Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 145
Wir haben gerade jetzt über die Erhöhungen gesprochen, die heute wieder auf uns zugekommen sind, aber 21,5 Millionen, die werden locker ausgegeben. Das ist die betriebswirtschaftliche Seite, und auf der anderen Seite haben wir das menschliche Leid, das damit verbunden ist, im Krankenhaus zu liegen, nicht wegzukommen und nicht behandelt zu werden, das ist ja unglaublich. Wenn ich das noch in Schilling umrechne, sind das mehr als 300 Milliarden. Also, ich muss Ihnen sagen, ... (GR Franz Ekkamp: Nein, nein!) Eine Viertelmilliarde. Einerseits menschliches Leid, andererseits Geldverschwendung. (Heiterkeit in der SPÖ.) Sie lachen dazu, ich muss Ihnen sagen ... (GR Franz Ekkamp: Aus einem anderen Grund!) Ach so, aus einem anderen Grund. Nun, das hätte mich auch sehr von Ihnen gewundert, weil eigentlich ist es ein viel zu ernstes Thema, als dass man dazu lachen kann zu dieser Geldverschwendung zu Lasten der Patienten. Ich gebe aber zu, weil ich bin eine Oppositionspolitikerin, und ich anerkenne es auch, wenn es Bemühungen gibt. Ich gebe zu, dass sich in den letzten Jahren einiges verbessert hat, es war noch viel schlimmer. 2005 hat es 1 300 Fälle gegeben, 2009 waren es dann ungefähr 1 000. Aber, was in Wien das Problem ist, und das merken wir immer wieder, und damit werden wir tagtäglich konfrontiert: Bei Erhöhungen sind Sie sehr rasch, bei Veränderungen sind Sie sehr langsam. Das heißt, da gibt es ein Schneckentempo. Sie beginnen es ganz gemütlich, und das ist es ja auch, was der Rechnungshof sehr deutlich aufgezeigt hat und auch einmahnt, dass hier rasche Veränderungen erfolgen müssten. Die Procuratio-Fälle verursachten 55 000 Belagstage im Jahr 2008, was 10 Prozent in den einzelnen Abteilungen ergibt. Das müssen Sie sich vorstellen, 10 Prozent waren Procuratio-Patienten. Und das entspricht, damit Sie sich was vorstellen können, etwa einem Krankenhaus wie dem Krankenhaus Floridsdorf. Also das heißt, die Procuratio-Fälle in Wien sind so zahlreich, wie Leute im Krankenhaus Floridsdorf liegen. Das ist eine Größenordnung, die natürlich noch immer unglaublich ist und raschest geändert gehört.
Aber der Rechnungshofbericht bringt auch andere brisante Details, etwa die durchschnittliche Belagsdauer. Sie müssen sich vorstellen, in der Psychiatrie liegen die Menschen 144 Tage, das heißt, 5 Monate, in einem Akutbett und warten, warten, warten. Der Spitalsalltag geht an ihnen vorbei, anstatt dass sie in Pflegeheime kommen und dort betreut oder mobilisiert werden.
Frau Stadträtin, – ich sehe, sie ist auch nicht da, sie hört sich das auch nicht an - also, es dauert viel zu lange, dass man auf einen Pflegeplatz wartet. Frau Stadträtin, handeln Sie endlich und rascher, rascher, rascher. (Beifall bei der ÖVP.)
Bei dem Zeitraum bis 2020, wo wir nach der derzeitigen Planung noch zu wenige Kapazitäten haben, wäre daher, auch nach Ansicht des Rechnungshofes, von der Wiener Stadtregierung ein entsprechendes Maßnahmenprogramm auszuarbeiten, um die Versorgung älterer Menschen in Wien langfristig sicherzustellen. Noch dazu, wo wir wissen, - wir kennen alle die demographische Entwicklung - dass es hier noch, Gott sei Dank, Veränderungen nach oben gibt, aber dem muss man natürlich und selbstverständlich Rechnung tragen.
Jetzt, Frau Stadträtin, wie sieht Ihr Maßnahmenprogramm aus?
Erstens, wo ist der verstärkte Ausbau von Remobilisierungsangeboten, damit Menschen nach Möglichkeit überhaupt nicht zum Procuratio-Fall werden?
Zweitens, wie sieht es mit der Finanzierung für den Ausbau ambulanter Dienste aus, um die Betreuung wohnortnah, im eigenen Grätzel, sicherzustellen?
Drittens, wo wird es die vom Rechnungshof vorgeschlagenen Entlastungsstationen mit entsprechenden Betreuungsangeboten in den KAV-Spitälern geben, um zumindest eine Übergangsmöglichkeit zu haben, bis die Pflegekapazitäten verfügbar sind?
Und viertens, wird der KAV verstärkt sein Augenmerk auf die geforderte aktive frühzeitige Vorbereitung der Entlassung lenken?
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Liste der dringend umzusetzenden Reformen ist lang, und der vorliegende Rechnungshofbericht - und das ist ja das Positive daran - bietet einen sehr guten Überblick über notwendige Verbesserungsmaßnahmen für diese Legislaturperiode, aber auch darüber hinaus. Die Damen und Herren der SPÖ und auch der Grünen Fraktion: Sie sind am Zug, aber Sie hören es sich ja nicht einmal an, es liegt in Ihrem Verantwortungsbereich, die Empfehlungen des Rechnungshofes aufzugreifen und rasch umzusetzen.
Ich hoffe, Sie sehen das auch so, denn wenn es nicht so wäre, dann muss ich sagen, wäre es verantwortungslos, wenn dieser Bericht in der Schublade der Frau Stadträtin verschwände. Das ist aber, hoffentlich, nicht anzunehmen.
Ich könnte jetzt noch über die Blutversorgung sprechen, ich tue es nicht. Meine Fraktion hat das gelesen, ebenso die Freiheitliche Fraktion, davon bin ich auch überzeugt. Sie, Herr Rechnungshofpräsident, Sie kennen es. Die Regierungsfraktion interessiert sich nicht dafür, daher erspare ich mir das.
Daher, Herr Rechnungshofpräsident, nochmals recht herzlichen Dank für Ihre profunde Arbeit, und Dank auch an Ihr Team mit besten Empfehlungen von uns. Und da wir so knapp vor Weihnachten sind, darf ich Ihnen auch namens meiner Fraktion ein schönes, besinnliches Weihnachtsfest wünschen und Ihnen und Ihrem Team, aber Ihnen ganz persönlich, weil wir uns ja auch schon sehr lange kennen, wünsche ich Gesundheit und ein erfolgreiches Jahr 2012, in dem sicherlich wieder viele Herausforderungen auf Sie und auf Ihr Team zukommen. Und ich bin ganz überzeugt davon, dass Sie das mit der Ihnen eigenen Professionalität bestens meistern werden. Das ist ein Erfolgserlebnis sicher für Sie, aber das ist auch ein Erfolgserlebnis für die Menschen, die in dieser Stadt leben, weil sie ja dann doch die Hoffnung haben können, dass doch die eine oder andere der Empfehlungen umgesetzt wird. Danke. (Beifall bei der ÖVP)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr StR DDr Schock gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
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