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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 65

 

ins totale Chaos. Das Ganze ist nicht steuerbar, man bräuchte dort einen europäischen Masseverwalter mit diktatorischen Kompetenzen, und den wird es nicht geben, und daher sehe ich dort eine sehr schwerwiegend negative Entwicklung, für die wir gar nicht die Mittel haben. (Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Kommen Sie heraus, und sagen Sie es, und rufen Sie nicht von hinten hinein! Aber Sie sind ja gegen die Diskussion! Sie wollen die Diskussion in diesem Haus ja beschränken, wie wir heute Früh in der Zeitung lesen konnten! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Der erste Schritt wäre, aufzuhören, die breite Masse in Griechenland kaputt zu sparen!) Das wäre theoretisch möglich! Da gebe ich Ihnen recht! Die Frage ist aber jetzt: Wie soll man das umsetzen?

 

Nächste Problematik: Wir sind ja selbst ganz beachtlich verschuldet, was wir uns auch in die Tasche reden. Wie sollen wir – und nicht nur wir, sondern die meisten europäischen Staaten – helfen, indem wir uns weiter verschulden, um einem Schuldner Geld zu geben! Das ist doch ein finanzpolitischer Irrsinn! Wir müssen uns zuerst darum kümmern, dass wir aus unseren eigenen Problemen herauskommen!

 

Die ÖVP will zum Beispiel auf der einen Seite dort Geld hineinbuttern, auf der anderen Seite sagt die Finanzministerin, eine Steuererleichterung ist in Österreich nicht drinnen! – Sehen Sie Ihren eigenen Widerspruch nicht in der ganzen Geschichte? Sie geben den anderen das Geld, das Sie den Österreichern nicht geben können, weil es nicht da ist! Bei der ganzen Geschichte ist doch so viel faul!

 

Europaweite Vermögenssteuer: Kollegin Kappel möchte dem, wie Sie sie ausgelegt haben, glaube ich, eh noch widersprechen, denn sie hat von den Griechen gesprochen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ja!) Sie wollen das aber europaweit machen! Die Problematik dabei ist, dass die Europäische Union in der jetzigen Konstruktion schon zu viel Geld verwirtschaftet hat und solche Probleme hat, um mit der Korruption zu Rande zu kommen, dass wir dieser weder die Fähigkeit noch wirklich den tieferen Willen zutrauen, das ordentlich zu handhaben. Daraus resultiert unsere große Skepsis in dieser Richtung!

 

Nächstes: Mitzahlen muss nach Ihrem Konzept nicht nur Österreich – und hat es bisher auch getan –, weil wir zu jenen Staaten gehören, die finanziell besser gestellt sind. Für Griechenland mitzahlen müssen aber auch Länder, denen es nicht besonders gut geht, und auch diese haben es bisher getan. Erklären Sie doch einmal den Slowenen, die jetzt mit einer Arbeitslosigkeit von – wie ich einmal sagen möchte – 16 Prozent rechnen müssen, warum sie ihr Geld dort hinunter geben sollen! – Das ist die nächste große Problematik bei der ganzen Geschichte.

 

Wir werden es vielleicht heute Abend sehen. Wenn die EU beziehungsweise die Kommission in Brüssel Glück hat, kommt eine sehr knappe Mehrheit für die Annahme des Pakets heraus. Aber selbst wenn diese herauskommt, Herr Kollege, bin ich mir noch nicht sicher, ob das auch von der Bevölkerung akzeptiert werden wird. Ich nehme an, das wird auch gegen den Willen des Parlaments mittelfristig von draußen sabotiert werden. Ich kenne den Raum relativ gut, und ich sage Ihnen: Die Streiks dort werden weitergehen, und Griechenland wird die Wirtschaftsfähigkeit nicht aufbringen, um auf die Füße zu kommen. Diesbezüglich bin ich sehr pessimistisch: Hier wird ein riesiges Problem an der Südostflanke Europas entstehen!

 

Jetzt der letzte Punkt, den ich Ihnen auch noch anführen möchte, Herr Kollege: Ich glaube Ihnen nicht ganz, dass Sie diesbezüglich ehrlich waren. Sie haben, wie auch der Vorredner von der SPÖ, vorgebracht: Die FPÖ ist gegen alles, also gegen Brüssel, gegen Europa, gegen den Euro und so weiter. – Wir sagen etwas anderes! Wir sagen: Wir wollen ein anderes Europa, denn dieses funktioniert ja nicht, das müssen Sie ja selber zugeben, dass das nicht hinhaut! Wir schleppen die ganze Geschichte ja schon die ganze Zeit mit!

 

Wir sind auch nicht für den Austritt aus dem Euro. Der Austritt aus dem Euro wäre die letzte Lösung, wenn das Chaos wirklich fast unüberbrückbar wird. Ich glaube Ihnen also nicht, dass Sie es in diesem Punkt ganz ehrlich meinen! Sie haben sicherlich mitverfolgt, was in unserem Parteiprogramm steht, darüber wurde von Ihrer Seite ja auch genügend gezetert: In diesem Programm steht ausdrücklich, dass wir ein Europa der Vaterländer als Gemeinschaft der Staaten wollen, die historisch, kulturell und geographisch das humanistische Abendland ausmachen. Und wir schreiben zum Beispiel ausdrücklich auch im dritten Absatz: Die FPÖ bekennt sich zu einem europäischen Vertragswerk mit einem Rechte- und Pflichtenkatalog für die Union und ihre Mitgliedsstaaten. Die Verfassungen der souveränen Mitgliedsstaaten sollen allerdings Vorrang vor dem Recht der Union haben. – Da ist keine Rede von einem Austritt und keine Rede vom Ausstieg aus dem Euro. Sparen Sie sich also das nächste Mal bitte wenigstens diese Argumente! (Beifall bei den FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau GRin Dr Kappel gemeldet. Sie hat drei Minuten Redezeit. – Bitte sehr.

 

14.18.48

GRin Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Es ist dies wirklich nur eine kurze tatsächliche Berichtigung.

 

Herr Kollege Margulies! Ich freue mich, dass Sie einen Vorschlag von mir positiv erwähnt haben. Sie haben ihn allerdings bedauerlicherweise falsch interpretiert.

 

Ich habe natürlich nicht gemeint, dass eine griechische, europäische oder sonstige, wie auch immer geartete, Vermögenssteuer eingeführt werden soll. Das habe ich ausdrücklich nicht gemeint!

 

Vielmehr habe ich habe gesagt, dass ein Anreizsystem in Griechenland geschaffen werden soll, dass all jene Griechen, die jetzt Geld im Ausland haben, dazu bewogen werden, ihr Geld wieder nach Griechenland zu bringen und es in Griechenland zu investieren.

 

Ich habe also vorgeschlagen, an den Solidargedanken der Griechen zu appellieren und ein Anreizsystem zu schaffen, dass dieses Geld, das jetzt im Ausland und in erster Linie in der Schweiz liegt, wieder nach Griechen

 

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