Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 65
Wir stellen seit 2008 ständig – ich kann sogar schon sagen, quartalsweise – Anträge. Am 4. Juni 2008 gab es von uns den Antrag betreffend Personalmangel bei der Wiener Jugendwohlfahrt und beim Wiener Jugendamt. Unsere Frage war: Werden Sie dafür Sorge tragen, dass in den kommenden Monaten für die Arbeit im Bereich der Jugendwohlfahrt mehr Personal bereitgestellt wird?
Ihre Antwort: Die Versorgung und Betreuung aller in Wien lebenden Kinder, die Hilfe und Schutz der Jugendwohlfahrtsträger benötigen, ist gesichert. – Wo? – Jeder Meldung einer Gefährdung eines Kindes wird umgehend nachgegangen und der Schutz der betroffenen Kinder gewährleistet. – Wir haben doch wieder Meldungen gehabt!
Weiters, am 23. September 2009, Antrag unsererseits betreffend Personalmangel bei der Wiener Jugendwohlfahrt und beim Wiener Jugendamt. Antwort: … um bei den steigenden Fallzahlen auch weiterhin eine qualitätsvolle Arbeit im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen in Wien sicherzustellen.
Die Wiener Volksanwaltschaft erhob den Vorwurf, die Qualität der sozialen Arbeit leide und fehlende Planstellen werden zurückgewiesen.
Soll ich weitermachen? (GR David Ellensohn: Ja!) Gerne. (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Sie haben eh nur fünf Minuten!) Trotzdem, Sie sitzen da und ignorieren es! Es werden Anträge und Vorschläge eingebracht, und es kommen eigentlich nur Antworten unter der Gürtellinie. (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Sie haben vom Herrn Stadtrat gehört, was geleistet wird, aber Sie ignorieren es!) Was heißt, wir ignorieren? Sie ignorieren!
Es wird doch ständig darüber gesprochen und geschrieben. Sie ignorieren und geben eigentlich überhebliche Antworten, dass in dieser Stadt alles in Ordnung sei – ist es aber nicht! Ich ersuche Sie, die Scheuklappen endlich abzunehmen und genau in diesem Bereich, der es wirklich notwendig hat, etwas zu tun! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Akkilic. Ich erteile es ihm.
GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir reden über ein sehr sensibles und sehr wichtiges Thema. Es geht um Kinder, um den Schutz der Kinder, um eine geschützte Atmosphäre für Kinder. Wir lehnen jede Form von Gewalt an Kindern ab – egal, in welchen Familien, in welchem Umfeld das passiert, wir lehnen das ab!
Nun muss ich Ihnen sagen, dass wir natürlich zu unserer Kritik von früher stehen. Wir sind in die Regierung gekommen, um das, wofür wir stehen, auch durchzusetzen. Wir sind erst seit acht Monaten in der Regierung. Wir werden uns die Jugendwohlfahrt genauer anschauen und die Verbesserungsschritte, die bisher gesetzt worden sind, fortsetzen. Wir sind schon vor der Koalition in ständigem Kontakt mit Jugendwohlfahrtsarbeitern gewesen, wir haben mit ihnen Gespräche geführt und versucht, ihre triste Situationen in Angriff zu nehmen beziehungsweise zum Ausdruck zu bringen.
Ich weiß, dass die Situation sehr vieler JugendwohlfahrtsmitarbeiterInnen trist ist. Wir wissen aber auch, dass die Arbeit der Jugendwohlfahrtsträger um einiges schwerer gewesen wäre, wenn die Stadt Wien die Präventionsmaßnahmen in der Jungendarbeit nicht gesetzt hätte, wenn also die zahlreichen Jugendeinrichtungen, die im Namen der Stadt arbeiten, nicht arbeiten würden.
Meine Damen und Herrn von der Freiheitlichen Partei! Erkennen Sie endlich einmal, dass die Jugendarbeit in Wien die Last der Jugendwohlfahrtsbehörde reduziert! Daher bitte ich Sie auch, in den entsprechenden Ausschüssen in Zukunft den Anträgen dieser Vereine zuzustimmen.
Zum Herrn Cohn-Bendit. Ich teile seine Aussagen überhaupt nicht. Daran ist auch nichts schönzureden. Ich halte nichts davon, wenn man solche Sachen von sich gibt, wie Flirt mit Kindern und so weiter. Das schließe ich aus, das brauchen Sie uns nicht um den Hals zu hängen.
Aber ich möchte noch einmal zu den Jungendwohlfahrtsträgern kommen. Die Arbeit dieser Leute kann nicht genug gelobt werden! Sie gehen zu den Familien, zu Kindern, zu Eltern und versuchen in den tristesten Situationen, den Kindern zu helfen, aber auch die Eltern dafür zu gewinnen, dass sie mit ihren Kindern auskommen.
Sie wissen genauso wie ich, dass der beste Platz für ein Kind zu Hause bei den Eltern ist. Daher müssen wir bei den Familien unterstützend eingreifen. Natürlich müssen wir auch beschäftigungspolitisch bessere Vorraussetzungen für Familien schaffen, damit sie genug Einkommen haben zum Leben haben, damit der psychische, der finanzielle Druck auf die Familien reduziert werden kann.
Als Letztes möchte ich noch einmal ein Lob an die Jungendwohlfahrtsträger aussprechen. Sie wissen, ab 1. Juli tritt das neue Fremdenrecht in Kraft. Es sieht vor, dass Kinder bei Abschiebungen von ihren Familien entfernt werden sollen oder dass Kinder abgeschoben werden können.
Die Jugendwohlfahrtsträger haben im November 2010 beschlossen: Die Jugendwohlfahrtsbehörde darf in ihrem gesetzlichen Wirkungsbereich keine Unterstützung bei der Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern leisten. Allfällige diesbezügliche Anfragen im Wege der Amtshilfe sind daher abzulehnen. – Das ist einen Applaus wert, meine Damen und Herren. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Nepp gemeldet.
GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist traurig, dass wir wieder einmal aus aktuellem Anlass das Thema der Jugendwohlfahrt hier im Rathaus behandeln müssen, aber man darf nicht müde sein und nicht müde werden, wenn es darum geht, sich um das Wohl der Kinder zu kümmern. Die Zahlen in Wien sind erschreckend: Knapp 5 300 vernachlässigte Kinder, wo es keine Hygiene, keine Bildung gibt, wo Vernachlässigung herrscht. Das ist in Wien möglich! 2 500 Kinder sind physischer Gewalt im Rahmen der Familie ausgesetzt.
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