Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 145
bedingt durch ‚verkehrsberuhigende Maßnahmen’ und dadurch bedingt weitere Anreise durch zahlreiche Einbahnen und Sperren. Echt super, diese CO2-G’schicht!“ – Das wird vielleicht die GRÜNEN freuen!
Meine Damen und Herren! Sie wissen ganz genau: Die Unternehmer gehen nicht demonstrieren. Die Unternehmer besetzen keine Häuser, weil sie Respekt vor dem Eigentum anderer Menschen haben. Aber wir werden mit allen Mitteln gegen das angehen, was Sie diesen Unternehmern hier in dieser Stadt zumuten! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dipl-Ing Margulies gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Man sieht es: Die vereinte Reaktion versucht den Klassenkampf von oben! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Es kommen immer dieselben Mythen. Am liebsten wäre es, die öffentliche Hand schenkt der Wirtschaft alles, die öffentliche Hand belastet in Wirklichkeit niemanden, die öffentliche Hand macht ein ausgeglichenes Budget, die öffentliche Hand ... (Zwischenruf von GR Dkfm Dr Fritz Aichinger.) Ich weiß es nicht! Wovon soll die öffentliche Hand eigentlich leben? (StR Mag Manfred Juraczka: Haben Sie schon einmal etwas von Sparen gehört?)
Kommen wir zum Sparen: Sparen – und das sage ich ganz bewusst für die jungen Menschen auf der Galerie –, wenn ÖVP und FPÖ das Wort in den Mund nehmen, bedeutet, belasten. Es bedeutet, den Menschen bei der Bildung etwas wegzunehmen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Sparen bedeutet, wenn ÖVP und FPÖ dieses Wort in den Mund nehmen, im Gesundheitsbereich etwas wegzunehmen, bei den Pensionen etwas wegzunehmen, im Sozialbereich etwas wegzunehmen, bei den Löhnen und den Gehältern etwas wegzunehmen. (GR Johann Herzog: Was tut denn ihr?) Das ist das Sparen von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)
Und es ist tatsächlich die größte Steuerlüge, wenn sich irgendjemand hier herstellt und sagt, dass von den Reichsten und Superreichen nichts zu holen wäre. – Die obersten 10 Prozent haben zusammen 100 Milliarden EUR! Die anderen 90 Prozent haben zusammen 500 Millionen EUR, also die Hälfte von den obersten 10 Prozent. Und jeden einzelnen Cent, den die obersten 10 Prozent nicht bezahlen, den zahlt jemand anderer.
Jetzt sage ich Ihnen ganz offen: Nein! Ich freue mich nicht über die Erhöhung der Dienstgeberabgabe. Nein! Ich freue mich nicht über manch andere Erhöhungen. Aber ich halte sie für notwendig und sinnvoll, denn wenn wir in dieser Frage nicht die Dienstgeberabgabe erhöhen, dann müssten wir bei anderen Menschen erhöhen. Und mir ist es lieber, das sage ich ganz offen in der konkreten Situation, wir verteilen die Lasten in Wien zumindest halbwegs gerecht, denn wir haben für die Menschen in Wien tatsächlich die öffentlichen Verkehrsmittel günstiger gemacht, und auch das Parkpickerl und einige andere Dinge werden günstiger, daher muss einiges anderes teurer werden. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)
Ein Punkt zu diesem Sparmythos: Stellen Sie sich vor, wir budgetieren ausgeglichen und sparen plötzlich noch einmal 400 Millionen EUR ein. Das wäre eine Katastrophe für Wien! Das wäre eine Katastrophe für den Arbeitsmarkt. Es gäbe 10 000 arbeitslose Menschen mehr in Wien, und volkswirtschaftlich gerechnet würde sich herausstellen, dass diese Einsparung von 400 Millionen EUR lächerliche 40 Millionen EUR Nettoeffekt hat.
Weil, nur als ein Beispiel: Sie wissen es, jeder von Ihnen bezieht ein Gehalt. Bei der Diskussion, Abgeordnete einsparen, et cetera, ist es locker, vom Bruttogehalt zu reden, aber mehr als die Hälfte von dem, was jeder Abgeordnete kostet, bleibt doch beim Staat. Einmal von Haus aus an Steuern, an Sozialversicherungsbeiträgen, et cetera, und der Rest fließt in den Konsum. Wir wissen alle, es gibt einen sogenannten Hebelmechanismus, das heißt, man darf niemals die Bruttosumme allein betrachten. Sie wissen es, und die vereinte Reaktion weiß wie Wirtschaft funktioniert, und genau deshalb versuchen Sie permanent, der Mittelschicht, permanent der Bevölkerung, nur um Ihren Reichtum zu behalten, permanent versuchen Sie deshalb, Ihre Steuermythen zu wiederholen. Hunderte Lobbyisten arbeiten daran, in Brüssel, in ganz Europa, nur um diesen neo-liberalen Kauderwelsch aufrechtzuerhalten. Sie wollen Ihren Reichtum sichern, und es ist Ihnen vollkommen egal, wie es der Bevölkerung geht. (Beifall bei den GRÜNEN.) Glauben Sie ÖVP und FPÖ in wirtschaftspolitischen Maßnahmen kein Wort. Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin hat sich GRin Mag Dr Kappel gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Herr Kollege Margulies hat sich heute wieder selber übertroffen. Leider kann ich nicht im Detail auf alle Dinge eingehen, die er gesagt hat, aber es ist wirklich atemberaubend. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Tarifreform, oder wie Sie sparen oder Reformen umsetzen.
So war es Ihre Tarifreform, die Jahreskarte bei den Öffis auf 365 EUR im Jahr zu senken. Das ist wunderbar und freut uns alle. Nur: Was haben Sie letzte Woche im Finanzausschuss getan? Sie haben sich 24 Millionen EUR aus dem allgemeinen Budget für die Tarifreform bei den Wiener Linien genehmigen lassen. Ich gratuliere! (Beifall bei der FPÖ.) Super, das sind genau die Reformen, die wir uns wünschen. Das sind dieselben Tricks, die wir den Griechen und Italienern ankreiden, nämlich eine Tasche auf und in die andere hinein. Das sind genau die Budgettricks, die Sie anwenden! (Beifall bei der FPÖ.)
Einen ähnlichen Schmäh wenden Sie auch beim Stabilitätspakt an, wo die Gemeinde Wien als Land und als Gemeinde auftritt, was sie zwar darf, dabei aber
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular