Gemeinderat, 17. Sitzung vom 16.12.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 116 von 145
und das ist ja nicht ohne Zufall verfassungsrechtlich verankert –, in Anspruch nehmen darf und wer nicht.
Und wenn es schon ausreicht, Gegendemonstrationen zu organisieren, damit die, die irgendwo etwas feiern, das dann nicht mehr feiern dürfen, dann ist das ja auch absurd. Da kann ich ja beim Donauinselfest – ich bin ein Fan davon und gehe dort immer hin, und ich würde nie etwas dagegen sagen – auch sagen, die dürfen dort nicht mehr feiern, weil wir eine Gegendemo organisieren. Das ist unglaublich, meine Damen und Herren! Das ist nicht Demokratie, das ist Demokratur. Eine Minderheit bestimmt, was die Mehrheit zu dürfen hat. (Beifall bei der FPÖ sowie von GRin Ing Isabella Leeb und GR Dr Wolfgang Ulm.)
Und die Grundrechte stehen hier auch nicht zur politischen Disposition, die haben einzig und allein verfassungsrechtliche Schranken. Und da haben wir eine funktionierende Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts. Denn überlegen Sie doch einmal ernsthaft: Sie hetzen alle paar Tage jemanden auf die Ringstraße. Da demonstrieren 15 Leute. Machen wir doch dort einmal eine Umfrage – wenn wir das so weiterspielen, was Sie da vorschlagen –, ob dann die Mehrheit der Autofahrer, die sich von den Demonstranten gestört fühlt, entscheiden darf, ob das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit hier ausgeübt werden darf oder nicht.
Also das ist doch ein Grundrechtsverständnis, das mit einer Demokratie nichts zu tun hat. Das ist links-linke Meinungsdiktatur. (Beifall bei der FPÖ.)
Da sollte sich auch die Sozialdemokratie, die hier eine ganz wichtige Rolle spielt in dieser Stadt – demokratisch legitimiert, das kann man ja überhaupt nicht abstreiten –, überlegen, ob sie bei diesem Koalitionspartner gut aufgehoben ist. Also bevor sie versuchen, die ÖVP da hinüberzubringen, sollten sich die Sozialdemokraten überlegen, ob das wirklich ein tragfähiger demokratischer Koalitionspartner sein soll.
Das ist nicht Demokratie, das ist linke Meinungsdiktatur. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Schicker. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Rudi Schicker (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin!
Ich darf Ihnen, Herr Aigner, als unabhängigem Mandatar in diesem Haus nur sagen, Sie haben am Beginn gemeint, man soll nicht aufrechnen, und Sie taten es dann doch. Das war das Einzige, was mir an Ihrer Rede nicht wirklich gefallen hat.
Wenn Sie dann die Diktion von links-links und ähnlichen Wörtern und Attributen, die Sie Parteien geben, hereinholen, das ist wieder Ihr Bier. Darüber will ich nicht richten. Nur wenn man hergeht und nicht aufrechnen möchte, und es dann doch tut, dann ist es eine Einschränkung der eigenen Argumentation.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um den Akt des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes. Dieses wurde gegründet – darauf hat Harald Troch schon hingewiesen – von den Österreich gründenden Parteien, von der ÖVP über die SPÖ bis zur KPÖ. Dieses Dokumentationsarchiv hat das getan – darauf hat Kollege Maresch hingewiesen –, was in dieser Republik, ganz zum Unterschied von anderen Staaten, wo autoritäre Regime am Werk waren, zum Beispiel von Südafrika mit der Wahrheitskommission, nach dem Krieg in sehr unzulänglichem Maße in Österreich stattgefunden hat, und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ist in der Lage, über die Aufarbeitung von Dokumenten genau das zu leisten.
Das ist auch der Grund, warum dieses Dokumentationsarchiv so wichtig ist. Das ist auch der Grund, warum ich Sie, Herr Kowarik, bitte, zu unterscheiden zwischen dem, was die Aufgabe, die Zielsetzung einer Einrichtung ist, und dem, was dort unter Umständen in buchhalterischen Fragen, die das Kontrollamt aufzeigt, vielleicht nicht zusammengeht. Das ist aber keine Begründung, dass man eine Unterstützung, eine Subvention an eine Einrichtung, deren Zielsetzungen man teilt, nicht durchführt.
Also geht es hier darum, dass Sie die Zielsetzungen dieser Einrichtung nicht teilen. Und das glaube ich sehr wohl. Dazu gibt es genügend Beweise, dass Ihnen dieses Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes massiv zuwider ist, weil es doch in der Lage ist, den Konnex herzustellen zwischen dem, was nationalsozialistisches Gedankengut ist, und dem, was manche Ihrer Wähler und manche Ihrer Freunde auf den – wie heißt das? – Gesichtsbuchseiten – damit ich es auf Deutsch sage, da verstehen Sie es besser – dann posten. Da gibt es eine ganze Menge von Dingen, und ich hätte genügend Material, nur will ich niemanden mehr strapazieren damit. Es macht wohl wenig Sinn, wenn wir jetzt noch einmal alle Details aufrollen, es sind schon sehr viele genannt worden.
Sie sollten sich aber schon überlegen, welches Bild einer Partei das abgibt in einer Republik, die eine antifaschistische Verfassung hat. Denn das ist auch Bestandteil der österreichischen Verfassung, Herr Kowarik. Wenn Sie sich darauf berufen, dann berufen Sie sich nicht auf das Freiheitsrecht der Meinungsäußerung allein, sondern die österreichische Verfassung ist ein Gesamtkonstrukt, und in diesem Gesamtkonstrukt ist sehr wohl auch der antifaschistische Teil enthalten, immerhin Gründungsbestandteil dieser Zweiten Republik. Wenn Sie das im Gesamtkontext sehen und wenn dann, so wie das Kollege Nevrivy aufgezeigt hat, viele Ihrer Parteigänger immer wieder dort anstreifen, immer wieder dort in Konflikt kommen, wenn das sogar Mandataren von Ihnen immer wieder passiert, dann sollten Sie doch selber interessiert sein, dass man eine Organisation wie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes dazu nützt, sich auch von diesem Verdacht schön langsam zu befreien.
Immerhin ist auch Ihre Partei in die Jahre gekommen, und es würde Ihrer Partei auch ganz gut anstehen, sich hier einmal in der antifaschistischen Ecke zu beweisen. Aber auch das wollen Sie offensichtlich nicht, sondern da wird herausgezogen, da wird herausgeholt aus diversen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular