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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 65

 

mission beabsichtigt, wie wir gehört haben, diese Gelder wesentlich Richtung Griechenland zu transferieren, und zwar wieder entgegen den bestehenden Bestimmungen, weil sie keine Kofinanzierung bekommen können. Die Kofinanzierung soll jetzt die Weltbank oder irgendjemand anderer übernehmen, auch hier ein Bruch der Regeln, wie es gerade kommt.

 

Dann steht drinnen, dass wir der Meinung sind, dass die Union mit ihren Strukturreformen die nationalen, sozialen Standards und Sozialsysteme nicht aushöhlen darf, sehr wichtig, sehr richtig, auch einer der Gründe für uns zuzustimmen. Es ist uns auch deswegen leicht gefallen zuzustimmen, weil schon im Vorfeld, eigentlich schon voriges Jahr, zu erkennen war, dass die Skepsis über die endgültige Ausformung der Dienstleistungsrichtlinie und der Vergaberichtlinie und der dabei entstehenden Probleme, vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe, langsam auch in der SPÖ zu greifen beginnt. Sie wird also offenkundig auch von der Stadtregierung geteilt.

 

Es gibt natürlich in dem Bericht auch Punkte, die nicht unbedingt unsere völlige Begeisterung hervorrufen oder denen wir nicht gerade zentrale Bedeutung zumessen, die wir aber in dieser Form – es ist eine gemeinsame Erklärung – akzeptieren können. Ich will nur einen einzigen Punkt oder zwei Punkte herausheben:

 

Wir halten den Bereich Gender Mainstreaming in dieser Form wirklich für etwas übertrieben. Diese Gleichbehandlung von Mann und Frau ist selbstverständlich, richtig und auch notwendig. Aber sie sollte auf naturgegebene Zwänge und Einschränkungen eingehen, sie nicht wegleugnen, sollte gleichberechtigen und soll nicht gleichmachen. Ausformungen wie Binnen-I und Unterstrich verkomplizieren das tägliche Leben und machen es in manchen Bereichen geradezu lächerlich. Sie machen es schwierig, Gesetzestexte zu lesen. Sie verhunzen manchmal auch die Sprache und machen das an sich legitime Anliegen in der Öffentlichkeit, wie gesagt, eher lächerlich, als dass sie ihm nützen. Sprache wächst, Sprache wird nicht verordnet.

 

Im Übrigen sind wir auch nicht Anhänger von Gender Mainstreaming im Sinne der GRÜNEN. Ich habe da eine Flugschrift der Grünen Jugend: „Einfach den eigenen Forderungen mehr Nachdruck verleihen durch die Frauen", und die junge Frau würgt ihren Partner. Das ist nicht die Form von Gleichberechtigung und von Gender Mainstreaming, die wir uns vorstellen.

 

Ein klassisches Beispiel ist im Übrigen, und wir werden sie demnächst behandeln, die Beschlussvorlage des Europarats mit der Nummer 12 267. Diese Beschlussvorlage empfiehlt – ich gebe es Ihnen als wirklich charakteristisches Beispiel – die Verwendung des Begriffes Mutter, wie es wörtlich heißt, „als ein sexistisches Stereotyp nicht mehr zu verwenden", weil es die Gender-Gleichheit behindert. Statt „Vater" und „Mutter" soll zukünftig der neutrale Begriff „das Elter" verwendet werden. Wir werden dann den „das Eltertag" feiern! Meine Damen und Herren, das zeigt, wie absurd manche von den Vorstellungen sind, die am extrem linken Flügel vertreten werden.

 

Es liegt uns auch ein Bericht über die internationalen Aktivitäten der Stadt Wien 2010 vor. Wir haben ihn zur Kenntnis genommen und stellen fest, dass er weitgehend durchaus informativ und aussagekräftig ist. Der Dank dafür geht wiederum an die mit der Erstellung befassten Beamten. Dass uns halt auf jeder zweiten Seite der Herr Bürgermeister oder der Herr Stadtrat entgegenlächelt, sind wir aus der Inseratenserie der SPÖ mittlerweile ohnehin gewohnt. Vielleicht darf das nächste Mal auch eine Grüne oder ein Grüner auf Hochglanz erstrahlen, vielleicht die Frau Vassilakou bei einem Griechenland-Hilfspaket. Dafür können dann die Beamten nichts.

 

Ein weiterer Punkt, aber recht bezeichnend für die schnellen Positionsveränderungen, ist übrigens das Kapitel Libyen. Da steht, die Stadt Wien hat auch Kontakte zu Libyen, die hat nicht nur Haider gehabt. Da steht ausdrücklich drinnen: „Schon in den letzten Jahren ergaben sich Kontakte zwischen dem Gemeinderat und libyschen Einrichtungen." Es ist offenbar nicht nur der Haider hinuntergefahren. „Das Land erlebt einen rasanten Modernisierungsschub, der insbesondere die Infrastruktur umfasst." Dann geht es weiter, wo die wirklichen Interessen liegen. „Über die Wirtschaftskammer stellt sich eine Reihe von Betrieben vor, die schon vorher in Libyen tätig waren.“ Gestern war es noch der Modernisierungsschub, den die Regierung gelobt hat. Heute werden die Rebellen anerkannt. Mal sehen, was dann im nächsten Jahr im Bericht darüber steht.

 

Man hat uns auch, sehr kurzfristig allerdings, gefragt, ob wir zu diesem Bericht Änderungs- oder Ergänzungswünsche hätten. Es wäre natürlich einiges, besonders bei den doch immer wieder durchklingenden Lobgesängen, nachzutragen gewesen. Ich habe aber große Zweifel, ob dies dann Eingang in den Bericht gefunden hätte. Wir hätten die Arbeit wahrscheinlich vergeblich gemacht. Mein Vorschlag war daher ein anderer. Ich habe gemeint, man sollte den Parteien ein kurzes Kapitel mit einem festgelegten Platz zur Verfügung zu stellen, wo sie ihre Positionen zu Europa darlegen könnten. Die Prüfung wurde uns zumindest zugesagt. Wir werden im nächsten Jahr sehen.

 

Unsere Bedenken zu Griechenland – meine Kollegin wird ohnehin auch noch ausführlicher darüber sprechen – haben wir bereits mehrfach vorgetragen. Das Thema wird auf der Agenda bleiben. Wer sich gestern Nacht nach unserer Sitzung vielleicht noch die Mitternachtsnachrichten angesehen hat, merkt, welche Brisanz in diesem Thema liegt. Wir werden leider in den nächsten Tagen wahrscheinlich noch sehr viel damit zu tun haben. Eines zeigt sich allerdings, auch hier werden wir maßlos beschwindelt. Erst hat man gesagt, das ist alles zu handeln. Ursprünglich hätte Portugal das einzige Problem bleiben sollen, Island ohnehin. Dann hat man gesagt, Griechenland wird mit einer Einmalzahlung gerettet werden können. Jetzt überlegt man schon den nächsten Rettungsschirm und dazwischen Zahlungen und eigentlich sagt fast jeder Fachmann heute schon, Griechenland ist nicht zu retten.

 

Diese Einbeziehung in den griechischen Sumpf wird für uns wirklich gefährlich, denn sie gefährdet auf Dauer

 

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