Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 145
Der Hausverstand sagt: Sparen! – Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben!
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Ellensohn, wobei ich darauf hinweise, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats diesmal nur einmal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. – Bitte, Kollege.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Vielen Dank für die Erinnerung, Herr Vorsitzender! (GR Mag Dietbert Kowarik: Zeit läuft!) Meine Damen und Herren!
In aller Kürze: Jedes Mal, wenn wir über Verteilungsfragen reden, kommen die gleichen Mythen auf den Tisch, die da lauten: Die GRÜNEN glauben tatsächlich, dass wir Geld holen können bei denen, die viel zu viel haben! – Wir reden tatsächlich von jenen, die mehr als 1 Million EUR haben. Damit ist kein Mittelstand gemeint, sondern damit sind die stinkreichen Leute in diesem Land gemeint, niemand anders.
Was könnte man tun? – Ich habe es schon ein paar Mal gesagt: Hier herinnen habe ich das Gefühl, dass man sich vor ein paar Wissenschaften fürchtet. – Es ist kein Wunder, wenn man sich vor Astrophysik oder vor der Erforschung von Sonnenflecken fürchtet, denn da kennt sich nicht jeder aus. Aber bei der Mathematik wäre es nicht so schwierig!
Ich habe hier eine Zeitschrift, die ich Ihnen ans Herz legen kann, nämlich „Brand eins“. Die neue Ausgabe hat den Titel: „Fürchtet euch nicht!“ Und das, was man jetzt unten nicht sieht, wäre das, was diesen Gemeinderat beschäftigen sollte: „Schwerpunkt: Rechnen“. – „Schwerpunkt Rechen“ könnte man allen in diesem Haus empfehlen. Man hat nämlich das Gefühl, dass Sie meinen, dass man weniger einnehmen soll, dass es weniger Gebühren und keine Steuern geben soll, dass man keine Schulden machen darf, aber mehr Leistungen zahlen soll.
Die Vorschläge der FPÖ während der Budgetwoche lauteten auf 500 Millionen plus. All das war nicht durchgerechnet, und bei der ÖVP war es genau das Gleiche. Was mich am meisten ärgert, sind diese Steuermythen, denn da kommt leider noch diese Argumentation durch, wie viel Steuer wir doch zahlen: 50 Prozent Spitzensteuersatz! – Das ist schlicht falsch, und eigentlich könnte das jeder wissen, weil es eine schöne ... (Zwischenruf von GR Ing Mag Bernhard Dworak.) Ich rechne es eh gleich vor und zeige eine Tabelle! Das wäre ganz leicht zum Nachrechnen, denn wir alle, die wir hier sitzen, sind in diesem Spitzensteuersatz, aber niemand von uns zahlt 50 Prozent. Das wäre eine komplizierte Tabelle, die so ausschauen würde und oben bei ungefähr 43 Prozent endet. (Der Redner zeigt eine Tabelle.)
Insgesamt könnte man all das nachlesen. Jetzt zitiere ich einmal nicht die GRÜNEN, sondern die Sektion 8 der SPÖ, „steuermythen.at“. Einfach runterladen! Es gibt einen Download, und dort wird ganz hervorragend erklärt, was alles nicht wahr ist an der Argumentation rund um Vermögenssteuern und Einkommenssteuern, dort wird alles erklärt, was nicht stimmt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das sollte man durchlesen, das sollten die Leute hören, das sollte in der Schule gelehrt werden, anstatt der Verblödung, die leider durch die Medien, vor allem aber durch konservative Think Tanks auf allen Ebenen geschieht! Da haben wir ein Hayek-Institut, bei dem nichts anderes geschieht, als dass Legenden über Steuerpolitik verbreitet werden. So geht es nicht!
Nehmen wir einmal ein paar konkrete Beispiele, was in Österreich geschieht. Vergleichen wir ein paar Bundesländer! – In der Steiermark bekommen die Landesbediensteten null Zuwachs. Das kostet den durchschnittlichen Landesbediensteten 500 EUR im Jahr. Das ist das Doppelte von dem, was laut den gegenwärtigen Plakaten der ÖVP die Belastungen in Wien kosten. Das allein kostet jeden Einzelnen dort das Doppelte von dem, was Sie plakatieren!
Ein noch besseres Beispiel dafür ist Oberösterreich. Jetzt werden Sie sagen, Moment, dort sind die Grünen! – Ich berichte: In Oberösterreich haben ÖVP und FPÖ eine Kürzung der Wohnbeihilfe beschlossen. Es wird nicht mehr so viel gefördert wie vorher. Rot und Grün haben dagegen gestimmt. Dort gibt es nämlich ein freies Kräftespiel, unabhängig davon, wer in der Koalition sitzt.
Ich sage Ihnen jetzt, wie viel das, was dort eingespart wird, eine Alleinerzieherin mit 3 Kindern, die 1 380 EUR zur Verfügung hat, kostet, nur dass man dafür einmal ein Gefühl bekommt: Wir reden jetzt nicht von den Reichen, sondern von jemandem, der nicht viel Geld hat, nämlich von einer Frau, die drei Kinder und ein Haushaltseinkommen von 1 380 EUR hat. Dieser Frau nehmen Sie – Wohnbaulandesrat Hainbuchner, Freiheitliche Partei, mit Zustimmung der ÖVP – pro Jahr 2 160 EUR weg. 2 160 EUR!
Im Hinblick darauf braucht man nicht mehr davon zu reden, ob Wien belastet oder nicht! Überall dort, wo ÖVP und FPÖ gemeinsame Beschlüsse fassen, werden die Reichen geschützt, und dann werden Schmähs erzählt, nämlich genau diese Steuermythen. Aber wir werden daran arbeiten, dass man genau das dekonstruiert! Das ist die Aufgabe: All diese Mythen zerlegen und dann 2013 einen Wahlkampf in Österreich führen, in dem man sagt: Entweder zahlt die Rechnung für Bildung, Gesundheit und Soziales und Mobilität der sogenannte Mittelstand – das ist nämlich Ihr Programm! –, oder es bezahlen endlich auch die Reichen und Superreichen diese Aufgaben. Jeder, der mehr als 1 Million hat, zahlt jedes Jahr 1 Prozent. Dann hat er statt 1 Million 990 000 EUR und ist nicht arm und muss nicht zum AMS und muss nicht betteln gehen und muss nicht die Halskette versetzen! (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.)
Das ist kein Klassenkampf! Den Klassenkampf erklären die Konservativen den kleinen Leuten und allen, die arbeiten gehen und von ihrer eigenen Arbeit leben müssen, schon lange. Es geht nicht, dass jemand, der Millionen hat, sich nicht an unserem Gesundheitssystem beteiligen muss! Das ist einfach vorbei! Und wir werden das, wenn wir das zwei Jahre trommeln, auch schaffen: Dort, wo ÖVP oder FPÖ draufsteht, nimmt man den armen Leuten das ganze Geld weg! Fallen Sie bitte, und fallt bitte – das ist jetzt auch an die jungen Leute, die auf der Galerie zuhören, adressiert – nicht auf diese
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