Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 110 von 145
weiß, ob ich dann zurückgekommen wäre. Die dritten haben gesagt, na ja, mir hätten sie sonst das Grundstück weggenommen, wir hätten alle miteinander nicht überlebt.
Besonders interessant war aber, dass den Leuten, die NSDAP-Mitglieder waren, eigentlich gar nichts passiert ist. Und wenn man sich jetzt anschaut, was in dieser Zeit war, und zwar in den letzten Kriegsmonaten: Damals sind die sogenannten ungarischen Juden ins Burgenland getrieben worden, sie mussten den Ostwall errichten; und alle Bewachungsmannschaften, die da waren, das war der „Volkssturm“, die jungen Bauernbuam, 15, 16, 17 Jahre alt, oder die Kriegsversehrten. Das waren Leute wie Sie da oben vielleicht. Die mussten, hatten den Auftrag, alle Leute, die nicht weiterkonnten, auf der Stelle zu erschießen. Das muss man sich einmal vorstellen: 15-, 16-Jährige wurden von dem damaligen Ödenburg an der B16, das ist die Bundesstraße, die nach Wien führt, hinaufgetrieben, mussten zu Fuß nach Mauthausen gehen. Hunderte Tote haben diesen Marsch gesäumt. Und was ist passiert mit diesen Menschen, mit den Leuten, die da die Wachmannschaften gestellt haben? Es ist gar nichts passiert! Es ist gar nichts passiert mit den Bauern, die profitiert haben, niemand hat dafür jemals eine Strafe bekommen!
Unser Nachbar hat sich in der Nazi-Zeit ein Grundstück erschlichen, und zwar von zwei Damen, die nach Hartheim ins Gas geschickt wurden. Die Angehörigen wurden mit der Nachricht „beglückt“, sie seien an Lungenentzündung gestorben. Da ist niemandem irgendetwas passiert in dieser Zeit! Genau deswegen brauchen wir das Dokumentationsarchiv! – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Nevrivy gemeldet.
GR Ernst Nevrivy (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Ich möchte mich korrigieren. Natürlich war Kollege John Gudenus rechtskräftig verurteilt wegen Widerbetätigung, nicht der Herr Johann Gudenus. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Als Nächster ist Herr GR Neuhuber zu Wort gemeldet. – Ich erteile es ihm.
GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Nachdem so eine große Sehnsucht hier im Saale herrscht, dass sich auch die ÖVP zu Wort meldet, tue ich das natürlich gerne. Ich glaube, unsere Haltung zu diesem Akt demonstriert sich am allerbesten in unserer Zustimmung. Mir hat zum Teil sehr gut gefallen, was der Herr Kollege Schuster gesagt hat: Es haben genauso Sozialdemokraten wie Christlichsoziale unermesslich unter der Herrschaft des Nationalsozialismus gelitten, das ist überhaupt keine Frage. Ich meine, wir brauchen uns gegenseitig nichts mehr darüber zu erzählen. Ich glaube, das ist eine historische Tatsache, und das wissen wir. Wir haben uns dazu jetzt absichtlich nicht zu Wort gemeldet, weil ich es eben nicht für sinnvoll halte, wenn man noch weiter Öl ins Feuer gießt, meine Damen und Herren.
Das, was wir heute leider hier erlebt haben – und da sage ich wirklich, leider –, ist zum Teil eine fast ausgemachte, gezielte Provokation; so wie Fußballmannschaften zu einem Match zusammenkommen, von vornherein wissen, dass es einen ordentlichen Wickel geben wird und sich schon darauf freuen. So ungefähr kommt mir diese Diskussion heute vor. Ob wir alle hier – ich sage jetzt absichtlich, wir, ich möchte jetzt niemanden speziell erwähnen – mit diesen gezielten Provokationen der Politik etwas besonders Gutes tun, das wage ich zu bezweifeln, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben schon öfter darüber gesprochen, dass wir eine Deeskalation der Worte brauchen. Ich glaube, wir haben an diesem Tagesordnungspunkt jetzt auch gesehen, wie wichtig das ist. Es sind ja im Wesentlichen immer die üblichen Verdächtigen, einige wenige, das ist heute schon gesagt worden. (GRin Birgit Hebein: Sie relativieren jetzt alles!) – Was relativiere ich? (GRin Birgit Hebein: Zeigen Sie Haltung!) – Okay, Ihnen kann man es wirklich nicht recht machen. Sie kapieren es noch immer nicht. Wollen Sie denn jedes Mal die völlige Eskalation hier herinnen? (Ruf bei der FPÖ: Sie provozieren!) Glauben Sie, das ist ein Schauspiel, das den Menschen, den jungen Leuten auf der Galerie, gefällt, nämlich jedes Mal diese Eskalation? Das bringt doch nichts, meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie freuen sich schon richtig darauf, dass Sie sich dann wechselseitig mit der FPÖ hier ordentlich eine aufs Haupt geben können. (GRin Mag Barbara Feldmann: Na sicher!)
Meine Damen und Herren, wir müssen hier eindeutig deeskalieren! Das war der Grund. Wir wollten nicht Öl ins Feuer gießen, deshalb haben wir uns nicht gemeldet. Aber nicht, weil wir keine Meinung dazu hätten. Ich glaube, die steht fest und ist demonstriert, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Kowarik. Ich erteile es ihm.
GR Mag Dietbert Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Danke dem Kollegen Neuhuber für diese Worte! Es ist mir trotzdem ein Anliegen, zu diesem Tagesordnungspunkt etwas zu sagen. Eines vorweg: Jede Hochachtung vor den Männern und Frauen des Widerstandes! Meine Damen und Herren, das ist kein Lippenbekenntnis, sondern eine selbstverständliche Meinung von unserer Fraktion! Meine größte Hochachtung vor den Männern des 20. Juli! Diese Männer waren tapfer und haben einiges auf sich genommen, viele den Tod. Das kann man gar nicht oft genug sagen. Jede seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema ist zu begrüßen und unterstützenswert im Sinne unserer gemeinsamen Geschichte.
Eines erlauben Sie mir aber auch anzumerken, gerade bei den Männern des 20.Juli, meine Damen und Herren: Die Gesinnung dieser Herren, die innere Haltung würde heute in diesem Haus genauso als rechtsextrem, als rassistisch, als neonazistisch bezeichnet werden.
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