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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 105 von 145

 

offensichtlich einen rechten Terror in Europa (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Skinheads sind Linke!), wir haben ganz offensichtlich Rechtsextreme in Österreich. Sie stellen sich da her und sagen, der Terror kommt von links. Bitte, wo sehen Sie das? Wo leben Sie? (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Widerspruch bei der FPÖ.)

 

Herr Herzog! Ich bin Gott sei Dank in zwei Ländern aufgewachsen. Sie erinnern mich sehr an den – wo ist denn der Herr Jung?, der Herr Jung kennt ihn gut –, Sie erinnern mich sehr an den türkischen Ministerpräsidenten Süleyman Demirel. (Heiterkeit bei GRÜNEN und FPÖ.) Wissen Sie, was er gesagt hat? Süleyman Demirel hat immer gesagt, niemand kann mich in der Türkei dazu zwingen zu sagen, die Rechten begehen einen Terror, Terror kommt immer von links. – Ähnliche, selbe Einstellung, weil nationalistisch, weil rechts. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – GR Johann Herzog: Demirel ist schon lange tot!)

 

Ihr Kollege Jung hat in Diskussionen ein paar Mal Zitate von ihm angeführt. Ich denke, das ist dieses Interkulturelle, Transnationale, das die Diskussion beleben kann, aber ich appelliere an Ihre Verantwortung: Versetzen Sie sich doch einmal in meine Lage (GR Johann Herzog: Hört mit Gewalt auf! Zügelt eure Jugend!), in die Lage eines Menschen, der tagtäglich mit Übergriffen konfrontiert ist, die von rechts kommen. Ich habe bis jetzt in Österreich keinen Übergriff von links erlebt. Seit 32 Jahren erlebe ich Übergriffe von rechts, und noch dazu in einem Tonfall und mit Formulierungen von der FPÖ, die diese Stimmung anheizt. Anders Breivik hat sich nicht umsonst auf Österreich berufen. Österreich hat da eine große Verantwortung. Bei uns haben sich einmal 27 Prozent der Leute für ausländerfeindlich erklärt. (GR Mag Wolfgang Jung: Geh bitte!) – Na forschen Sie nach! Diese Dinge müssen Ihnen zu denken geben. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Also ich würde sagen: Überdenken Sie Ihre rechte Ideologie! (GR Johann Herzog: Keine Ideologie, eine Tatsachenfeststellung!) Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes leistet sehr gute Arbeit. Ich habe die Möglichkeit, aus deren Quellen zu lernen und bin froh, diese Quellen weitergeben zu können. – Schönen Abend noch! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie tun mir echt leid!)

 

Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Schuster. Ich erteile es ihm.

 

20.09.31

GR Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich war für eine Wortmeldung nicht vorgesehen (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, allerdings!), aber ich melde mich jetzt trotzdem, und zwar aus zwei Gründen. Wenn man so sitzt und zuhört, was hier diskutiert wird, kommen enorm viele Erinnerungen in den Vordergrund. Ich kann Ihnen sagen, als ich Jugendfunktionär in der SPÖ war, hatte ich das große Glück, bei den Versammlungen von Freiheitskämpfern in Wien anwesend sein zu dürfen.

 

Einmal im Monat trafen sich diese Menschen; und mir hat damals enorm gefallen, wie diese Menschen, die aus den KZs gekommen sind, ob das Hindels, Jochmann oder andere waren, dort in einer sorgfältigen Sprache über die Zeit, die sie erlebt haben, berichtet und aktuelle politische Themen analysiert haben. Ich würde mir wünschen, dass manche dieser Menschen hier wären und Beispiel sein könnten für manche dieser Redner, denen ich heute zuhören wollte und musste.

 

Ich sage es deshalb, weil damals nicht selten gesprochen wurde über das Ende des Zweiten Weltkriegs, über die Befreiung aus den KZs und über die wirklich einmalige Situation damals, als sich Christlichsoziale und Sozialisten zusammengesetzt und gesagt haben: „Niemals vergessen!“ Die Christlichsozialen genauso wie die Sozialisten beziehungsweise Sozialdemokraten haben damals gesagt, machen wir nie mehr diesen politischen Fehler, den wir in den 1920er Jahren begangen haben, als wir nicht bemerkt haben, was hier gesellschaftspolitisch passiert, machen wir diesen Fehler nicht! Und es ist nicht mehr passiert, sie haben gemeinsam die Republik aufgebaut.

 

Deswegen habe ich innerlich ein wirklich total schlechtes Gefühl, wenn man hier zuhört und die Worte hört, die hier gewechselt werden. Es ist politisch nicht korrekt, wie wir hier miteinander umgehen. Glaubt es mir: Es ist unangenehm, dies so zu hören. (GR Mag Dietbert Kowarik: Was glauben Sie, was das für uns ist, wenn man sagt, wir sind Nazis?!) Ich würde da wirklich appellieren: Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes erfüllt eine Arbeit, die wissenschaftlich ist, es versucht, aufzuarbeiten, was in der Zeit war und was in der Gegenwart passiert, und zwar nicht aus Jux und Tollerei, nicht um die gesamte FPÖ mieszumachen. (Widerspruch bei der FPÖ.)

 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Das DÖW versucht, die Geschichte so darzustellen, wie sie wissenschaftlich darstellbar ist (Zwischenrufe bei der FPÖ. – GR Mag Wolfgang Jung: Privatdetektive!); denn wer aus der Geschichte nicht lernt, wer die Vergangenheit ignoriert, kann in der Zukunft keine ordentlichen Schlüsse ziehen. Das ist der Grund, warum ich sage: Es ist wichtig, dass es so eine Einrichtung gibt, ich würde wirklich darum bitten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Kollege Herzog hat zu Recht gesagt: Manches, was hier diskutiert wird, interessiert die Öffentlichkeit nicht. Und ich sage Ihnen: Manches, was hier diskutiert wird, schadet der Demokratie (GR Mag Dietbert Kowarik: Ihr Verhalten! – GR Johann Herzog: Intoleranz!); weil Sie Brücken, die Menschen wie ich aus tiefster Überzeugung bauen wollen, zerstören und die Arbeit hier schwieriger machen. Es ist manches Mal eine Schande, wenn man das hört.

 

Ich habe mich aus zwei Gründen zu Wort gemeldet. Kollege Jung hat angeführt, ich hätte etwas beschwichtigen wollen. Ich habe mit dem Kollegen Jung heute Früh gesprochen, weil er mich am Ende der Sitzung des letzten Gemeinderates gefragt hat, haben Sie gehört, was Kollege Reindl gesagt hat? Ich habe gesagt, ich habe nichts gehört. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, ich weiß, er hört nie wen! Ich habe Ihnen einen Zeugen gebracht!) – Nein, ich habe in der Tat nichts gehört! (GR Mag Wolfgang Jung: Richtig, deswegen bin ich zu Ihnen gekom

 

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