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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 108

 

Das Zweite ist: Selbstverständlich brauchen wir eine Qualitätsoffensive in den Kindergärten. Ich höre die Botschaft, ich bin gespannt, was kommt. Ich bin ein bisschen verwirrt, das sage ich auch gleich, was die Betonung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angeht. Wenn das nämlich heißt, und das werden wir genau beobachten, dass eigentlich nur große Träger - wir wissen, wer die sind - zum Zug kommen und quasi ein privater Kindergartenbetreiber, der vielleicht nur einen Kindergarten - und da gibt es welche -, aber in hervorragender pädagogischer Qualität betreibt, keine Chance mehr hat, einen Kindergarten zu eröffnen, weil Sie sagen, da sind wir nicht so sicher, was die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angeht, dann ist das nämlich genau das, was ich nicht will, nämlich letztlich eine Verstaatlichung oder Einflussnahme durch die Hintertür. Das werden wir definitiv ablehnen.

 

Aber eine Qualitätsoffensive, insbesondere eine pädagogische Qualitätsoffensive brauchen wir selbstverständlich. Strengere Auflagen, was die pädagogische Arbeit betrifft, strengere Auflagen, was die Deutschkenntnisse der Pädagoginnen und Pädagogen betrifft, nämlich Niveau C1, selbstverständlich eine ausreichende Anzahl von fachlich qualifiziertem Personal und eine Sicherstellung der Qualität in der Ausbildung für Kindergruppenbetreuerinnen und -betreuer. Wir haben auch in dem Antrag ein Optimum, was den Betreuungsschlüssel angeht, nämlich wie viele Kinder auf eine Pädagogin - ich sage es jetzt einfach in der weiblichen Form, weil es in der Regel zutrifft - kommen. Da können wir wirklich viel bessere Schritte machen. Und wenn man sagt, das ist die erste Bildungseinrichtung, dann müssen wir da zumindest einen Stufenplan oder ein klares Ziel vor Augen haben. Mein nächster Antrag ist daher betreffend Qualitätsoffensive in den Wiener Kindergärten.

 

Jetzt stellt sich die Frage, wie wir überhaupt mit der ganzen Frage Islamkindergärten, Deutschpflicht umgehen. Ich halte es nicht für gut, zu sagen, in allen Wiener Kindergärten darf nur noch und ausschließlich Deutsch gesprochen werden. Ich halte es deswegen auch für so wichtig, dass wir nach Milieus unterscheiden, oder man könnte auch sagen, nach der Frage der Bedürfnisse. Es ist nicht neu, auf Ebene der Schulen diskutieren wir ja schon, dass wir eine Finanzierung entlang der Bedürfnisse, diese sogenannte indexbasierte Finanzierung, machen. Das heißt, wir schauen uns dort an, welches Kind welche Bedürfnisse hat. Das heißt, dieses Konzept der Milieus, das unterschiedliche Auswirkungen hat, haben wir ja schon in Gedanken. Das müssen wir selbstverständlich auch auf die Kinder in den Kindergärten anwenden.

 

Warum ich das sage, ist Folgendes: Ganz ehrlich, wir haben kein Integrationsproblem oder sonst irgendein Problem mit irgendwelchen Kindergärten, wo es Native Speaker in irgendeinen Bobo-Bezirk gibt, wo Englisch oder Französisch oder sonst irgendetwas gesprochen wird. Das ist einfach lächerlich! Daher sich herzustellen und zu sagen, in allen Wiener Kindergärten darf nur noch Deutsch gesprochen werden, das wäre geradezu ein Rückschritt. Aber man muss so ehrlich sein und sagen, dass wir selbstverständlich in manchen Milieus, in manchen Sprachen natürlich ein Problem haben. Wir können nicht davon ausgehen, dass eine zusätzliche Sprache eine zusätzliche Qualifikation on top zu hervorragendem Deutsch ist, sondern tatsächlich passiert dort eine Abschottung, und die Kinder lernen nicht gut genug Deutsch, bis sie in die Volksschule kommen. Und dann haben sie auch nicht die gleichen Chancen. Daher muss man unterscheiden. Mein Kollege Wiederkehr wird auch darauf eingehen, wenn er davon sprechen wird, dass es notwendig sein wird, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für die, die es brauchen, einzuführen. Es wird auch notwendig sein, zu definieren, wo dieses absolviert werden soll, nämlich in bestimmten Chancenkindergärten, die auch bestimmte höhere Kriterien erfordern.

 

Ich möchte noch auf folgende Frage zu sprechen kommen: Wie gehen wir mit dem Islam um versus den katholischen Trägern? Ich glaube auch nicht, dass man als Gesellschaft sagen kann, wir haben ein großes Problem mit diesen katholischen Kindergartenträgern, diese fördern Parallelgesellschaften und sonst irgendwas. Das ist ein Blödsinn, das glaube ich nicht. Die machen hervorragende Arbeit, so wie auch viele islamische Kindergärten oder jüdische Kindergärten wahrscheinlich hervorragende Arbeit machen. Aber, und das möchte ich schon sagen, ich halte es in einem grundsätzlich nicht ganz laizistischen, aber doch säkularen Staat schon für notwendig zu sagen: Wir wollen, wenn wir als öffentliche Hand Geld in die Hand nehmen und Bildungseinrichtungen fördern, eine gewisse religiöse und weltanschauliche Neutralität. Das heißt nicht, dass ich befürchten muss, dass unsere katholisch geprägten oder christlich geprägten Traditionen auf einmal nicht mehr Eingang finden. Das will ich ja nicht. Ich glaube, man kann den traditionellen Bereich auch durchaus von der Frage einer religiösen Indoktrination trennen, und zwar in allen Bereichen. Aber eine gewisse religiöse und weltanschauliche Neutralität erwarte ich mir sehr wohl von einem Träger, der Steuergeld bekommt und gefördert wird. Daher bringen wir da auch noch einen Antrag ein - aha, den bringe ich nicht ein, Herr Wiederkehr, den bringst du ein! Das macht nichts, den bringst du dann ein, aber dann rede ich jetzt über das zweite verpflichtende Kindergartenjahr. Die Regie hat bei uns ein bisschen versagt, die Stimme versagt auch bald. Also Kollege Wiederkehr wird diesen Antrag einbringen.

 

Ich bringe jetzt den Antrag betreffend das zweite verpflichtende Kindergartenjahr ein. Auch da gibt es seit Ewigkeiten Diskussionen, und ich bin davon überzeugt, dass wir das brauchen, und zwar nicht flächendeckend für alle. Außerdem ist es richtig, dass auch ganz viele Kinder in dieser Altersgruppe schon in Betreuung sind. Die Frage ist immer: Erwischen wir alle, die es wirklich brauchen, und sind diese in den richtigen Betreuungseinrichtungen? Das heißt, sind sie in denjenigen, die es wirklich ermöglichen, dass die Kinder dann alle Chancen haben und Deutsch können, bevor sie in die Volksschule kommen?

 

Wir sind dafür, dass es diese Sprachstandserhebungen gibt, und da, wo Defizite festgestellt sind, ein zweites

 

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