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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 65

 

den Radfahrer geschützt wird und der abbremst. Der Radfahrer versucht durchzufahren, der Autofahrer ist gesetzlich dazu verpflichtet abzubremsen und er tut es auch im Regelfall, weil die Konsequenzen doch eine viel größere Zahl sind. Und das ist jetzt der Punkt, den ich Sie wirklich hier bitte, auch klar in die Pflicht zu nehmen und nicht mit zweierlei Maß zu messen.

 

Und wenn Sie diesen Knigge ansprechen und das ist auch meine Frage, ich freue mich über einen Gipfel. Nur sind wir uns doch ehrlich, ein Gipfel ist ein Diskussionsforum, das einen Bruchteil der Menschen erreicht. Wir müssen das ja hinausbringen. Die Frage ist auch, die Polizei hat eingeschränkte Kapazitäten. Wir müssen einfach hier auch erzieherisch wirken. Wir haben im kommunalen Bereich sehr viele Überwachungskörper, die ja ohnehin auf der Straße sind durch die Überwachung des ruhenden Verkehrs, wo vielfach auch Radwege sind. Können Sie sich vorstellen, erstens, dass dieser Radfahrknigge auch rechtsverbindlich wird und nicht nur ein Bundesdruckwerk sein wird, und zweitens, dass auch Einrichtungen der kommunalen Überwachungskörper, die Sie heute als Vizebürgermeisterin dieser Stadt mitverantworten, herangezogen werden, um Radfahrer, die sich hier vor allem besonders auffällig und aggressiv verhalten, in Zukunft abstrafen zu können?

 

VBgmin Mag Maria Vassilakou: Also zunächst, sehr geehrte Herr Gemeinderat, es gibt eine einzige Gruppe im täglichen Verkehr, wo ich tatsächlich mit zweierlei Maß messe, und das sind Kinder, weil sie aus dem Vertrauensgrundsatz ausgenommen sind und weil daher auf sie besondere Rücksicht zu nehmen ist. Für alle anderen Personen, das heißt, vorausgesetzt wir sprechen hier von erwachsenen Personen, die nicht aus dem Vertrauensgrundsatz auszunehmen sind, gibt es keinerlei zweierlei Maß meinerseits. Ich erwarte von jedem Einzelnen von uns rücksichtsvolles, faires Verhalten und zwar nicht nur im Verkehr, sondern darüber hinaus in allen Lebenssituationen, aber ich gehe ja auch davon aus, das ist eine Binsenweisheit. Das erwarten wir doch hoffentlich alle. Wenn es jetzt darum geht, wie gehen wir damit um, dass es trotzdem, wie gesagt, diese Rücksicht und diese Fairness im Alltag immer wieder nicht gibt? Einmal mehr, wenn es darum geht, Maßnahmen gegen strafbares, konkret strafbares Verhalten zu ergreifen, das ja auch in der Straßenverkehrsordnung normiert ist. In der Straßenverkehrsordnung steht sehr wohl, dass man nicht rasen darf. Es steht sehr wohl, dass man nicht drängeln darf. Es steht sehr wohl, dass man Motorräder und Fahrräder nicht schneiden darf. Es steht sehr wohl, dass man nicht mit dem Handy telefonierend Autofahren darf. Es steht, dass man nicht auf dem Gehsteig Radfahren darf. (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Nicht Fahren mit den Stöpseln!) Danke. Es steht, dass man als Fußgänger nicht bei Rot über die Kreuzung laufen darf. Es steht sehr viel. (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Sie messen mit zweierlei Maß!) Es steht sehr viel. Sie sehen alle Verkehrsteilnehmer, auch Fußgänger sogar, die erwachsen sind und die ganz genau wissen, was man darf und was man nicht darf, neigen immer wieder dazu, es zu missachten. Es steht daher ziemlich präzise, was man darf und was man nicht darf. Und es steht auch, dass es strafbar ist, wenn man das tut und wir haben in diesem Land eine ganz klare Instanz für das Abstrafen solcher Handlungen. Einmal mehr, diese Instanz ist die Polizei. Und ich sage Ihnen eines: Ich stehe dazu, dass das Gewaltmonopol in einem Staat in den Händen der Polizei und nur der Polizei liegt und liegen muss. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, die Radfahrer!) Ich habe für Pseudopolizeien aller Art überhaupt nichts übrig. Ich will keine Kommunalpolizei, ich will keine Ausweitung der Befugnisse für Weißkappler. Es ist gut und richtig so, dass sie den ruhenden Verkehr zu überwachen haben. (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Das ist Anarchie!) Sie sind aber nicht zuständig für die Regelung anderer Aufgaben. Ich habe nichts übrig für Bürgerwehren aller Art. Ich habe nichts übrig für private Sicherheitskräfte aller Art. Ich habe nichts übrig für schlecht ausgebildete, schlecht bezahlte Pseudoorgane, die sich dann anmaßen, zentrale Sicherheitsaufgaben wahrzunehmen und die darüber hinaus auch in Situationen zu urteilen haben, in denen es sehr wohl um die Wahrung wesentlicher Bürgerinnen- und Bürgerrechte geht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Das heißt, ich will ausreichend Polizei. Ich will eine gute Polizei. Ich will eine gut ausgebildete und eine gut bezahlte Polizei. Ich will eine Polizei, die sich sehr gut auskennt nicht nur in Fragen der Straßenverkehrsordnung, sondern in Fragen der Wahrung der Bürgerrechte und der Menschenrechte. Ich will daher eine Polizei haben, die in allen Situationen korrekt handelt. Ich will eine Polizei, die nicht auf Grund eines schlechten Personalstandes und vieler Überstunden überlastet ist. Ich will eine Polizei, die in der Stadt ausreichend präsent ist und ihre Aufgabe wahrnehmen kann. Das ist es, woran ich arbeite, nicht als Stadträtin, weil das nicht in meinem Kompetenzbereich liegt, aber seit vielen, vielen Jahren als Politikerin. Das heißt einmal mehr, für das Abstrafen von strafbaren Handlungen ist die Polizei da und sie wird von mir ersucht, auch ihre Aufgabe wahrzunehmen, überall dort, wo dies möglich ist.

 

Ansonsten, was, wie gesagt, besagten Knigge betrifft, so handelt es sich einmal mehr um Fairnessregeln, um Rücksichtsnahme. Und Sie wissen ganz genau, lieber Herr Gemeinderat, dass man Rücksichtnahme und Fairness nicht verordnen kann und man kann sie auch nicht abstrafen dort, wo sie vorkommt. Es ist genau ein Verhalten, dass es an jedem und jeder von uns liegt, es freiwillig an den Tag zu legen, weil wir Manieren haben, weil wir gut erzogen worden sind, weil wir einen guten Charakter haben, weil wir gelernt haben, andere Menschen zu respektieren und auch wahrzunehmen in ihren Bedürfnissen und in ihren Sicherheitsbedürfnissen im Alltag. Das ist es, worum es geht. Und leider, leider kann man es nicht verordnen.

 

So gesehen geht es nicht darum, etwas zu erarbeiten, das dann verbindlich übernommen wird – wie soll denn so etwas verbindlich übernommen werden –, worum es aber sehr wohl geht – das habe ich auch eingangs erwähnt –, ist, diese Fairnessregeln, die wir hoffentlich gemeinsam erarbeiten werden, im eigenen Wirkungsbereich zu bewerben. Und ich bin überzeugt davon, wenn

 

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