Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 100
kehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung wird aufgefordert, ein Konzept für eine gezielte und flächendeckende Informationskampagne bezüglich des Einsatzes von Sonnenenergie durch private Einbindung unabhängiger Experten auszuarbeiten und den Umstieg Richtung erneuerbare Energien in Wien voranzutreiben."
Der zweite Antrag wäre:
„Die zuständige Stadträtin wird aufgefordert, einen Aktionsplan für die Errichtung von Fotovoltaikanlagen auf Objekten der Stadt Wien zu erstellen."
Ich ersuche Sie um die Unterstützung. Hören Sie auf mit Ihrem parteipolitischen Geplänkel! Nehmen Sie die Sorgen der Bürger ernst! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Ekkamp. Ich erteile es ihm.
GR Franz Ekkamp (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Vorsitzende! Geschätzte Damen und Herren!
Wir diskutieren ja heute die Mitteilung des Herrn Bgm Dr Häupl über die Konsequenzen aus der aktuellen Atomenergiedebatte und neue Wege für die Wiener Energiepolitik. Bevor ich zu Wien komme, lassen Sie mich noch zwei, drei Sätze zu den tragischen Ereignissen, zu der tragischen Katastrophe in Japan sagen, die ja zu einer Wiederaufnahme – wie es heute schon erwähnt worden ist – der Diskussion über die Atomenergie und natürlich in Verbindung damit mit ihren unberechenbaren Gefahren geführt hat.
Ich denke, wir sollten schon das Zeitfenster nützen. Ich glaube, der Herr Bürgermeister hat das heute schon gesagt. Wenn ein gewisser Gewöhnungseffekt wieder eingetreten ist, dann geht man wieder zur Tagesordnung über und dann macht man wahrscheinlich wieder aus gewissen wirtschaftlichen Interessen weiter so auf dem Weg, den wir aus heutiger Sicht und auch aus Sicht der Vergangenheit nicht so wollen.
Ich denke, wir sollten wirklich das Zeitfenster nützen, um den Ausstieg aus der atomaren Energiegewinnung gezielt vorzubereiten. Ich weiß, europaweit gibt es einige Initiativen. Wir beschließen ja heute wieder einen Antrag, der in diese Richtung gehen soll. Da ist das wahrscheinlich realistischer. Weltweit, wie wir uns das gerne wünschen würden, ist es für mich aus heutiger Sicht eher unrealistisch. Ich glaube, die Begründungen sind heute schon ausgeführt worden.
Man darf auch Energiepolitik generell nicht einfach schwarz-weiß sehen oder nur eindimensional betrachten. Das wäre falsch. Genauso ist es, wenn man sich heute hier herstellt und sagt: Alle Kernkraftwerke müssen zugesperrt, müssen abgedreht, abgeschaltet werden! Das ist wenig hilfreich für die Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich habe schon gesagt, eindimensionale Betrachtung ist nicht der richtige Weg, mehrdimensionale Betrachtung und auch Handlungsweisen sind notwendig. Wir wissen, dass wir in Europa einen liberalen Strommarkt vorfinden. Man braucht ja nur einen Blick über unsere Grenzen hinaus in die Bundesrepublik zu richten, wo ja durch Wahlen auch gewisse Wortmeldungen und Meinungen relativ rasch verändert und geändert wurden.
Man sieht ja auch dort: Das Moratorium, die alten Reaktoren drei Monate lang auszusetzen – sie können von mir aus sofort vom Netz genommen werden –, wird wahrscheinlich, weil es ein freier Markt ist, rechtliche Fragen nach sich ziehen und Klagen mit sich bringen. Das ist halt so in einer Demokratie.
Es wurden heute auch schon liberalisierte Strommärkte angesprochen. Da ging es ja machen konservativen Regierungen nicht rasch genug, wie auch beim Privatisieren. Auch hier sollte man ein wenig umdenken.
Aber man muss auch so fair sein und für die Versorgungssicherheit manch anderer Länder, die halt auf eine andere Energieform wie zum Beispiel auch in Wien gesetzt haben, Verständnis aufbringen. Ich weiß, kein Verständnis gilt für mich, wenn es sich um Schrottreaktoren – ich bezeichne es so –, die natürlich schon ein älteres Baujahr haben, wo die Sicherheit in keinster Weise mehr gegeben ist, handelt. Wenn sie mehr als 30 Jahre in Betrieb sind, gehören sie ab vom Netz. Aber es gilt auch, technische Lösungen zu finden, wie ein Ausstieg ohne Gefährdung der Versorgungssicherheit vor sich gehen könnte.
Ich möchte den Vorschlag, den unser Bgm Dr Häupl heute gemacht hat, Reaktoren ohne Schutzhülle vom Netz zu nehmen, danach einen gesamteuropäischen Ausstieg zu planen und – was ganz wichtig ist – die Euratom-Mittel – über die gibt es auch sehr viele Diskussionen – nur noch für konkrete AKW-Stilllegungen zu verwenden, unterstützen.
Einen zweiten Punkt zu Japan gestatten Sie mir auch noch ganz kurz – das wurde heute, so glaube ich, auch schon einmal angesprochen –: Wir tragen ja noch die Bilder mit uns. Wir haben ja gesehen, wie unprofessionell gerade in Japan, in Fukushima gehandelt worden ist, wie inferior das Krisenmanagement betrieben worden ist. Und besonders betroffen war natürlich auch die Informationspolitik. Teilweise kam es mir so vor, als wenn dort Verharmlosung betrieben worden wäre. Ich werde das Gefühl nicht los, meine sehr verehrten Damen und Herren, der sogenannten Wirtschaftlichkeit – und ich werde das kurz begründen – hat sich eben vieles unterzuordnen.
Erst gestern oder heute in der Früh haben wir gelesen und haben wir wieder gehört, dass die Betreiberfirma – das ist eine private Firma in Japan, die Firma Tepco – überlegt, von den sechs – ich bezeichne sie so – Schrottreaktoren in Fukushima zwei bis drei wieder weiterlaufen zu lassen, um sie eben zur Stromerzeugung zu nutzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da zeigt die Privatisierung ihre Zähne! Zu Recht denkt die Politik, leider viel zu spät, auch in Japan bereits über eine Verstaatlichung jener Betreiberfirma nach.
Und was lernen wir daraus? Nicht alles, was privat ist, ist gut und schon gar nicht sicher. Das sollte uns auch eine Grundlage zu weiterem Gedankenaustausch sein.
Jetzt aber zum Wiener Weg: Ich behaupte jetzt etwas, und das kann ich auch belegen. Wien – besser
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