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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 23.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 72

 

Antrag stellen, dann irren Sie. Sie irren einfach, denn wer bekommt denn in Wien den Heizkostenzuschuss? – Mindestsicherungsbezieher der MA 40, die Mietbeihilfe erhalten, bekommen den Wiener Heizkostenzuschuss automatisch mit der Mindestsicherung des Monats Jänner überwiesen. Das heißt, die müssen keinen Antrag stellen. Sie brauchen da auch nicht eine Laufzeit von vier oder fünf Monaten. Mindestpensionisten mit Hauptwohnsitz in Wien, die keine Mietbeihilfe der MA 40 beziehen, sind ebenfalls anspruchsberechtigt. Die können ab 1. Jänner den Antrag stellen. (GRin Ingrid Korosec macht eine wegwerfende Handbewegung.)

 

Jetzt seien Sie mir nicht böse. Auch in der Realität werde ich, wenn es im Jänner, Februar, März kalt ist und ich das Geld brauche – und die brauchen das Geld –, nicht im Mai oder Juni, wenn ich nicht mehr heize, einen Antrag auf diese Heizbeihilfe stellen. Das ist ja verrückt! Das würde ein normal denkender Mensch ja überhaupt nicht verstehen. Und glauben Sie mir, die Wienerinnen und Wiener sind nicht so dumm.

 

Wozu Sie mitbeitragen können, ist aufzuklären, wer einen Antrag stellen muss und wer keinen Antrag stellen muss und wie das im Prinzip wirklich ausschaut. Aber das machen Sie nicht. (GRin Ingrid Korosec: Doch!)

 

Wissen Sie, was mich noch von Ihnen ärgert, das ist nämlich die Doppelbödigkeit, die hier bestimmte politische Parteien ständig, wenn es um den Sozialbereich geht, an den Tag legen.

 

Frau Kollegin Korosec – jetzt hören Sie es von mir auch noch einmal, nicht nur von der Frau Stadträtin –, Sie wissen, auch als Sprecherin und als Vertreterin im Seniorenrat Ihrer Organisation, ganz genau – und da brauchen Sie uns nicht zu belehren, ich tue das auch nicht, ich bringe es Ihnen nur in Erinnerung –, tatsächlich ist im Prinzip der Bund zuständig, und tatsächlich hat er dafür budgetär Sorge zu tragen. Und tatsächlich, sage ich Ihnen – und das ist ja der Unterschied zur FPÖ –, haben wir es gemeinsam in der Koalition auf Bundesebene nach langen Verhandlungen zusammengebracht, diese Bedarfsorientierte Mindestsicherung wirklich umzusetzen.

 

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wir würden über den Heizkostenzuschuss gar nicht reden müssen. Wenn der seinerzeitige Vorschlag des Herrn Sozialministers Hundstorfer durchgegangen wäre, dann würden wir die Mindestsicherung ein 13. und ein 14. Mal bezahlen. Ich kann mich erinnern, da haben wir halt einen Partner, der gesagt hat, das will er nicht, das geht sich nicht aus. Na, da müssten wir nicht über 100 EUR reden, Frau Kollegin Korosec, denn wenn ich das richtig sehe in meinen Unterlagen, dann würden wir heute bei einem Ein-Personen-Haushalt von 2 Mal zusätzlich 846,70 EUR sprechen. Also da bräuchten wir uns über 100 oder 200 EUR gar zu nicht unterhalten.

 

Meine Damen und Herren! Aber noch etwas anderes. Man soll in solchen Fragen nicht versuchen, politisches Kleingeld umzuwechseln. Man tut damit den Betroffenen nichts Gutes, es wird eher nur verunsichert, die Leute kennen sich überhaupt nicht aus. Und was mich persönlich besonders stört und auch ärgert: Bei jeder Gelegenheit, Frau Kollegin, wettern Sie gegen die Valorisierung – wir haben das jetzt zwei Tage im Bereich der Budgetdebatte erlebt –, aber beim Heizkostenzuschuss verlangen Sie eine ebensolche. Das ist auch ein interessanter Standpunkt. Was einem auf der einen Seite missfällt, ist einem auf der anderen Seite billig.

 

Mit mir können Sie über alles diskutieren, aber ich sage Ihnen gleich, diskutieren Sie das in Ihrer Fraktion, und dann kommen Sie mit einer einheitlichen Linie. Dann werden wir es wahrscheinlich auch ein bisschen leichter haben, künftig konstruktive Gespräche zu führen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Aber jetzt sage ich Ihnen zum Schluss – und das gilt eigentlich für beide politische Parteien –: Ich wünsche mir, und natürlich auch von den Vertretern der Opposition, ein bisschen mehr Phantasie in der Sozialpolitik, aber nicht nur, was Ausgaben anbelangt, sondern auch beim einnahmenseitigen Teil. Da wären wir gut beraten.

 

Und ich darf noch etwas dazusagen, denn die meisten werden es vergessen haben: Wir haben in der Ersten Republik eine viel schlechtere Situation erlebt. Wir haben in der Ersten Republik ein finanztechnisches und wirtschaftspolitisches Umfeld vorgefunden, das katastrophal war. Aber damals hat es einen Prof Dr Julius Tandler gegeben, der sehr einfallsreich war. Mit den Pferdewetten und mit denen, die das meiste verdient haben, wurde in den Kindergärten und in den Schulen die Essensausgabe finanziert. Die größten Kaffeehäuser und Gastwirtschaften, nämlich die, wo die Reichen hingegangen sind, nicht die Kleinen, haben die Kinderfreibänder finanziert. Die Leute sind auch nicht gestorben deswegen, die sind auch nicht ärmer geworden, denn es hat immer Leute gegeben, auch in Krisenzeiten, die genug verdient haben.

 

Wissen Sie, ein Finanzminister hat einmal diesbezüglich erklärt: „Ein guter Tag beginnt mit einem konsolidierten Budget." – Ich glaube, Sie wissen, wen ich meine. Da können sich beide politischen Parteien erkundigen, wenn sie es nicht wissen sollten.

 

Ich glaube, ein guter Tag beginnt damit, dass man in der Sozialpolitik vernünftige, zielführende Überlegungen anstellt. Wir haben trotz schwieriger Zeiten im Prinzip 100 EUR Heizkostenzuschuss vereinbart. Aber ich darf Ihnen eines sagen: Eine Automatik ist das nicht, Frau Kollegin Korosec. Dieser Heizkostenzuschuss – und das ist auch in allen anderen Bundesländern so – ist keine Automatik. Er wird Jahr für Jahr von den zuständigen Landtagen diskutiert oder auch nicht. Denn es gibt ja einzelne Bundesländer – und die stehen Ihnen auch nicht fern –, wo momentan keine Zahlenangaben sind und auch kein Hinweis, ob etwas kommt oder nicht, und zwar wegen der schwierigen budgetären Situation.

 

Ich glaube, dass wir in Wien zu Recht als Sozialhauptstadt Österreichs bezeichnet werden, und wir haben diesbezüglich mit dieser Vorgabe einen kleinen Beitrag geleistet, sicher keinen großen. Mehr kann man in der Sozialpolitik immer tun, aber wie ich schon zu Beginn sagte, an Ihren Taten soll man Sie messen, nicht

 

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