«  1  »

 

Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 65

 

gesehen auch unsere Kreditwürdigkeit und nicht nur die der Griechen. Gerade der Vorschlag mit den Eurobonds ist alles andere als ein Ausweg daraus. Denn das heißt wieder nichts, als eine Art von Schuldenvergemeinschaftung, die wir weiter übernehmen, und führt immer noch mehr hinein in eine Vereinheitlichung, wo die braven Zahler die Schuldner finanzieren. Island hat auch Probleme gehabt, hat aber jetzt gute Aussichten, in die Europäische Union zu kommen. Die haben auch ein Sparpaket durchgezogen, ein sehr hartes Sparpaket. Aber im Unterschied zur griechischen Bevölkerung hat das die Bevölkerung dort, wenn auch knirschend, zur Kenntnis genommen und will nicht die anderen zur Kasse bitten. Es kann nicht der Weg sein, dass wir auf Dauer, und seit Jahrzehnten tun wir das schon, solche, die bedenkenlos ihr Geld zum Fenster hinauswerfen oder auch in die eigene Tasche stecken, finanzieren. Man sagt immer, die Banken sollen zahlen. Die Banken werden es nie zahlen, denn die Banken sind eine anonyme Organisation. Hinter den Banken sitzen die Leute, die ihr Geld dort angelegt haben. Das sind nicht nur die Großen, die natürlich sehr viel verlieren würden. Da habe ich ein relativ geringes Mitleid beim Spekulationskapital. Das sind auch die kleinen Sparer, die Zinsen kriegen, die unter der Inflationsrate liegen und die dann dort wieder mitzahlen werden.

 

Ich habe schon gestern gesagt, wir müssen Schulden machen, um den Griechen Geld zu leihen. Das ist, gelinde gesagt, unmoralisch. Wenn Sie die Entwicklung der Fremdwährungskredite, die wir auch schon angesprochen haben, bedenken, mein Kollege hat gestern ein sehr gutes Beispiel gebracht, in der Zwischenzeit waren es schon wieder mehrere Artikel, dass der Franken durchaus auf die Parität eins zu eins hingeht. Das wird uns wiederum einiges kosten.

 

Diese Garantien und Pleitekredite für Griechenland werden den Euro nicht stärker machen. Das ist die Problematik. Wir haben nicht gesagt, wir wollen von vornherein nichts mit dem Euro zu tun haben. Wir haben einen Vorschlag, entweder Griechenland kehrt zurück zur Drachme oder eben diese allgemein diskutierte Variante der beiden Formen des Euros mit sozusagen einem Nordeuro und einem südeuropäischen Euro. So kann es aber sicherlich nicht weitergehen, dass wir uns noch immer tiefer und tiefer in die Krise hineinziehen lassen. Das Schlimme ist, alle Regierungen, die vor uns hintreten, haben in Wirklichkeit keine Lösung, weil das Problem unabschätzbar geworden ist. Man wird sich entscheiden müssen, wie ich es gestern gesagt habe: Mache ich ein Ende mit Schrecken oder einen Schrecken ohne Ende? Ich fürchte, wir werden noch eine Zeit lang warten und zahlen und zahlen und dann wird doch das Ende mit Schrecken kommen.

 

Über 55 Milliarden EUR haben wir in Österreich als Fremdwährungskredite aufgenommen, davon 90 Prozent in Schweizer Franken. Das ist für viele Österreicher ein riesiges Problem gewesen. Es wurde schon deutlich erläutert. Da haben wir auch mit Privatkonkursen zu rechnen, nicht mit den Pleiten der großen Banken. Da sollte die Regierung helfen, das ginge mit geringeren Beträgen und nicht unbedingt, indem unser Geld immer ins Ausland geschickt wird. Diese Parole „Unser Geld für unsere Leut!" ist nicht gegen die Griechen, sondern ist für unsere Leute gedacht. Wir brauchen das Geld wirklich dringend zu Hause.

 

Wir sind keine Gegner Europas. Die Freiheitliche Partei war eine, die von Anfang an für ein geeintes Europa eingetreten ist, aber im Rahmen der EWG oder vorher der EG, als Wirtschaftsgemeinschaft und nicht als eine völlige politische und soziale Gemeinschaft, weil wir glauben, dass die Regionen zu unterschiedlich sind, dass es an sich gut und schön ist, dass wir hier Unterschiede haben, die in der Geschichte historisch gewachsen sind und die ihren Grund haben. Wir werden deswegen dauernd als Rückfall ins 19. Jahrhundert, wie heute wieder bezeichnet wurde, und als Rückfall in den Nationalismus bezeichnet und geschimpft. Wir glauben, das hat nichts mit Nationalismus in diesem Sinn zu tun. Das hat damit zu tun, dass wir glauben, dass Regionen bestimmte Bereiche, und das wird auch bei der Subsidiarität immer wieder betont, besser lösen können, als dieses übergroße Europa mit seiner Vielfältigkeit, das so nicht behandelt werden kann.

 

Wenn ich ein einziges Beispiel hernehme, so hat der Rentierzüchter in Lappland andere Probleme als der Zitronenbauer in Sizilien. Diese sind nicht mit einheitlichen Verordnungen einfach zu lösen, sondern darauf muss regional eingegangen werden. Wir lehnen deshalb, abgesehen von der Vielfalt der Kulturen, die wir haben und deren Auflösung in einen Einheitsbrei wir sicherlich nicht wollen, diese weitere Vergemeinschaftung ab. Was die ÖVP und zum Teil die anderen sagen, da geht es nicht darum, mehr Nationalismus zu haben. Was Sie wollen, ist ein Internationalismus der Banken, und den haben wir am Hals. Dieses Problem haben wir. Sie sind gegenwärtig nicht mehr durch die nationalen Regierungen kontrollierbar. Es wird nicht besser werden, wenn wir weiter und weiter die Tore öffnen. Im Gegenteil, hier muss eine ganz massive Kontrolle ansetzen. Nur gibt es leider halt in Österreich auch schon eine ganze Menge Leute, die nicht mehr primär das österreichische Wohl, sondern das anderer im Kopf haben. Dieser Internationalismus der Banken und einer anderen Gruppe, nämlich der Bilderberger, die zum Teil in Verbindung stehen, kommt hier sehr deutlich zum Tragen. Da haben wir eine ganze Menge Österreicher, die dort sehr engagiert sind, wo man sich fragt, was dort hinter verschlossenen Türen verhandelt wird: Vranitzky, Faymann, Scholten als Dauermitglied, unser Nationalbankpräsident. Das geht so weit, dass er nicht einmal unseren Abgeordneten sagt, wie viele von den Papieren, die die Nationalbank aufgekauft hat, faule Papiere von Griechenland sind. So weit sind wir schon! Das kann man heute in diesem Land, in Österreich, machen! Das ist ganz genau nicht unser Ziel!

 

Unser Ziel ist der europäische Staatenbund und nicht der Bundesstaat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Prof Dr Vitouch. Ich erteile ihr das Wort.

 

12.47.53

GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeindera

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular