mittlerweile bei null Prozent angelangt. Für mich ist diese Entwicklung überhaupt nicht akzeptabel!
Aus eigener Erfahrung als Konsumentin im Supermarkt kann ich sagen: Man braucht ja fast schon ein abgeschlossenes Hochschulstudium, um beim Billa oder Merkur erkennen zu können, welche Flasche eine Einwegflasche und welche eine Mehrwegfalsche ist. PET-Einweg und PET-Mehrweg lassen sich nicht wahnsinnig leicht voneinander unterscheiden. Daher wäre es eine wirklich ganz wichtige Forderung, dass es einmal eine eindeutige Kennzeichnung gibt. Das wäre ein wichtiger Schritt, weil nicht alle Konsumenten stundenlang Zeit haben, um vor dem Regal zu stehen und darüber zu philosophieren, was jetzt eine Einweg- und was eine Mehrwegflasche ist.
Darüber hinaus glaube ich, dass es ohne eine verpflichtende Quotenregelung in diesem Bereich nicht gehen wird. Der Umweltminister hätte diese Möglichkeit. Es hat vermutlich schon zehn diesbezügliche Beschlüsse gegeben. Vor Kurzem hat es erst einen Beschluss der Landesumweltreferentenkonferenz gegeben, übrigens einen einstimmigen Beschluss über alle Fraktionen hinweg. Alle Landesumweltreferenten haben gesagt, dass es endlich eine verpflichtende Regelung in diesem Bereich geben muss und man diesem Todeskampf der Mehrwegflasche nicht länger tatenlos zusehen kann.
Es hat dann eine Arbeitsgruppe gegeben, aber leider – wie ich jetzt gehört habe – mit keinem Ergebnis, weil es immer wieder von Seiten der Wirtschaftskammer ganz massive Widerstände gibt. – Ich persönlich verstehe nicht, warum! Die MA 22 hat gemeinsam mit den Salzburgern eine sehr gute Studie erstellt, in der wir verschiedene Modelle, etwa auch in skandinavischen Ländern, analysiert und uns angeschaut haben, welche Vorteile es bringt und wie man solche Pfandmodelle aufkommensneutral gestalten kann, ohne die Konsumenten zusätzlich zu belasten.
Es gibt da wirklich eine ganz große Reihe an sehr guten Vorschlägen! Ich kann nur sagen, dass ich mich weiterhin dafür einsetzen werde. Wir als Stadt Wien haben auch eine Verordnung beim Höchstgericht geklagt und haben damit auch recht bekommen. Wir werden an diesem Thema wirklich dranbleiben!
Wenn man das gesamte Thema Klimaschutz ernst nimmt, dann sind natürlich die gesamten diesbezüglichen Belastungen und vor allem eine wirklich substantielle CO2-Emission auch in diesem Bereich entsprechend zu verhindern. Wir alle wissen, wie schwierig es ohnehin ist, Klimaschutzmaßnahmen zu treffen, die effizient sind und positive Effekte haben. Ich glaube, gerade bei Mehrweg könnten wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wir würden einerseits das Abfallvolumen reduzieren und andererseits positive Klimaschutzeffekte erzielen können. Das wäre also eine Win-win-Situation, und daher kann ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen, warum man sich teilweise partout dagegenstellt!
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der Frage. Die 1. Zusatzfrage wird von GR Mag Maresch gestellt. – Bitte.
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Welche Möglichkeiten haben Sie oder die Stadtregierung, auf der Appellebene in Wien mit den Handelsriesen in diese Richtung etwas auszumachen, dass sich etwas in Richtung Mehrweg bewegt?
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Wir haben diese Studie erstellt und haben seitdem auch etliche Gespräche geführt. Klar ist aber leider, dass es eine einheitliche Regelung auf Bundesebene geben muss.
Wir haben in unserem eigenen Wirkungsbereich – wie ich am Anfang erläutert habe – mit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes versucht, wirklich alle Spielräume für die Großveranstaltungen maximal auszunutzen. Wir haben schon vor einigen Jahren unser Pfand- und Mehrwegbechersystem eingeführt. Auch das ist jetzt eine wichtige Form des Mehrwegs, denn etwa bei einer Festveranstaltung auf dem Rathausplatz würde theoretisch schon eine ganz schöne Menge zusammenkommen! Mittlerweile werden diese Mehrwegbecher schon auf allen größeren Veranstaltungen freiwillig eingesetzt, und aber 1. Jänner wird das verpflichtend sein.
Darüber hinaus wird man, wie ich meine, trotzdem auch auf politischer Ebene noch Vorstöße machen müssen. Ich glaube, wie gesagt, dass es sehr viele gute Argumente und auch Zahlen gibt. Was mich dabei persönlich wirklich ein bisschen trifft, ist, dass wir bei dieser Mehrwegdiskussionsebene wiederum fast bei null anfangen müssen. In der letzten Sitzung, an der ich teilgenommen habe, haben die Vertreter des Umweltministeriums – und das hat mich besonders schockiert – gesagt,
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