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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 65

 

Regelsystem der europäischen Finanzmärkte genauso wie für die strategische wirtschaftspolitische Ausrichtung der EU.

 

Und der Abs 9 sagt: Die Ausgestaltung der wirtschaftlichen Governance soll keine Entdemokratisierung der Wirtschaftspolitik zur Folge haben. Es wird eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in Hinblick auf Einbeziehung gesamtwirtschaftlicher Faktoren gefordert. Ganz zum Schluss wird als Wiener Zielsetzung noch zusätzlich die Sicherung des europäischen Einigungsprozesses genannt. Dazu sind bessere Koordination, verstärkte ordnungspolitische Maßnahmen zur effizienten Regulierung des Finanzsektors und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene erforderlich.

 

Durchaus richtig - nur ist es, würde ich meinen, bedauerlicherweise so, dass die sozialdemokratischen Positionen in dem Sinn, wenn man sie so vorliest, nicht schlecht sind, also von uns mitgetragen werden können, allerdings haben sie mit der tatsächlichen Politik der SPÖ nichts zu tun! Das muss man dazufügen: Es wird einfach im Bund und auch in Wien eine andere Politik gemacht, als ich sie hier vorgelesen habe.

 

Ganz im Gegenteil: Sie betreiben eigentlich das Gegenteil dieser Politik! Nichts gegen Ihre Attacken auf die Banken, aber Sie betreiben letzten Endes doch eine Politik, die eine Politik für die Banken ist. Was kein Wunder ist: Letzten Endes ist die sozialistische oder sozialdemokratische Partei ja auch eine Partei der Bankdirektoren, angefangen von Androsch bis eben Vranitzky! Ich sehe hier das Ganze als Deklarationen, auch als Parteitagsreden, die von der Ernsthaftigkeit her, sowohl Faymann als auch Häupl betreffend, sehr in Zweifel zu ziehen sind. Die tatsächliche Politik findet anderswo und in anderer Form statt.

 

Wir haben heute in der Früh - ich zumindest, ich weiß nicht, ob andere es schon früher gehört haben - die doch deutliche Kritik und die Wünsche des sozialdemokratischen Obmanns von Oberösterreich, des Herrn Ackerl, gehört, der eine klare Konsequenz haben wollte aus der sozialistischen Politik, die deklamiert, aber nicht vollzogen wird. Er hat festgestellt: Er erwartet sich von der österreichischen Bundesregierung eine Verknüpfung zwischen der Forderung einer Transaktionssteuer europaweit auf der einen Seite und der EU-Griechenland-Hilfe. Na, was sagt denn ihr dazu, die Wiener Sozialdemokraten? (Beifall bei der FPÖ.) Was sagen die Sozialdemokraten im Bund dazu? Herr Ackerl von der SPÖ nimmt die eigenen SPÖ-Forderungen noch ernst, Sie und die Bundespartei mit Sicherheit nicht!

 

Wie gesagt, die Europadeklaration, das ist ein ganz besonderer Tag. Heute am Abend ist eine Abstimmung in Griechenland, im Parlament soll über das Sparpaket der EU abgestimmt werden. Es ist ein offenes Ergebnis, wir wissen das, die Nea Dimokratia ist dagegen, Teile der PASOK offensichtlich auch. Wenn es keine Annahme gibt, werden düsterste Szenarien entwickelt. Ich stelle das allerdings in Frage, und ich glaube, dass diese nicht eintreten werden. Auch wenn dort abgelehnt wird, wird das Rettungspaket sehr wohl in irgendeiner Form in die Wege geleitet, gar keine Frage, weil die EU-Regierungen durch ihre Politik spätestens seit 2010 die Transferunion bereits eingeführt haben. Es gibt sie bereits, sie existiert, sie wird durchgeführt, sie ist eine Tatsache, und da kommen die europäischen Regierungen inklusive der österreichischen ja gar nicht mehr heraus!

 

Die Griechen wissen das, sie können sich zurücklehnen und sagen, dass im Ablehnungsfall das Paket in anderer Form trotzdem stattfinden wird. Das ist für mich keine Frage. Der entscheidende Fehler war der Verfassungsbruch, mit dem der Art 125 des EU-Vertrages gebrochen wurde, wodurch also die Bail-Out-Klausel sozusagen außer Kraft gesetzt wurde. Das heißt, diese ist im Verfassungsrang, aber die Verfassung wurde nicht zur Kenntnis genommen und ignoriert! So geht man in dem Europa der Frau Vana, die so stolz auf die Demokratie in Brüssel ist, mit der Verfassung, die man sich vor Kurzem gesetzt hat, selber um. Na, das spricht ja schon Bände, was man hier zu erwarten haben wird!

 

Dieser Verfassungsbruch wird von Faymann verteidigt, er will also die 12 Milliarden selbstverständlich locker machen. Aber wofür, frage ich mich: Für Solidarität mit Griechenland? Wofür denn konkret? Was geschieht mit dem Geld? Das gute Geld, das bisher verschüttet wurde, hat nicht die geringsten Wirkungen gehabt. Die 12 Milliarden, die jetzt auf den Weg gebracht werden, werden auch keine Wirkungen haben, das ist so sicher wie das Amen im Gebet.

 

Ich darf Ihnen vorlesen - ganz kurz nur, ich mache keine großen Lesungen -, was am Samstag, dem 25. Juni, in der „Welt" von einem Herrn Grandinger geschrieben wurde. Er ist mir nicht bekannt, aber er ist ein Finanz-Stratege und Partner der EPM Group Berlin. Ganz kurz zwei, drei Sätze: „Es versteht sich von selbst, dass sich Griechenland seit über einem Jahr faktisch im Staatsbankrott befindet - noch nicht juristisch, aber fiskalisch in jedem Fall. Die Politik versucht also, etwas zu ändern, was nicht mehr zu ändern ist. Ansonsten hätte man den Maastrichter Vertrag nicht so brutal brechen und einen Notfallfonds bilden müssen, euphemistisch Rettungsschirm genannt." - Das ist einmal eine Feststellung, von der ich glaube, dass sie grundsätzlich richtig ist. Das ist einfach festzustellen.

 

Des Weiteren, bitte schön, haben wir in Wien einen Vortrag von Prof Hankel gehört. Hankel ist heute ein sehr alter Herr, er war aber einer der führenden Wirtschaftsökonomen der Bundesrepublik. Er war Chefökonom der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Leiter der Abteilung Geld und Kredit im Bundeswirtschaftsministerium, Präsident der Hessischen Landesbank - vor langer Zeit, bevor diese auch halb bankrott geworden ist - und Sonderberater der EU-Kommission für die Währungspolitik. Er hat einige Feststellungen getroffen, die ich Ihnen nicht vorenthalten will.

 

Er hat einmal festgestellt, dass die Rettung des Euro sozusagen zu einem Kreuzzugsthema geworden ist, einem Thema, das das Nonplusultra für die gesamte EU-Politik ist. Der Präsident der EU hat zum Beispiel vor einiger Zeit gesagt, der Euro muss gerettet werden, koste es, was es wolle! Das sind Formulierungen, die

 

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