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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 145

 

Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Feldmann. Ich erteile es ihr.

 

14.25.35

GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Wie uns allen hier hinreichend bekannt ist, leben wir in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Daher gilt es, ganz genau zu überlegen, wie wir Subventionen einsetzen und wohin wir Fördergelder verteilen. Mir ist vollkommen klar, dass Sie sich lieber als Zuckerln verteilende Onkel und Tanten sehen, aber es klafft in Wien dramatisch auseinander. Frauen in Not müssen immer wieder abgewiesen werden, weil angeblich kein Geld vorhanden ist, zum Beispiel für ein weiteres, fünftes Frauenhaus. Gleichzeitig werden für Ihnen nahestehende Vereine wie zum Beispiel „CheckArt Verein für feministische Medien und Politik“, aber auch für den „Verein Frauenforschung und weiblicher Lebenszusammenhang“, zwei an der Zahl, in der Summe 320 000 EUR ausgegeben.

 

Jetzt lese ich etwas vor über Handlungsfeld und Aufgaben des „Vereins Frauenforschung und weiblicher Lebenszusammenhang“: „Das ‚Stichwort’, Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung, sammelt jede Art von Dokumenten der Frauen- und Lesbenbewegung und macht Literatur zu allen Themen feministischer Forschung für jede Frau zugänglich.“ – Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn jemand etwas lesen will, soll er in die Buchhandlung gehen, das brauchen wir, glaube ich, nicht zu fördern! (Beifall bei der ÖVP und von GRin Uta Meyer.)

 

Es sind 320 000 EUR – und gleichzeitig ist jede vierte bis fünfte Frau in Österreich Opfer häuslicher Gewalt, vor allem die Kinder leiden jahrelang unter Folgen häuslicher Gewalt. Es ist in Wien nicht besser geworden. Wir haben 2008 um die Weihnachtszeit 458 Fälle von extremer Gewalt verzeichnet. 2010 waren es 702 Fälle, die Tendenz ist also steigend. Langsam bekomme ich den Eindruck, dass Sie gerne und leidenschaftlich in Dinge investieren, die den Anstrich nach außen wahren, damit der Heilige Mercer glänzen kann; aber alles, was man nicht auf den ersten Blick sieht, was hinter der Fassade ist, scheint Sie in Wahrheit nicht zu kümmern. Das erinnert mich an den Osten früher, an die Sowjetunion. Da waren früher die Straßen, auf denen Besucher gefahren sind, angemalt, und dahinter hat sich das Grauen abgespielt.

 

Immer wieder müssen Frauen und Kinder in Not abgewiesen werden, das versuchen Sie unter den Teppich zu kehren. Wir werden allen Akten zustimmen, die sich der Problematik der Gewalt annehmen. Aber wir werden nicht zustimmen: Akten von Vereinen, deren Förderungszweck sich nicht erschließen lässt, die Ihnen nahestehen und, so man verantwortungsvoll handeln will, in der Krise nicht zu finanzieren sind.

 

Es gibt eine ganze Vielzahl solcher Vereine und ich möchte Ihnen jetzt, das dauert nicht lange, ein Einsparungspotenzial von 1 076 000 EUR vorrechnen. Wir haben einmal die 320 000 EUR von den besagten und in meinen Augen vollkommen sinnlosen Feminismus-Vereinen. Weiter, nehmen wir nur einmal das Amerlinghaus. Da gibt es die Vereine „Linkswende“, „Libertine – Sadomasochismusinitiative Wien“; „Frauen in Schwarz – Wien“, „www.fraueninschwarz.at“ – Mahnwachen gegen die Besatzung Palästinas, mit einem vernichtenden Kontrollamtsbericht.

 

Das sind 260 000 EUR. Sagen Sie nicht, na geh! Die hätten Sie wunderbar einsparen können. Dann müssten Sie jetzt nicht sagen, dass Sie nicht wissen, wo Sie das Geld hernehmen sollen, dann müssten Sie auch nicht die Wirtschaft und die Menschen mit Ihren Gebührenerhöhungen belasten. Also: weitere 260 000 EUR. Wir haben das „Wiener Filmarchiv der Arbeiterbewegung“: 90 000 EUR, ein rotes Filmarchiv, das eigentlich ins Stadtarchiv eingegliedert werden sollte. Dann haben wir „1. Mai“, Präsident ist Dr Michael Häupl: 35 000 EUR. Dann haben wir den Verein Sammlung Rotes Wien, Vorstand: Dr Sepp Rieder, 65 000 EUR. Wir haben also gleich drei Vereine, die sich nur mit der Dokumentation und Aufarbeitung, der Geschichte der Sozialdemokratie beschäftigen. Da frage ich Sie: Ganz im Ernst, ist es jetzt wirklich notwendig, dass diese Vereine derartige Subventionen bekommen? (Beifall bei der ÖVP und von GRin Mag Dr Barbara Kappel.)

 

Wir haben dann noch – das ist auch wunderbar – den Verein Domus, Hirschal hat sich 96 000 EUR ausbezahlen lassen, damit er ein bis zwei Monate im Jahr offen hat. Oder: Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Projekt „KulturlotsInnen als Brücke zwischen ArbeitnehmerInnen und Wiener Kunst-/Kulturinstitutionen“: 90 000 EUR.

 

All die, die ich jetzt genannt habe, kassieren insgesamt 636 000 EUR. Wenn wir die Subventionen für die 2 Frauenvereine, über die wir heute abstimmen, dazuaddieren, macht das 956 000 EUR; plus Van der Bellen, macht 1 Milliarde und 176 000 EUR. (Rufe bei den GRÜNEN: 1 Million oder 1 Milliarde?) Dabei habe ich die 5 Millionen EUR noch gar nicht dazugerechnet, nämlich die 5 Millionen EUR an Förderungen, Standardförderungen, Jahressubventionen und Projektzuschüssen von den verschiedenen Theatervereinen, wobei nicht ganz klar ist, wie da die Subventionen laufen beziehungsweise wie verteilt oder gefördert wird.

 

Da muss ich sagen: Ich kann diese Listen weiter durchgehen, jede einzelne Subvention, auch im Integrationsbereich. Ich verstehe nicht, warum nicht einfach umgeschichtet wird. In Zeiten einer Krise, in einer Situation, wo wir wirtschaftliche Schwierigkeiten haben, kann es doch nicht sein, dass nur Gebühren erhöht werden, die Wirtschaft und die Bevölkerung belastet wird, und gleichzeitig an Vereine in endloser Anzahl, seitenlang Subventionen erteilt werden!

 

Sie wollen alles Schöne erhalten, die Qualität nicht sinken lassen, wie der Herr GR Strobl gesagt hat. Das will man nicht. Man möchte in der Stadt schön und qualitätsvoll sein und in der Mercer-Studie den 1. Platz belegen. Dabei mutet man den Menschen und der Wirtschaft extreme Einschnitte zu. Ich nenne das Fremdglänzen. Sie wollen fremdglänzen (Beifall bei der ÖVP.) und ich kann mich dafür nur fremdschämen.

 

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