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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 100

 

sollten vor allem darüber sprechen, von wo der Strom herkommen kann, weil da der Konsens dann nicht mehr so eindeutig ist. Vor allem, ich wiederhole es noch einmal, weil auch Kohlekraftwerke, die die Stromquelle Nummer 1 auf der Welt sind, auch mit einer Reihe substanzieller Probleme behaftet sind. Und um das Problem, vor dem wir stehen, noch weiter zuzuspitzen: Eine Milliarde Menschen hat derzeit überhaupt keinen Zugang zu Energie und in den nächsten 20 bis 25 Jahren kommen weitere zwei Milliarden Menschen auf der Erde dazu. Und es ist schlicht und einfach undenkbar, und jetzt komme ich nach Wien, dass die Menge an Energie, die wir verbrauchen, an Strom, an Öl und auch an importiertem Strom, diese Intensität an Energieverbrauch nur irgendwie ein Weltmodell sein kann, an dem man sich orientieren kann. Würde die Welt im Durchschnitt ein Drittel des Energieverbrauchs haben, den ein durchschnittlicher Wiener Haushalt hat, mit dem Aufbringungsmix, den wir in Europa haben, dann haben wir nicht genug fossile Brennstoffe und wenn wir sie hätten, wäre die Klimakatastrophe da. Das heißt, es geht nicht nur um ein neues Energiesystem, es geht um ein neues System: Wie schaut unsere Industriegesellschaft aus? Wie konsumieren wir? Wie organisieren wir unseren Verkehr? Wie ändern wir ein Industriesystem, das 200 Jahre gewachsen ist, ich sage immer, nach der fossilen, industriellen Revolution? Das ist eine gewaltige Herausforderung und ich glaube, dass sich manche nicht darüber im Klaren sind, wie gewaltig diese Herausforderung ist, denn eines glaub’ ich nicht, dass geht, selbst wenn wir bei erneuerbaren Energien Vollgas geben, und ich habe meine Zweifel, dass das alle wollen, und der Stromverbrauch wächst weiter wie bisher, dann ist das ein Wettlauf zwischen Hase und Igel. Fragen Sie einmal, um auf den Konsumstil zu sprechen zu kommen, in Ihrer Verwandtschaft oder Ihre Bekannten: „Sag einmal, wie viel Strom brauchst denn du ungefähr? Sag’s mir in Kilowattstunden, ungefähr wie viel Kilowattstunden glaubst du, brauchst du im Haushalt?“ Hier herinnen werden es einige wissen. Meine Erfahrung ist, 9 von 10 wissen es nicht. Wenn du sagst „Na was sind denn die Hauptverbraucher in deinem Haushalt?“ 9 von 10 wissen es nicht. Strom kommt aus der Steckdose, ist unsichtbar, hat nicht den „Vorteil“ von Müll, wenn er herumliegt, dass er stinkt und hässlich ist. Man sorgt sich nicht darum.

 

Und wir brauchen eine neue Energiekultur, die vor allem einmal mit einem aufräumt und eines ändert: Dass auch in Österreich, wo wir ohnehin schon im Weltmaßstab ganz weit oben im Energieverbrauch sind, der Stromverbrauch wächst und wächst. Und, meine Damen und Herren, die letzten 15 Jahre heißt das, dass der erneuerbare Anteil Jahr für Jahr gesunken ist und, ja, auch im österreichischen Netz ist Atomenergie. Die Frage ist also erstens: Haben wir den Mut und die politische Kraft, eine kulturelle Änderung hervorzurufen, die dazu führt, dass der Stromverbrauch nicht weiter wächst? Antwort: Das geht. 9 von 10 Wiener Haushalten könnten, wenn das ein Thema wäre, mit unglaublich wenig Aufwand den Stromverbrauch zumindest um jenen Anteil, der im Wiener Netz Atomstrom ist, das sind in etwa 10 Prozent, senken. Probieren Sie es einfach selber aus! Und dann kommt erst die Politik ins Spiel. Ich sage Ihnen nur zwei Beispiele und Sie merken gleich, wie das im ersten Augenblick für manche lächerlich klingt: 2 Hauptstromverbraucher im Haushalt, ich beziehe mich jetzt auf den Haushalt, sind die Waschmaschine und der Geschirrspüler. Wofür brauchen die so viel Strom? Die brauchen so viel Strom, um Wasser von 15 Grad auf 30, 40 oder 60 Grad zu erhitzen. Das kann man mit Strom machen, wie 99 Prozent der Geräte, oder das kann man mit Solarenergie, mit Abwärme, mit Niedrigenergie machen. In welchen Wiener Haushalten haben wir diese getrennten Anschlüsse? In gar keinem! Wer fragt bei einer Maschine nach, ob es diese Dinge hat? Keiner!

 

Was ich damit sagen will, ist: Wir sind überhaupt nicht darauf vorbereitet! Wir sagen, der Stromverbrauch wird weiterhin wachsen. Meine Damen und Herren, das geht nicht! Und diese Aktuelle Stunde soll Folgendes zeigen und ich bin froh, dass der Herr Bürgermeister dem auch ein entsprechendes Gewicht gibt: Energie gibt es mehr als genug auf der Welt. Die Sonne strahlt das 18 000-Fache des Weltenergieverbrauchs auf die Erde ein. Irrsinnig viele Technologien zeigen, dass es möglich ist, sie zu nutzen. Und wo die Rahmenbedingungen stimmen, wie zum Beispiel in Deutschland beim erneuerbaren Energiegesetz, das wirklich finanzielle Anreize für Wind und für Solar setzt, dort boomt die Windenergie, dort boomt die Stromerzeugung aus der Sonne.

 

Und hier muss ich meine Kritik, meine konstruktive Kritik an ÖVP und Sozialdemokratie äußern. Obwohl dieses erneuerbare Energiegesetz in Deutschland seit vielen, vielen Jahren zeigt, dass es möglich ist, das zu fördern - meine Damen und Herren, in Deutschland gibt es pro Kopf mehr als das Zehnfache an Stromerzeugung aus der Sonne wie in Österreich nur deswegen, weil die Bundesrahmenbedingungen stimmen. In Österreich hat sich in einer unheiligen Allianz die Industriellenvereinigung, die die ÖVP massiv beeinflusst und leider auch die Arbeiterkammer, die die Sozialdemokratie massiv beeinflusst, gesagt: Das Ziel ist billiger Strom. Alles, was billig ist, dem stimmen wir zu. Und deswegen gibt es bis heute kein attraktives Stromeinspeisegesetz, das die Rahmenbedingungen schafft, dass auch erneuerbare Energieträger, erneuerbare Stromversorgung boomen können. Das ist grundfalsch! Es nützt nichts zu sagen, ich bin gegen Atom, aber der möglichst billige Stromverbrauch muss her.

 

Drum abschließend ein Bild zum Thema billig. Man kann statt eine Wasserleitung auf dem Semmering oder in der Steiermark zu errichten, die viel Geld kostet, sagen: Wisst’s was? Geht’s doch nach dem Regen und nehmt’s ein Glasl und tut’s euer Trinkwasser aus den Lacken holen. Es gibt genug Wasser in Wien. Geht’s unter die Dachrinne und holt’s dort euer Wasser her. Das ist sicher billiger als weit aus der Steiermark Trinkwasser nach Wien zu holen! Und stellen Sie sich vor, die Wiener Wasserleitung hätte folgende Aufgabe gehabt: Ja, wir wollen sauberes Wasser, aber das darf nicht mehr kosten als das Häferl Wasser aus der Lacke vor der Haustür. Hätten wir dann eine Wiener Wasserleitung? Wir

 

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