Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 103 von 145
Beruhigen Sie sich, Frau Kollegin! – Diese Sätze waren wirklich äußerst schlimm, ich habe das hier, schauen Sie sich das eventuell an! Das sind die Argumente, die Sie und Ihre Leute zum Teil verwenden! (GRin Birgit Hebein: Nein!) Etwa mir vor die Haustüre schmieren, wie Sie es getan haben: „FPÖ, wir kriegen euch!“ Oder Hakenkreuze hinmalen. Es ist ja noch ein Glück, dass ich nicht beschuldigt worden bin, das womöglich selbst hingemalt zu haben!
Auf diesen Bildern haben wir Ihre Leute! Sie kennen sich! Diese haben sich bei den verbotenen Demonstrationen damals auf ihr Recht als Abgeordnete berufen, damit sie von den Polizisten nicht angegriffen werden können. So schaut es bei Ihnen aus, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Ich lese Ihnen vor, was Herr Muzicant gesagt hat, hören Sie zu! – Er sagt: „Symbole und Gedenktage sind ein wesentlicher Teil der Antisemiten und Rechtsextremen. Die Szene weiß ganz genau, dass der 27. Jänner nicht irgendein Tag ist.“ – Er weiß genau, warum zufällig an diesem Tag, der Ball hat schon mehrfach am 27. Jänner stattgefunden, und es hat sich keiner von Ihnen aufgeregt! Das ist die Situation! „Den WKR-Ball, also die Zusammenkunft einer ganzen Schar von Holocaust-Leugnern, von Rechtsextremen, von Nazis, von Neonazis, an diesen Tag zu setzen, ist eine Verhöhnung der Opfer der Schoah“, meinte Muzicant. „Feiern die sozusagen die zwei Millionen Toten von Auschwitz, oder was? Tanzen sie sozusagen auf sechs Millionen toten Juden, oder was denken sich die dabei?“
Meine Damen und Herren! Ich bin dann heimgekommen und habe zufällig als Erstes in der Post die Zeitung „David“ vorgefunden. Diese schickt mir jemand zu, mit dem ich sehr gut bekannt und befreundet bin, er hat auch einige Zeit für mich gearbeitet, nämlich Ilan Beresin. – Aber ich bin ja so ein schrecklicher Antisemit, dass ich mit denen nicht rede! So schaut die Realität aus!
Aber ich sage Ihnen: Ich bin empört, und ich finde das ungeheuerlich von Herrn Muzicant! Das ist nicht nur ein verbaler Ausrutscher oder eine Überreaktion. Das ist eine gezielte, bewusste und – wie ich jetzt sage – niederträchtige Unterstellung, die wir aufs Entschiedenste zurückweisen! (Beifall und Bravo-Rufe bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist immer relativ schwierig, nach Kollegen Jung zu reden und eine sachliche, vernünftige und rationale Rede zu halten. Aber trotzdem werden wir uns nie auf Ihr Niveau begeben, Herr Kollege Jung! Das werden wir sicherlich nie tun, sondern wir werden immer sachliche, vernünftige Debatten führen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Wir werden Ihre Unterstellungen widerlegen, aber niemals auch nur in die Nähe Ihres äußerst tiefen Niveaus kommen! (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Wenn der Stürzi es sagt, dann stimmt es auch!)
Nur ein Beispiel: Er hat dem Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend ein Zitat unterstellt. – Das stimmt aber überhaupt nicht! Wir haben uns das jetzt auf YouTube angeschaut: Da sieht man, dass der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend spricht, dass dann die Kamera irgendwohin zu einem Unbekannten schwenkt, dieser die erwähnten Worte schreit und die Kamera dann wieder zurückschwenkt. – Das heißt, die Sozialistische Jugend wird von Ihnen hier verleumdet, und wir weisen das auf das Schärfste zurück! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe bei FPÖ und SPÖ.)
Aber ich möchte jetzt trotzdem einiges zum Dokumentationsarchiv sagen. Wir beschließen heute eine, wie ich in Anbetracht der hohen Verdienste dieses Instituts meine, eher bescheidene Unterstützung. Ich habe dort selbst acht Monate als Zivildiener gearbeitet, und ich weiß, wie wissenschaftlich dort gearbeitet wird. Ich weiß, unter welch außerordentlich seriöser Aufarbeitung der Geschichte der Widerstand der Österreicherinnen und Österreicher im schlimmsten Regime aller Zeiten dokumentiert wird!
Und ich sage auch: In den ersten Jahrzehnten der Republik haben sich alle Parteien bei der Aufarbeitung der Geschichte nicht wirklich mit Ruhm bekleckert. In diesem Zusammenhang hat aber das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes unendlich wichtige Arbeit geleistet, und diese sollten wir würdigen und nicht hier auch noch von Seiten der FPÖ schlecht machen lassen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ein Wort muss ich auch zur ÖVP sagen, die sich da komplett heraushält: Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes war immer davon geprägt, dass ÖVP-Vertreter genauso und gleichmäßig in den Spitzengremien vertreten sind. Es hat dort einen Vizekanzler Bock gegeben. Erhard Busek hat dort die Festvorträge bei der Jahresversammlung gehalten. Es war Minister Neisser dort vertreten. Es sind dort auch immer unzählige ÖVPler in Funktion gewesen und aufgetreten, weil natürlich der christliche Widerstand gegen den Nationalsozialismus auch eine wichtige Rolle gespielt hat. Dass Sie sich daher hier jetzt so heraushalten, ist eigentlich – das muss ich leider sagen – auch kein Ruhmesblatt, denn Sie leugnen damit einen der besten Stränge Ihrer Geschichte. Das muss auch einmal gesagt werden! (Beifall bei der SPÖ.)
Es gibt im Dokumentationsarchiv auch eine wunderbare Ausstellung, die für Touristen irrsinnig wichtig ist, damit sie auch diese Realität Österreichs kennen lernen. (GR Johann Herzog: Das ist eine Verfälschung!) Es ist aber auch für tausende und abertausende SchülerInnen wichtig, die nach Wien kommen, dass sie hier nicht nur in den Prater und nach Schönbrunn gehen, sondern dass sie auch diese Realität kennen lernen. Ich meine, dass diese Institution Dokumentationsarchiv unendlich wichtige Arbeit geleistet hat und weiter leistet. (GR Johann Herzog: Für die SPÖ!) Wir können wirklich stolz darauf sein, dass es dieses Institut gibt und dass wir dieses unterstützen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Zu den Ausführungen des Präsidenten zu dem Urteil.
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