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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 83

 

rung mit Ja/Nein-Befragungen erreicht werden kann, wenn Projekte eben grätzelweise oder bezirksweise abgefragt werden.

 

Der einfache Grund dafür ist: Wir alle wollen, wenn wir zum Beispiel gerade ein Auto selbst lenken, schnelle Straßen, durch die wir durchfahren können. Wenn es hingegen darum geht, ob diese schnellen Straßen direkt an unserer Haustür vorbeiführen sollen, dann wollen wir das nicht. Und wenn wir gerade im Verkehrsbereich mit Ja/Nein-Befragungen vorab zu arbeiten beginnen, dann wird es einmal eine Verkehrsberuhigungsmaßnahme betreffen, also etwa eine Fußgängerzone, das nächste Mal wird es wiederum eine geplante, notwendige, für die Stadt größere Straße betreffen. Ich nenne Ihnen dafür als Beispiel die Stadtstraße, die jetzt im 22. Bezirk ansteht. Und das nächste Mal wird es eine verkehrsberuhigte Zone vor einer Schule, um Ihnen ein drittes Beispiel zu geben, und vieles Weitere mehr betreffen.

 

Ich bin daher davon überzeugt, dass es gerade bei verkehrspolitischen Maßnahmen, die natürlich Auswirkungen auf die tägliche Lebensqualität vieler Menschen und vor allem der Anrainerinnen und Anrainer vor Ort haben, der weitaus klügere und bessere Weg ist, eher mit inhaltlichen Befragungen zu arbeiten. Das heißt, man sollte die Bürgerinnen und Bürger zunächst dazu zu Wort kommen lassen, was sie wünschen, was sie nicht wünschen, was sie befürchten, was ihnen insgesamt ein Anliegen ist, und dann das Konzept auch so gestalten, dass es möglichst viel davon aufgreift und löst. Auf diese Weise kann man bei der Umsetzung eines Projektes erreichen, dass dieses von einer möglichst breiten Basis getragen werden kann, und nach einiger Zeit kann man sehr wohl unter Einbindung der gesamten Bevölkerung evaluieren, inwieweit sich das bewährt hat oder nicht.

 

Ich habe übrigens im Zusammenhang mit der Mariahilfer Straße vor, sehr wohl die neue Verkehrsorganisation nach einer bestimmten Zeit zu bewerten, und zwar gemeinsam mit der gesamten Bevölkerung des 6. und 7. Bezirks, noch bevor bauliche Maßnahmen umgesetzt werden, um sicherzugehen, dass nicht bauliche Veränderungen – im Übrigen für sehr viel Steuergeld – vorgenommen werden, wenn es sich um ein Projekt handelt, das sich nicht bewährt beziehungsweise ohne dass die notwendigen Nachjustierungen vorgenommen worden sind.

 

Genau dasselbe plane ich übrigens im Zusammenhang mit dem Entstehen der Stadtstraße jenseits der Donau, denn auch in diesem Fall geht es darum, dass mit sehr vielen Menschen, die entlang dieser Straße leben und die natürlich auch weitreichende Nachteile von dieser Straße, die es jetzt vor ihren Vorgärten noch nicht gibt, haben werden, gesprochen wird, dass ihre Anliegen einfließen und Maßnahmen gemeinsam gestaltet werden, was bedeutet, dass zumindest ein Teil dieser Nachteile abgemildert wird. Auf diese Weise kann auch diesfalls ein Projekt umgesetzt werden, das von einer möglichst breiten Basis getragen wird.

 

Ich will abschließend auch betonen, dass in meinen Augen das Wesen der Demokratie nicht darin liegt, ununterbrochen und betreffend alles Mögliche – auch abseits der Verkehrspolitik – gleich mit Ja/Nein-Befragungen zu arbeiten, weil ich glaube, dass Ja/Nein-Befragungen ganz einfach ununterbrochen Gewinner und Verlierer in unserer Gesellschaft produzieren. Ich meine, das Wesen der Demokratie liegt im Dialog und im Ausgleich. Es liegt im Versuch, Kompromisse zu erarbeiten, die auch bedeuten, dass – wie gesagt – eine möglichst breite Basis erzeugt wird, die bestimmte Maßnahmen trägt. Erst dann und nur dann, wenn es nicht anders geht, sollte man meiner Meinung nach als Ultima Ratio versuchen, mit Ja/Nein-Befragungen zu arbeiten.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr GR Dkfm Dr Aichinger. – Bitte schön.

 

10.05.28

GR Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Vizebürgermeister!

 

Ich weiß nicht, ob ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dass Sie auch gemeint haben, dass die Befragung betreffend die zwei Straßenquerungen auf der Mariahilfer Straße, also in Neubau und in Mariahilf, derzeit nicht notwendig gewesen wäre.

 

Lassen Sie mich aber ganz kurz auch etwas anderes sagen: Ich glaube, Verkehrspolitik kann man eben nicht sozusagen mit dem Kirchturm machen, indem man den einen Kirchturm fragt und den anderen nicht. So ist mir das jetzt bei Ihnen vorgekommen! Und das noch dazu in Anbetracht eines neuen Verkehrskonzepts für eine Straße, die eindeutig eine der bedeutendsten von Wien ist, eine Geschäftsstraße mit überregionaler Bedeutung und Wichtigkeit für die Stadt.

 

Ich frage mich daher, warum eine Stadträtin, die auch für Bürgerbeteiligung zuständig ist, nicht den Weg geht, mit den Bürgern eine wirklich ordentliche Diskussion zu führen, ordentliche Konzepte auf den Tisch zu legen, um dann beide Bezirke, wenn nicht sogar darüber hinaus, zu fragen, was mit dieser Straße geschehen soll.

 

Diese beiden Bezirke haben über 60 000 Einwohner, es geht um 15 000 Mitarbeiter, und wenn man noch die in den angrenzenden Bezirken Beschäftigten dazurechnet, dann geht es um 100 000 Menschen. Die beiden Bezirksvorsteher haben jetzt 5 000 Menschen befragt und haben 2 000 Antworten bekommen. Das kann doch nicht die Lösung für eine solche Straße sein!

 

Ich frage Sie daher nochmals: Wird es ein Konzept für die Straße geben und wird vorher in einem großen Rahmen abgestimmt, ob die Bevölkerung will, dass diese Verkehrsorganisation geändert wird.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.

 

VBgmin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!

 

Ich glaube, Sie haben mich etwas falsch interpretiert. Ich wiederhole einmal mehr: Die Entscheidung, eine Befragung in diesem Fall für die betroffenen Straßenzüge abzuhalten, ist eine Entscheidung der zwei betroffenen und auch zuständigen Bezirksvorsteher. Ich habe hiebei nichts mitzureden, weder im Zusammenhang mit dem Kreis der Personen, die befragt werden, noch im Zusammenhang mit den Inhalten dieser Befragung.

 

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