Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 108
Stadtrechnungshof hat ja darauf hingewiesen, daraus wirklich kein gutes Geschäft für die Wien Holding geworden, und die Frage wird noch sein, wie man das alles in der Zukunft finanzieren wird.
Der dritte Bereich waren die hochriskanten Derivatgeschäfte der Wiener Stadthalle, 8,3 Millionen EUR. Also wir haben gerade vorher gehört, dass die rot-grüne Stadtregierung eine Absage an jegliche Spekulationsgeschäfte erteilt, weil alle neoliberal sind. Na bitte, dann schauen Sie zuerst auf Ihre eigenen Betriebe. Das sind ja, Gott sei Dank, nicht Ihre eigenen Betriebe, sondern die stadteigenen Betriebe, auch wenn Sie das oft verwechseln. Aber dort wird spekuliert, und zwar in ganz hohem Ausmaß, mit Steuergeld. Wenn man sich hier in wirklich hochriskante Derivatgeschäfte auf Ratschlag eines Beraters einlässt, der hier da auch in den Berichten vorkommt, also das ist wirklich unverantwortlich. Bei all diesen Berichten frage ich mich auch, wie auch schon zuvor in der Aktuellen Stunde, wie wir das debattiert haben, was den Bundesrechnungshofbericht hier angeht: Wo ist eigentlich die politische Verantwortung? Also nimmt man das einfach immer nur achselzuckend zur Kenntnis, schwört einfach immer Besserung, Besserung, Besserung, und wartet dann, bis der nächste vernichtende Bericht kommt? Also das kann es wirklich nicht sein. Ich denke, hier gibt es eine persönliche Verantwortung, eine politische sowie auch eine rechtliche, die jedenfalls zu klären ist. Man kann auch nicht immer alles, das sage ich auch ganz deutlich, auf die Mitarbeiterebene abwälzen. (Beifall bei den NEOS.)
Damit komme ich eben auch genau zu dieser Frage, nämlich der Frage: Wie geht die Politik mit den Stadtrechnungshofberichten um? Wie geht die Politik mit Rechnungshofberichten um? Ich lese zwar, und das freut mich, dass nur 2 Prozent der Empfehlungen von den geprüften Einrichtungen nicht berücksichtigt werden. Das schreiben Sie in dem Bericht, das ist wirklich eine gute Quote. Aber was der politische Wille ist, das in Zukunft anders zu machen, das fehlt mir, weil ich glaube auch, sehr oft sind es politische Entscheidungen, das haben wir ja gerade auch gehört, die dazu führen, dass man sagt, wir machen weiter wie bisher. Wir machen weiter wie bisher und da ist dann natürlich auch die große Gefahr, dass dasselbe Muster der Steuergeldverschwendung und der Ineffizienz simpel weitergeführt wird.
Zweifelsohne war die Aufwertung des Kontrollamtes zu einem Stadtrechnungshof 2013 ein großer Beitrag für die Stärkung der Kontrolle in Wien. Dass dieser Prozess aber noch nicht abgeschlossen ist, das erkennen ja ganz offensichtlich auch die SPÖ und die GRÜNEN, wenn sie in ihrem Regierungsübereinkommen schreiben und vorsehen: „Die Stadtrechnungshof-Wien-Novelle 2013 wird mit Vorlegen des Tätigkeitsberichtes 2015 evaluiert. Das Ergebnis soll binnen eines Jahres vorliegen.“ Sie schreiben weiter: „Eine Arbeitsgruppe Kontrolle, Transparenz soll daraufhin Reformvorschläge ausarbeiten, die bis Ende 2017 umgesetzt werden sollten.“ Jetzt frage ich mich tatsächlich, es ist noch nicht Ende 2017, aber es ist weitaus mehr als innerhalb eines Jahres nach Abschluss dieses Regierungsprogrammes: Wie schaut‘s denn aus mit der Evaluierung? Wie schaut‘s denn aus mit der Arbeitsgruppe? Ist Ihr politischer Wille immer noch da, dass man hier den Stadtrechnungshof weiter stärkt? Ist Ihr Wille da, dass man zu diesen sehr wichtigen Fragen auch der Kontrolle in dieser Stadt die Opposition einbindet? Oder will man bei der Reform der Kontrollrechte eigentlich jene, die auf Grund der Stadtverfassung oder der Verfassung überhaupt des demokratischen Gefüges dazu berufen sind, auch Kontrolle auszuüben, nämlich die Opposition, da draußen halten? Ich glaube, wir könnten hier auch einiges beitragen, wie man die Kontrolle in der Stadt stärkt, wie man auch die Verantwortung der Politik in dieser Stadt stärken würde, denn alleine die Tatsache, dass wir jetzt hier, Gott sei Dank als Schwerpunktthema, das möchte ich jetzt auch nicht unter den Tisch fallen lassen, dass mir das schon auch bewusst ist und ich froh bin, dass wir das als Schwerpunktthema definiert haben, aber dass wir hier en bloc 148 Berichte diskutieren, deren Prüfzeitraum 3 oder mehr Jahre zurückliegt, zeigt ja, dass man hier in der Stadt das Thema eigentlich nicht sehr häufig behandeln möchte, sondern lieber schnell und ein Mal quasi mit viel Schmerzen abhandelt, aber das ja nicht öfters haben möchte. Das wäre unser Wunsch, unser Gedanke, dass man sagt, na ja, machen wir doch öfters Teilberichte oder jeder Bericht kommt hier in den Gemeinderat zur Debatte, sodass dieses Thema Kontrolle und auch die Rolle eines Stadtrechnungshofes viel deutlicher auch für die Öffentlichkeit zutage treten kann, denn das, was wir im Stadtrechnungshofausschuss diskutieren, ist nicht öffentlich. Also die Öffentlichkeit, die Wienerinnen und Wiener, die Bevölkerung bekommen davon nichts mit. Es sein denn, es gibt einen Zeitungsartikel über die eine oder andere Geschichte. Also ich würde mir eine viel öftere öffentliche Debatte zu den einzelnen Berichten wünschen.
Der zweite Punkt besteht oder betrifft die Bestellung des Stadtrechnungshofdirektors. Aus gutem Grund, das muss ich sagen, sieht der Bundesrechnungshof und manch anderer Landesrechnungshof eine Bestellung auf einen längeren Zeitraum vor, dort allerdings ohne Wiederwahl. Was wir uns auch vorstellen können oder was ein Vorschlag wäre, ist, dass man ein Hearing des Stadtrechnungshofdirektors, genauso wie wir uns das bei der Patientenanwaltschaft, Patientenanwältin oder beim neuen Bildungsdirektor wünschen würden, in der Öffentlichkeit macht. Das ist eine wichtige Funktion (Beifall bei den NEOS.) auch für die Wiener Bevölkerung. Ein solches Hearing sollte nicht in einem nicht öffentlichen Ausschuss stattfinden.
Und last but not least ist mir schon auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Stellung des Stadtrechnungshofes in Wien im politischen Gefüge eine eigene ist. Er ist zwar ein weisungsfreies, aber Organ der Regierung, und das gibt es in keinem anderen Bundesland. Überall sonst ist der Landesrechnungshof klar ein Organ des Landtags und damit auch nur diesem verpflichtet. Ich halte im Sinne einer wirklichen Trennung von Regierungstätigkeit, Kontrolle und Kontrollaufgaben auch eines politisch gewählten Gremiums, einer Landtags-, Gemeinderatsvolksvertretung diese Trennung für wichtig,
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