«  1  »

 

Gemeinderat, 13. Sitzung vom 29.09.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 88

 

lungsstadien hinter diesen Personen eigentlich stehen, was sie aus dieser Geschichte herausfiltern können und wo sie die gemeinsamen Nenner als Jugendliche dieser Stadt gemeinsam bestimmen und gestalten können.

 

In diesem Zusammenhang ist das nicht nur ein historisches Projekt, das die Einwanderungsgeschichte Wiens seit der k und k Monarchie unter die Lupe genommen hat, sondern es wurde auch ein Bezug zur Aktualität hergestellt, nämlich dazu, wie es den Zuwanderern und Zuwanderinnen und der sogenannten Mehrheitsgesellschaft in diesem Land mit dem Phänomen Zuwanderung geht.

 

Im Gegensatz zu einigen Parteien in Österreich beziehungsweise einer bestimmten Partei, nämlich der Freiheitlichen Partei, sind diese Jugendlichen nicht den Weg gegangen, zu pauschalisieren und Vorverurteilungen beziehungsweise Verdächtigungen in den Mittelpunkt zu stellen, um eine bestimmte Bevölkerungsgruppe immer wieder zu verunglimpfen.

 

Ich nehme diesen Pfad sehr gerne auf, weil das sehr wichtig ist. Sie wehren sich hier dagegen, dass mein Kollege David Ellensohn angeblich – das werden die Protokolle noch zeigen – die FPÖ in Bezug auf Kinderpornographie pauschalisiert hat. Aber was Sie mit den Migrantinnen und Migranten in diesem Land machen, sind ja ständig Pauschalisierungen! Ist ein Migrant straffällig geworden, sprechen Sie ständig von kriminellen Ausländern! Wird ein Migrant oder eine Migrantin verdächtigt, sprechen Sie sofort von kriminellen Migranten und Migrantinnen. Da wäre Sensibilität angebracht, da wünsche und erwarte ich mir von Ihnen, dass Sie mit Pauschalisierungen aufhören, weil das zur Debatte einiges beitragen kann.

 

Eine weitere Pauschalisierung erfolgte neulich durch den Generalsekretär Ihrer Partei, Herrn Vilimsky, in einem Gespräch mit dem Staatssekretär Kurz, das in der „Presse" wiedergegeben wurde. Dabei hat Vilimsky der arabischen und der afrikanischen Bevölkerung Kulturferne unterstellt. Er hat gesagt, das ist eine kulturferne Bevölkerung, das sind kulturferne Nationen.

 

Herr Kollege Prof Eisenstein, soviel ich weiß, lehren Sie an der Universität Wien Islamwissenschaften und Arabistik, oder Sie haben Arabistik studiert. Ich würde Ihnen nahelegen: Fragen Sie mal Ihren Parteikollegen Vilimsky, ob er Nachhilfe braucht bei der Frage, ob die arabische oder afrikanische Bevölkerung kulturfern ist oder nicht. Das wäre meine Bitte. Wenn Sie Herrn Vilimsky fragen und er damit einverstanden ist, dann teilen Sie mir das bitte mit. Es würde mich freuen. – Also Abstand halten von Pauschalisierungen, das ist sehr wichtig!

 

Herr Irschik hat zum Beispiel heute im Zuge dieser Fahrraddebatte zu unserem Schwerpunkt gesagt: Ja, wir wollen, dass Inländer und Ausländer Rad fahren, am besten mit dem eigenen Rad. Ich schätze, dass sich dieser letzte Teil des Satzes auf Ausländer bezogen hat. Hier sehen wir schon wieder, dass Sie nicht zur Besserung des Klimas im Land beitragen wollen, sondern immer wieder zu dessen Verschärfung, damit Sie Ihre Stimmenanteile erhöhen können. Das ist der falsche Weg! Dieser Weg sollte so schnell wie möglich verlassen werden, das würde uns allen gut tun.

 

Eine andere Geschichte ist die Debatte um die österreichische Staatsbürgerschaft. Dazu sagte der Herr Stadtrat, die Staatsbürgerschaft sei das Ziel eines gelungenen Integrationsprozesses. Das sehen wir nicht so. Wir denken, dass die Staatsbürgerschaft vor allem jenen Menschen gebührt, die in Österreich geboren wurden.

 

Wir haben in Österreich die Situation, dass Zuwanderer und Zuwanderinnen seit 20 und 30 Jahren in Österreich leben, hier Kinder auf die Welt bringen, deren Staatsbürgerschaft aber von jener der Eltern abhängt. Obwohl die Kinder hier auf die Welt gekommen, in den Kindergarten und in die Schule gegangen, also ein unentbehrlicher Bestandteil dieser Gesellschaft geworden sind, haben sie nicht die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft von Geburt an beziehungsweise nach diesem langen Prozess zu bekommen, die Staatsbürgerschaft ist immer wieder gekoppelt an jene der Eltern.

 

Ich glaube, dass wir mit dieser Politik ständig Ausländer und Ausländerinnen in unserem Land produzieren, obwohl diese Jugendlichen die Gepflogenheiten dieses Landes von Beginn an mitbekommen, miterleben und auch das Eigene mit hineintragen.

 

Daher denke ich, wir sollten schleunigst an der Staatsbürgerschaftsregelung arbeiten und diese ändern. In erster Linie geht es darum, Kindern, die hier auf die Welt kommen, die Möglichkeit zu geben, sich bis zum 18. Lebensjahr zweier Staatsbürgerschaften zu bedienen, sie aber zu verpflichten, sich ab dem 18. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden. Daher ist der Ansatz, dass die Staatsbürgerschaft der Endpunkt eines gelungenen Integrationsprozesses sei, falsch. Diesen Ansatz teile ich nicht. Bitte denken Sie alle darüber nach.

 

Apropos Staatsbürgerschaften: Wenn es nach Ihnen ginge, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, sollte man die Staatsbürgerschaftsbedingungen noch mehr verschärfen und die Leute noch mehr Prüfungen ablegen lassen. Was aber hat der Herr Scheuch in Kärnten gemacht? Er hat gesagt, ja, ich bin bereit, Russen die Staatsbürgerschaft zu besorgen, mit einer Bedingung: Die Russen müssen die Partei finanzieren, das ist „part of the game". Das ist Ihr Zugang zur Staatsbürgerschaft! Wenn es um Kohle geht, wenn Sie das Gefühl haben, man kann mit der Staatsbürgerschaft Geschäfte machen, dann schmeißen Sie diesen Leuten die Staatsbürgerschaft nach.

 

Das ist nicht unser Standpunkt. Unser Standpunkt ist konsequent und Ihrer nicht. Wir wollen, dass das Erhalten der Staatsbürgerschaft erleichtert wird und auch die Einkommensuntergrenze abgeschafft wird. Die Einkommensuntergrenze ist eine wahnsinnig große Hürde für die Einbürgerung der Menschen, wenn es darum geht, dass sie sich in Österreich österreichisch fühlen, wienerisch fühlen, das Gefühl haben, hier wohlwollend aufgenommen zu werden. Dafür muss man immer wieder die Einkommensuntergrenze nachweisen.

 

Ich sage aber: Einmal verdient ein Mensch in einem Arbeitsprozess mehr und einmal eben weniger. Da geschieht Unrecht, weil ein Mensch die Entwicklungen am

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular