Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 145
auch nach, nur manchmal hat sie eben eine andere Meinung, gibt es unterschiedliche Zugänge.
Wenn es um ein Thema wie die Beamtenpensionen und um eine potenzielle Einsparungsmöglichkeit von 350 Millionen EUR geht, dann wird es allerdings dramatisch, wenn man das mit einem unterschiedlichen Zugang bezeichnet, um nicht zu sagen, verniedlicht. Wenn wir uns ansehen, wie die finanzielle Situation der Stadt Wien und der Republik insgesamt aussieht, dann geht es irgendwann einmal an die Substanz, Herr Kollege von der SPÖ, wenn man solche Handlungsanleitungen nicht aufgreift. Dieses Nichtaufgreifen und Nichtglauben, wenn es von der ÖVP kommt, sind wir gewohnt. Das überrascht uns weiters auch nicht. Aber Sie machen es auch nicht, wenn es vom Rechnungshof kommt, obwohl Sie vorgeben, immer zu sagen, wenn es gescheite Vorschläge gibt, wo man etwas effizienter, transparenter, sparsamer machen könnte, seien Sie dem natürlich aufgeschlossen. Aber Sie machen es nicht. Sie machen es überhaupt nicht. Sie machen genau das Gegenteil davon. Das wird dann ernsthaft problematisch.
Heute in der Früh, in der Aktuellen Stunde, haben wir, glaube ich, eine sehr gute, teilweise gerechtfertigte emotionale Debatte gehabt. „Sparen, sagt der Hausverstand.", sagt Herr Kollege Neuhuber. „Sparen, sagt der gesunde Menschenverstand", sagt Kollege Gudenus. „Sparen", sagt auch der Rechnungshof. Sie wollen es nicht hören! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie wollen es nicht hören. Für Sie ist Sparen nach wie vor ein Fremdwort. Wir haben einen Rekordschuldenstand von 4 Milliarden EUR plus 2 Milliarden EUR bei Wiener Wohnen. Wir haben die größte wirtschaftliche und politische Krise in Europa, die eine Schuldenkrise ist, ganz einfach deshalb, weil die öffentlichen Haushalte so ausschauen, weil die Schulden so groß sind, weil die Staaten so verschuldet sind und weil die Länder und Gemeinden so verschuldet sind. Ihnen fällt dazu nichts ein, außer Steuern und Gebühren in einem geradezu unverfrorenen Ausmaß zu erhöhen. Wir haben es sehr ausführlich gehört: Abwasser, Müll, Kulturabgabe, Gas, Wasser, Hundesteuer, Parkgebühren, Parkstrafen, U-Bahn-Steuer.
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, und ich spreche da in erster Linie die SPÖ an, weil ich mir denke, da gibt es vielleicht noch eher die Bereitschaft der Aufnahme als bei den GRÜNEN, wo man sich noch weniger erhofft, glauben Sie wirklich, dass das à la longue so funktionieren wird, dass uns das wirklich à la longue Wohlstand und Lebensqualität absichert? Glauben Sie nicht, dass irgendwann einmal Reformen in diesem Land und in dieser Stadt auch notwendig sind?
Ein ganz großer Brocken sind die Beamtenpensionen, sind die Frühpensionierungen und ist die Frage der Harmonisierung mit dem Bund. Ich habe Ihnen ausgerechnet, dass uns die Frühpensionierungen in Wien bei den Wiener Beamten jährlich 200 Millionen EUR kosten. Das ist natürlich nicht in Summe einsparbar, weil wir natürlich um viele Frühpensionierungen nicht herumkommen werden. Aber wir haben bei den Frühpensionierungen ein durchschnittliches Pensionsantrittsalter von 53 Jahren, das heißt, mindestens 7 Jahre zu früh. Jährlich werden 600 Wiener Beamte frühpensioniert. Das heißt, ich habe jährlich mindestens 4 000 Frühpensionisten, die ich bezahlen muss, die ich mir idealerweise ersparen könnte. Wenn ich nur von 50 000 EUR Kosten im Jahr ausgehe, habe ich ein potenzielles Einsparungspotenzial von 200 Millionen EUR pro Jahr. Natürlich kann ich diese nicht zur Gänze einsparen, aber wenn ich 100 Millionen EUR oder nur 50 Millionen EUR oder nur 10 Millionen EUR einsparen könnte, dann wäre nicht nur etwas für die Stadtkasse getan, sondern dann wäre auch sehr viel für die Mitarbeiter getan, denen es nicht darum geht, dass sie möglichst zeitlich in Pension gehen, sondern denen es darum geht, dass sie gesund bleiben können, dass sie gesund und nachgefragt an ihrem Arbeitsplatz arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt komme ich zum Vorschlag des Rechnungshofes, der sagt, das mit den Frühpensionierungen mag alles sein, aber es wären schon 350 Millionen EUR allein einsparbar, wenn man die gleichen Regelungen in Wien anwenden würde, wie es sie beim Bund gibt. Es gibt ein Allgemeines Pensionsgesetz des Bundes, das seit 1. Jänner 2005 in Kraft ist. Es bringt merkbare Einsparungen, aber vor allem mehr Gerechtigkeit und mehr Transparenz. Nicht so in Wien. Hier hat man einen Übergangszeitraum bis zum Jahr 2042 vorgesehen. Ich meine, das muss man sich einmal vorstellen, in welcher Geschwindigkeit Sie politisch handeln und auf notwendige Veränderungen reagieren! Jetzt haben wir das Jahr 2011, also das sind mehr als 30 Jahre! In diesen Dimensionen glauben Sie, dass Sie die Probleme dieser Stadt und in diesem Land bewältigen können!
Sie verzichten auf Einsparungen durch ein Pensionskonto. Die Einsparungen sind natürlich entsprechend geringer. Der Rechnungshof sagt uns, 350 Millionen EUR für alle Landesbeamten in Wien.
Welche Empfehlungen sind das ganz konkret? Es sind vier Empfehlungen, die bis dato nicht umgesetzt sind. Im Jahr 2009 hat sich der Rechnungshof sehr genau das Pensionssystem der Länder angesehen, Empfehlungen abgegeben und in einem Nachfrageverfahren im vergangenen Jahr nachgefasst, was denn davon umgesetzt worden ist.
Empfehlung Nummer 1: „Übernehmen Sie das Pensionskonto des Allgemeinen Pensionsgesetzes." - Umsetzung abgelehnt.
Empfehlung Nummer 2: „Die lineare Senkung der Höhe des Ruhegenusses auf die Höhe der APG-Pension." - Umsetzung abgelehnt.
3. Empfehlung: „Führen Sie endlich einen Pensionskorridor ab dem 62. Lebensjahr mit Rechtsanspruch bei Abschlägen von 3,36 Prozentpunkten ein." - Empfehlung abgelehnt.
4. Empfehlung: „Kommt es zu einer längeren Dienstzeit, über 45 Jahre hinaus, so anerkennen Sie diese Mehrleistung im Wege des Steigerungsbetrages." - Empfehlung abgelehnt.
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, Sie lehnen ein billigeres, gerechteres und transparenteres System ab. Sie lehnen eine Harmonisierung mit den
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