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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 145

 

cherung eingeführt haben, und die Wiener Mindestsicherung sieht im Gegensatz zur früheren Sozialhilfe einen hohen Anteil an Mitteln für Wohnen vor. Im Jahr 2010, als wir damit begonnen haben, waren es 186 EUR, mittlerweile sind wir bei rund 190 EUR an Mitteln allein aus der Mindestsicherung. Dazu kommt noch im Verein mit dem Wohnbauressort die Wohnbeihilfe. Und es ist nicht einzusehen, wieso die öffentliche Hand Mittel unter dem Titel Wohnen hergeben, auf der anderen Seite aber nichts dafür bekommen soll!

 

Ich kann Ihnen auch inhaltlich erklären, warum das aus zwei weiteren Gründen wichtig ist: Erstens brauchen wir eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Träger, nämlich der Caritas, der Volkshilfe, des Arbeiter-Samariter-Bundes und der Einrichtungen der öffentlichen Hand, wo Zuwendungen in derselben Qualität geboten werden.

 

Zweitens müssen die Leute eben lernen – und das ist ein wesentlicher Aspekt beim Housing-First-Ansatz, für den Sie sich wirklich inhaltlich interessieren sollten! –, dass man für Wohnen bezahlen muss, dass Wohnen etwas kostet und dass man sich das Geld dafür einteilen muss. Daher haben wir nicht den Ansatz gewählt, für den andere Bundesländer wie zum Beispiel Kärnten sich entschieden haben, Mindestsicherungsbezieherinnen und -beziehern den Wohnanteil gar nicht auszubezahlen, sondern gleich einzubehalten und dann irgendetwas irgendwie zur Verfügung zu stellen oder auch nicht. Das entspricht nicht unserem Menschenbild, und das entspricht nicht unserem Ziel, Menschen dafür fit zu machen, zukünftig wieder selbstständig und ohne Unterstützung leben zu können. Und zum eigenständig Sein gehört auch der Prozess, zu lernen, dass Wohnen etwas kostet.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die nächste Zusatzfrage wird von GRin Korosec gestellt. Bitte.

 

9.16.38

GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Stadträtin!

 

Obdachlose Frauen brauchen eine spezielle Unterstützung, unabhängig von den vorhandenen Frauenhäusern. Haben Sie diesbezüglich ein mittel- und längerfristiges Konzept?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wir haben vor einigen Jahren damit begonnen. Vor fünf Jahren sind die ersten Einrichtungen für wohnungslose Frauen eröffnet worden. Ganz besonders am Herzen liegen mir dabei vor allem Frauen mit Kindern, die auch von Wohnungslosigkeit betroffen sind. (Zwischenrufe.)

 

Hört man mich jetzt? Ich wiederhole das eben Gesagte: Wir haben vor fünf Jahren die ersten Wohnungsloseneinrichtungen für Frauen im Rahmen des Stufenbaues der Wohnungslosenhilfe in Wien eröffnet. Ganz besonders wichtig sind mir dabei vor allem wohnungslose Frauen mit Kindern. Das passiert schneller, als man schauen kann: Da gibt es eine Scheidung, da gibt es Alkoholprobleme, und dann sind Frauen und Kinder wohnungslos. Wir haben gerade erst jetzt wieder eine Mutter-Kind-Einrichtung im 2. Bezirk in einem Kolpinghaus eröffnet. Das ist ein sehr schönes Modell, wobei die bereits bestehende Einrichtung im 10. Bezirk dafür das Vorbild war: Es wird eine Pflegeeinrichtung gemeinsam mit einer Mutter-Kind-Einrichtung geführt, was zu zusätzlichen Synergien führt. Das ist sowohl wirtschaftlich, als auch vor allem ideell sinnvoll.

 

Das Thema der speziellen Situation wohnungsloser Frauen ist also seit nunmehr fünf Jahren ein integraler Bestandteil der Planung bei der Wohnungslosenhilfe, das heißt: Auch alle Erweiterungen, die im nächsten Jahr stattfinden, finden immer unter dem Aspekt statt, dass es spezielle Einrichtungen für Frauen geben muss.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die nächste Zusatzfrage wird von GR Dr Aigner gestellt.

 

9.18.42

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Guten Morgen, Frau Stadträtin!

 

Meine Frage geht in Richtung Obdachlose, die aus anderen EU-Ländern kommen und in Wien Obdachlosigkeit erleiden. Welche Maßnahmen trifft die Stadt Wien, auch in Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten, um dieses grenzüberschreitende Phänomen nach Möglichkeit einer Lösung zuzuführen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wir haben diesbezüglich ganz klare innerstaatliche gesetzliche Regelungen, wer wo für die Sozialhilfe anspruchsberechtigt ist. Es ist ein wichtiges Regime der Sozialpolitik, dass an sich Reisefreiheit und Niederlassungsfreiheit bestehen, dass das aber nicht aus dem Zweck geschieht, um dort dann die Sozialeinrichtungen und die Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, wie ich der Vollständigkeit halber sagen möchte.

 

Wir sind sehr engagiert, auf europäischer Ebene entsprechende Lösungen zu finden, die aber nur in den schwächer entwickelten europäischen Staaten liegen können. Ich halte nichts davon – und ich halte vor allem nichts davon, weil das erstens nicht finanzierbar ist und zweitens auch zu keinen Lösungen führt –, wenn sich die Stadt Wien oder auch die Republik Österreich für alle Obdachlosen der Slowakei, Rumäniens und Bulgariens zuständig erklären, weil das keine Lösung bringt.

 

Das, was wir tun, ist, dass wir eine Kooperation mit der Caritas haben, in deren Rahmen wir mit Mitteln des Staates eine Beratungsstelle zur Rückkehr von Menschen aus Staaten der Europäischen Union, aber auch aus Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, finanzieren, um denen aufzuzeigen, dass es in dieser Form hier in Österreich keine Zukunft gibt.

 

Lösbar ist dieses Problem aus meiner Sicht perspektivisch nur, indem die wirtschaftlichen und die Lebensbedingungen in diesen Staaten, aus welchen die Menschen kommen, bessere werden.

 

Ich sage noch einmal: Aus meiner Sicht sind diese Probleme nicht in der Weise lösbar, dass Wien diese Probleme löst.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der 1. Frage.

 

9.24.00†Amtsf StR Dr Michael Ludwig - Frage|

Wir kommen nun zur 2. Frage (FSP –

 

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